Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

seinen Sack. 'Jch wills nicht lange besehen,' sprach er, 'und nehmen was kommt, damit der Sack nur voll wird.' Wie alles darin stack, gieng doch noch viel hinein, da sprach er 'ich will dem Ding nur ein Ende machen, man bindet wohl einmal einen Sack zu, wenn er auch noch nicht voll ist.' Dann huckte er ihn auf den Rücken und gieng mit seinen Gesellen fort.

Als der König nun sah wie der einzige Mann des ganzen Landes Reichthum forttrug, ward er zornig und ließ seine Reiterei aufsitzen, die sollten den sechsen nachjagen, und hatten Befehl dem Starken den Sack wieder abzunehmen. Zwei Regimenter holten sie bald ein, und riefen ihnen zu 'ihr seid Gefangene, legt den Sack mit dem Gold nieder, oder ihr werdet zusammengehauen.' 'Was sagt ihr?' sprach der Bläser, 'wir wären Gefangene? eher sollt ihr sämmtlich in der Luft herumtanzen,' hielt das eine Nasenloch zu und blies mit dem andern die beiden Regimenter an, da fuhren sie aus einander und in die blaue Luft über alle Berge weg, der eine hierhin, der andere dorthin. Ein Feldwebel rief um Gnade, er hätte neun Wunden und wäre ein braver Kerl, der den Schimpf nicht verdiente. Da ließ der Bläser ein wenig nach, so daß er ohne Schaden wieder herab kam, dann sprach er zu ihm 'nun geh heim zum König und sag er sollte nur noch mehr Reiterei schicken, ich wollte sie alle in die Luft blasen.' Der König, als er den Bescheid vernahm, sprach 'laßt die Kerle gehen, die haben etwas an sich.' Da brachten die sechs den Reichthum heim, theilten ihn unter sich und lebten vergnügt bis an ihr Ende.



seinen Sack. ‘Jch wills nicht lange besehen,’ sprach er, ‘und nehmen was kommt, damit der Sack nur voll wird.’ Wie alles darin stack, gieng doch noch viel hinein, da sprach er ‘ich will dem Ding nur ein Ende machen, man bindet wohl einmal einen Sack zu, wenn er auch noch nicht voll ist.’ Dann huckte er ihn auf den Rücken und gieng mit seinen Gesellen fort.

