Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

keiner mehr darin umgehen!' Da dankte ihm der Edelmann, beschenkte ihn reichlich und bat ihn in seinen Diensten zu bleiben, er wollte ihn auf sein Lebtag versorgen. 'Nein,' antwortete er, 'ich bin an das Herumwandern gewöhnt, ich will weiter ziehen.' Da gieng der Bruder Lustig fort, trat in eine Schmiede und legte den Ranzen, worin die neun Teufel waren, auf den Ambos, und bat den Schmied und seine Gesellen zuzuschlagen. Die schlugen mit ihren großen Hämmern aus allen Kräften zu, daß die Teufel ein erbärmliches Gekreisch erhoben. Wie er danach den Ranzen aufmachte, waren achte todt, einer aber, der in einer Falte gesessen hatte, war noch lebendig, schlüpfte heraus und fuhr wieder in die Hölle.

Darauf zog der Bruder Lustig noch lange in der Welt herum, und wers wüßte, könnte viel davon erzählen. Endlich aber wurde er alt, und dachte an sein Ende, da gieng er zu einem Einsiedler, der als ein frommer Mann bekannt war und sprach zu ihm 'ich bin das Wandern müde und will nun trachten in das Himmelreich zu kommen.' Der Einsiedler antwortete 'es gibt zwei Wege, der eine ist breit und angenehm, und führt zur Hölle, der andere ist eng und rauh, und führt zum Himmel.' 'Da müßt ich ein Narr sein,' dachte der Bruder Lustig, 'wenn ich den engen und rauhen Weg gehen sollte.' Machte sich auf und gieng den breiten und angenehmen Weg, und kam endlich zu einem großen schwarzen Thor, und das war das Thor der Hölle. Bruder Lustig klopfte an, und der Thorwächter guckte wer da wäre. Wie er aber den Bruder Lustig sah, erschrack er, denn er war gerade der neunte Teufel, der mit in dem Ranzen gesteckt hatte und mit einem blauen Auge davon gekommen war. Darum schob er den Riegel geschwind wieder vor, lief zum Obersten der Teufel, und sprach 'draußen ist ein Kerl mit einem Ranzen und will herein, aber laßt ihn bei Leibe nicht herein, er wünscht sonst die ganze Hölle

keiner mehr darin umgehen!’ Da dankte ihm der Edelmann, beschenkte ihn reichlich und bat ihn in seinen Diensten zu bleiben, er wollte ihn auf sein Lebtag versorgen. ‘Nein,’ antwortete er, ‘ich bin an das Herumwandern gewöhnt, ich will weiter ziehen.’ Da gieng der Bruder Lustig fort, trat in eine Schmiede und legte den Ranzen, worin die neun Teufel waren, auf den Ambos, und bat den Schmied und seine Gesellen zuzuschlagen. Die schlugen mit ihren großen Hämmern aus allen Kräften zu, daß die Teufel ein erbärmliches Gekreisch erhoben. Wie er danach den Ranzen aufmachte, waren achte todt, einer aber, der in einer Falte gesessen hatte, war noch lebendig, schlüpfte heraus und fuhr wieder in die Hölle.

Darauf zog der Bruder Lustig noch lange in der Welt herum, und wers wüßte, könnte viel davon erzählen. Endlich aber wurde er alt, und dachte an sein Ende, da gieng er zu einem Einsiedler, der als ein frommer Mann bekannt war und sprach zu ihm ‘ich bin das Wandern müde und will nun trachten in das Himmelreich zu kommen.’ Der Einsiedler antwortete ‘es gibt zwei Wege, der eine ist breit und angenehm, und führt zur Hölle, der andere ist eng und rauh, und führt zum Himmel.’ ‘Da müßt ich ein Narr sein,’ dachte der Bruder Lustig, ‘wenn ich den engen und rauhen Weg gehen sollte.’ Machte sich auf und gieng den breiten und angenehmen Weg, und kam endlich zu einem großen schwarzen Thor, und das war das Thor der Hölle. Bruder Lustig klopfte an, und der Thorwächter guckte wer da wäre. Wie er aber den Bruder Lustig sah, erschrack er, denn er war gerade der neunte Teufel, der mit in dem Ranzen gesteckt hatte und mit einem blauen Auge davon gekommen war. Darum schob er den Riegel geschwind wieder vor, lief zum Obersten der Teufel, und sprach ‘draußen ist ein Kerl mit einem Ranzen und will herein, aber laßt ihn bei Leibe nicht herein, er wünscht sonst die ganze Hölle

