Es waren drei Brüder, die stießen den jüng- sten immer zurück und als sie ausgehen und in die Welt ziehen wollten, sprachen sie zu ihm: wir brauchen dich nicht, du kannst allein wan- dern." Also verließen sie ihn und er mußte allein für sich ziehen, kam auf eine große Heide und war sehr hungrig. Auf der Heide aber stand ein Ring von Bäumen, darunter setzte er sich und weinte. Auf einmal hörte er ein Brausen, und wie er aufsah, da kam der Teufel daher in einem grünen Rock und mit einem Pferdefuß und redete ihn an: "was fehlt dir, warum weinst du?" Da klagte er ihm seine Noth und sagte: "meine Brüder haben mich verstoßen." Da sprach der Teufel: "ich will dir wohl helfen, zieh' diesen grünen Rock an, der hat Taschen, die sind immer voll Geld, du magst hineingreifen, wann du willst; aber dafür verlang' ich, daß du dich in sie- ben Jahren nicht wäschest, deine Haare nicht kämmst und nicht betest. Stirbst du in diesen sieben Jahren, so bist du mein, bleibst du aber leben, so bist du frei und reich dazu auf dein Lebtag." Da trieb ihn die Noth, daß er dem Teufel zusagte und dieser zog den grünen Rock aus und er zog ihn an, und wie er seine Hand in die Tasche steckte, hatte er sie voll Geld.
G 2
15. Der Teufel Gruͤnrock.
Es waren drei Bruͤder, die ſtießen den juͤng- ſten immer zuruͤck und als ſie ausgehen und in die Welt ziehen wollten, ſprachen ſie zu ihm: wir brauchen dich nicht, du kannſt allein wan- dern.“ Alſo verließen ſie ihn und er mußte allein fuͤr ſich ziehen, kam auf eine große Heide und war ſehr hungrig. Auf der Heide aber ſtand ein Ring von Baͤumen, darunter ſetzte er ſich und weinte. Auf einmal hoͤrte er ein Brauſen, und wie er aufſah, da kam der Teufel daher in einem gruͤnen Rock und mit einem Pferdefuß und redete ihn an: „was fehlt dir, warum weinſt du?“ Da klagte er ihm ſeine Noth und ſagte: „meine Bruͤder haben mich verſtoßen.“ Da ſprach der Teufel: „ich will dir wohl helfen, zieh’ dieſen gruͤnen Rock an, der hat Taſchen, die ſind immer voll Geld, du magſt hineingreifen, wann du willſt; aber dafuͤr verlang’ ich, daß du dich in ſie- ben Jahren nicht waͤſcheſt, deine Haare nicht kaͤmmſt und nicht beteſt. Stirbſt du in dieſen ſieben Jahren, ſo biſt du mein, bleibſt du aber leben, ſo biſt du frei und reich dazu auf dein Lebtag.“ Da trieb ihn die Noth, daß er dem Teufel zuſagte und dieſer zog den gruͤnen Rock aus und er zog ihn an, und wie er ſeine Hand in die Taſche ſteckte, hatte er ſie voll Geld.
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15.
Der Teufel Gruͤnrock.
Es waren drei Bruͤder, die ſtießen den juͤng-
ſten immer zuruͤck und als ſie ausgehen und in
die Welt ziehen wollten, ſprachen ſie zu ihm:
wir brauchen dich nicht, du kannſt allein wan-
dern.“ Alſo verließen ſie ihn und er mußte allein
fuͤr ſich ziehen, kam auf eine große Heide und
war ſehr hungrig. Auf der Heide aber ſtand ein
Ring von Baͤumen, darunter ſetzte er ſich und
weinte. Auf einmal hoͤrte er ein Brauſen, und
wie er aufſah, da kam der Teufel daher in einem
gruͤnen Rock und mit einem Pferdefuß und redete
ihn an: „was fehlt dir, warum weinſt du?“
Da klagte er ihm ſeine Noth und ſagte: „meine
Bruͤder haben mich verſtoßen.“ Da ſprach der
Teufel: „ich will dir wohl helfen, zieh’ dieſen
gruͤnen Rock an, der hat Taſchen, die ſind immer
voll Geld, du magſt hineingreifen, wann du
willſt; aber dafuͤr verlang’ ich, daß du dich in ſie-
ben Jahren nicht waͤſcheſt, deine Haare nicht
kaͤmmſt und nicht beteſt. Stirbſt du in dieſen
ſieben Jahren, ſo biſt du mein, bleibſt du aber
leben, ſo biſt du frei und reich dazu auf dein
Lebtag.“ Da trieb ihn die Noth, daß er dem
Teufel zuſagte und dieſer zog den gruͤnen Rock
aus und er zog ihn an, und wie er ſeine Hand in
die Taſche ſteckte, hatte er ſie voll Geld.
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/120>, abgerufen am 18.11.2024.
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