Als der König nun sah wie der einzige Mann des ganzen Landes Reichthum forttrug, ward er zornig und ließ seine Reiterei aufsitzen, die sollten den sechsen nachjagen, und hatten Befehl dem Starken den Sack wieder abzunehmen. Zwei Regimenter holten sie bald ein, und riefen ihnen zu ‘ihr seid Gefangene, legt den Sack mit dem Gold nieder, oder ihr werdet zusammengehauen.’ ‘Was sagt ihr?’ sprach der Bläser, ‘wir wären Gefangene? eher sollt ihr sämmtlich in der Luft herumtanzen,’ hielt das eine Nasenloch zu und blies mit dem andern die beiden Regimenter an, da fuhren sie aus einander und in die blaue Luft über alle Berge weg, der eine hierhin, der andere dorthin. Ein Feldwebel rief um Gnade, er hätte neun Wunden und wäre ein braver Kerl, der den Schimpf nicht verdiente. Da ließ der Bläser ein wenig nach, so daß er ohne Schaden wieder herab kam, dann sprach er zu ihm ‘nun geh heim zum König und sag er sollte nur noch mehr Reiterei schicken, ich wollte sie alle in die Luft blasen.’ Der König, als er den Bescheid vernahm, sprach ‘laßt die Kerle gehen, die haben etwas an sich.’ Da brachten die sechs den Reichthum heim, theilten ihn unter sich und lebten vergnügt bis an ihr Ende.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0413" n="380"/>
seinen Sack. &#x2018;Jch wills nicht lange besehen,&#x2019; sprach er, &#x2018;und nehmen was kommt, damit der Sack nur voll wird.&#x2019; Wie alles darin stack, gieng doch noch viel hinein, da sprach er &#x2018;ich will dem Ding nur ein Ende machen, man bindet wohl einmal einen Sack zu, wenn er auch noch nicht voll ist.&#x2019; Dann huckte er ihn auf den Rücken und gieng mit seinen Gesellen fort.</p><lb/>
        <p>Als der König nun sah wie der einzige Mann des ganzen Landes Reichthum forttrug, ward er zornig und ließ seine Reiterei aufsitzen, die sollten den sechsen nachjagen, und hatten Befehl dem Starken den Sack wieder abzunehmen. Zwei Regimenter holten sie bald ein, und riefen ihnen zu &#x2018;ihr seid Gefangene, legt den Sack mit dem Gold nieder, oder ihr werdet zusammengehauen.&#x2019; &#x2018;Was sagt ihr?&#x2019; sprach der Bläser, &#x2018;wir wären Gefangene? eher sollt ihr sämmtlich in der Luft herumtanzen,&#x2019; hielt das eine Nasenloch zu und blies mit dem andern die beiden Regimenter an, da fuhren sie aus einander und in die blaue Luft über alle Berge weg, der eine hierhin, der andere dorthin. Ein Feldwebel rief um Gnade, er hätte neun Wunden und wäre ein braver Kerl, der den Schimpf nicht verdiente. Da ließ der Bläser ein wenig nach, so daß er ohne Schaden wieder herab kam, dann sprach er zu ihm &#x2018;nun geh heim zum König und sag er sollte nur noch mehr Reiterei schicken, ich wollte sie alle in die Luft blasen.&#x2019; Der König, als er den Bescheid vernahm, sprach &#x2018;laßt die Kerle gehen, die haben etwas an sich.&#x2019; Da brachten die sechs den Reichthum heim, theilten ihn unter sich und lebten vergnügt bis an ihr Ende.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[380/0413] seinen Sack. ‘Jch wills nicht lange besehen,’ sprach er, ‘und nehmen was kommt, damit der Sack nur voll wird.’ Wie alles darin stack, gieng doch noch viel hinein, da sprach er ‘ich will dem Ding nur ein Ende machen, man bindet wohl einmal einen Sack zu, wenn er auch noch nicht voll ist.’ Dann huckte er ihn auf den Rücken und gieng mit seinen Gesellen fort. Als der König nun sah wie der einzige Mann des ganzen Landes Reichthum forttrug, ward er zornig und ließ seine Reiterei aufsitzen, die sollten den sechsen nachjagen, und hatten Befehl dem Starken den Sack wieder abzunehmen. Zwei Regimenter holten sie bald ein, und riefen ihnen zu ‘ihr seid Gefangene, legt den Sack mit dem Gold nieder, oder ihr werdet zusammengehauen.’ ‘Was sagt ihr?’ sprach der Bläser, ‘wir wären Gefangene? eher sollt ihr sämmtlich in der Luft herumtanzen,’ hielt das eine Nasenloch zu und blies mit dem andern die beiden Regimenter an, da fuhren sie aus einander und in die blaue Luft über alle Berge weg, der eine hierhin, der andere dorthin. Ein Feldwebel rief um Gnade, er hätte neun Wunden und wäre ein braver Kerl, der den Schimpf nicht verdiente. Da ließ der Bläser ein wenig nach, so daß er ohne Schaden wieder herab kam, dann sprach er zu ihm ‘nun geh heim zum König und sag er sollte nur noch mehr Reiterei schicken, ich wollte sie alle in die Luft blasen.’ Der König, als er den Bescheid vernahm, sprach ‘laßt die Kerle gehen, die haben etwas an sich.’ Da brachten die sechs den Reichthum heim, theilten ihn unter sich und lebten vergnügt bis an ihr Ende.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google Books (University of Oxford, Taylor Institution Library): Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/413
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/413>, abgerufen am 27.11.2024.