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0445" n="412"/>
keiner mehr darin umgehen!&#x2019; Da dankte ihm der Edelmann, beschenkte ihn reichlich und bat ihn in seinen Diensten zu bleiben, er wollte ihn auf sein Lebtag versorgen. &#x2018;Nein,&#x2019; antwortete er, &#x2018;ich bin an das Herumwandern gewöhnt, ich will weiter ziehen.&#x2019; Da gieng der Bruder Lustig fort, trat in eine Schmiede und legte den Ranzen, worin die neun Teufel waren, auf den Ambos, und bat den Schmied und seine Gesellen zuzuschlagen. Die schlugen mit ihren großen Hämmern aus allen Kräften zu, daß die Teufel ein erbärmliches Gekreisch erhoben. Wie er danach den Ranzen aufmachte, waren achte todt, einer aber, der in einer Falte gesessen hatte, war noch lebendig, schlüpfte heraus und fuhr wieder in die Hölle.</p><lb/>
        <p>Darauf zog der Bruder Lustig noch lange in der Welt herum, und wers wüßte, könnte viel davon erzählen. Endlich aber wurde er alt, und dachte an sein Ende, da gieng er zu einem Einsiedler, der als ein frommer Mann bekannt war und sprach zu ihm &#x2018;ich bin das Wandern müde und will nun trachten in das Himmelreich zu kommen.&#x2019; Der Einsiedler antwortete &#x2018;es gibt zwei Wege, der eine ist breit und angenehm, und führt zur Hölle, der andere ist eng und rauh, und führt zum Himmel.&#x2019; &#x2018;Da müßt ich ein Narr sein,&#x2019; dachte der Bruder Lustig, &#x2018;wenn ich den engen und rauhen Weg gehen sollte.&#x2019; Machte sich auf und gieng den breiten und angenehmen Weg, und kam endlich zu einem großen schwarzen Thor, und das war das Thor der Hölle. Bruder Lustig klopfte an, und der Thorwächter guckte wer da wäre. Wie er aber den Bruder Lustig sah, erschrack er, denn er war gerade der neunte Teufel, der mit in dem Ranzen gesteckt hatte und mit einem blauen Auge davon gekommen war. Darum schob er den Riegel geschwind wieder vor, lief zum Obersten der Teufel, und sprach &#x2018;draußen ist ein Kerl mit einem Ranzen und will herein, aber laßt ihn bei Leibe nicht herein, er wünscht sonst die ganze Hölle
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[412/0445] keiner mehr darin umgehen!’ Da dankte ihm der Edelmann, beschenkte ihn reichlich und bat ihn in seinen Diensten zu bleiben, er wollte ihn auf sein Lebtag versorgen. ‘Nein,’ antwortete er, ‘ich bin an das Herumwandern gewöhnt, ich will weiter ziehen.’ Da gieng der Bruder Lustig fort, trat in eine Schmiede und legte den Ranzen, worin die neun Teufel waren, auf den Ambos, und bat den Schmied und seine Gesellen zuzuschlagen. Die schlugen mit ihren großen Hämmern aus allen Kräften zu, daß die Teufel ein erbärmliches Gekreisch erhoben. Wie er danach den Ranzen aufmachte, waren achte todt, einer aber, der in einer Falte gesessen hatte, war noch lebendig, schlüpfte heraus und fuhr wieder in die Hölle. Darauf zog der Bruder Lustig noch lange in der Welt herum, und wers wüßte, könnte viel davon erzählen. Endlich aber wurde er alt, und dachte an sein Ende, da gieng er zu einem Einsiedler, der als ein frommer Mann bekannt war und sprach zu ihm ‘ich bin das Wandern müde und will nun trachten in das Himmelreich zu kommen.’ Der Einsiedler antwortete ‘es gibt zwei Wege, der eine ist breit und angenehm, und führt zur Hölle, der andere ist eng und rauh, und führt zum Himmel.’ ‘Da müßt ich ein Narr sein,’ dachte der Bruder Lustig, ‘wenn ich den engen und rauhen Weg gehen sollte.’ Machte sich auf und gieng den breiten und angenehmen Weg, und kam endlich zu einem großen schwarzen Thor, und das war das Thor der Hölle. Bruder Lustig klopfte an, und der Thorwächter guckte wer da wäre. Wie er aber den Bruder Lustig sah, erschrack er, denn er war gerade der neunte Teufel, der mit in dem Ranzen gesteckt hatte und mit einem blauen Auge davon gekommen war. Darum schob er den Riegel geschwind wieder vor, lief zum Obersten der Teufel, und sprach ‘draußen ist ein Kerl mit einem Ranzen und will herein, aber laßt ihn bei Leibe nicht herein, er wünscht sonst die ganze Hölle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google Books (University of Oxford, Taylor Institution Library): Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/445
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/445>, abgerufen am 25.11.2024.