Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.Königs Marschall aber sollte stehen bleiben und aus der Ferne alles mit ansehen. Als die Königstochter oben auf den Berg kam, stand da nicht der Drache, sondern der junge Jäger, der sprach ihr Trost ein und sagte er wollte sie retten, führte sie in die Kirche und verschloß sie darin. Gar nicht lange, so kam mit großem Gebraus der siebenköpfige Drache daher gefahren. Als er den Jäger erblickte, verwunderte er sich und sprach 'was hast du hier auf dem Berge zu schaffen?' Der Jäger antwortete 'ich will mit dir kämpfen.' Sprach der Drache 'so mancher Rittersmann hat hier sein Leben gelassen, mit dir will ich auch fertig werden,' und athmete Feuer aus sieben Rachen. Das Feuer sollte das trockne Gras anzünden und der Jäger sollte in der Glut und dem Dampf ersticken, aber die Thiere kamen herbeigelaufen und traten das Feuer aus. Da fuhr der Drache gegen den Jäger, aber er schwang sein Schwert, daß es in der Luft sang, und schlug ihm drei Köpfe ab. Da ward der Drache erst recht wüthend, erhob sich in die Luft, spie die Feuerflammen über den Jäger aus und wollte sich auf ihn stürzen, aber der Jäger zückte nochmals sein Schwert und hieb ihm wieder drei Köpfe ab. Das Unthier ward matt und sank nieder, und wollte doch wieder auf den Jäger los, aber er schlug ihm mit der letzten Kraft den Schweif ab, und weil er nicht mehr kämpfen konnte, rief er seine Thiere herbei, die zerrissen es in Stücke. Als der Kampf zu Ende war, schloß der Jäger die Kirche auf, und fand die Königstochter auf der Erde liegen, weil ihr die Sinne vor Angst und Schrecken während des Streites vergangen waren. Er trug sie heraus, und als sie wieder zu sich selbst kam und die Augen aufschlug, zeigte er ihr den zerrissenen Drachen und sagte ihr daß sie nun erlöst wäre. Sie freute sich und sprach 'nun wirst du mein liebster Gemahl werden, denn mein Vater hat mich demjenigen versprochen, der den Drachen tödtet.' Darauf hieng sie ihr Halsband von Korallen Königs Marschall aber sollte stehen bleiben und aus der Ferne alles mit ansehen. Als die Königstochter oben auf den Berg kam, stand da nicht der Drache, sondern der junge Jäger, der sprach ihr Trost ein und sagte er wollte sie retten, führte sie in die Kirche und verschloß sie darin. Gar nicht lange, so kam mit großem Gebraus der siebenköpfige Drache daher gefahren. Als er den Jäger erblickte, verwunderte er sich und sprach ‘was hast du hier auf dem Berge zu schaffen?’ Der Jäger antwortete ‘ich will mit dir kämpfen.’ Sprach der Drache ‘so mancher Rittersmann hat hier sein Leben gelassen, mit dir will ich auch fertig werden,’ und athmete Feuer aus sieben Rachen. Das Feuer sollte das trockne Gras anzünden und der Jäger sollte in der Glut und dem Dampf ersticken, aber die Thiere kamen herbeigelaufen und traten das Feuer aus. Da fuhr der Drache gegen den Jäger, aber er schwang sein Schwert, daß es in der Luft sang, und schlug ihm drei Köpfe ab. Da ward der Drache erst recht wüthend, erhob sich in die Luft, spie die Feuerflammen über den Jäger aus und wollte sich auf ihn stürzen, aber der Jäger zückte nochmals sein Schwert und hieb ihm wieder drei Köpfe ab. Das Unthier ward matt und sank nieder, und wollte doch wieder auf den Jäger los, aber er schlug ihm mit der letzten Kraft den Schweif ab, und weil er nicht mehr kämpfen konnte, rief er seine Thiere herbei, die zerrissen es in Stücke. Als der Kampf zu Ende war, schloß der Jäger die Kirche auf, und fand die Königstochter auf der Erde liegen, weil ihr die Sinne vor Angst und Schrecken während des Streites vergangen waren. Er trug sie heraus, und als sie wieder zu sich selbst kam und die Augen aufschlug, zeigte er ihr den zerrissenen Drachen und sagte ihr daß sie nun erlöst wäre. Sie freute sich und sprach ‘nun wirst du mein liebster Gemahl werden, denn mein Vater hat mich demjenigen versprochen, der den Drachen tödtet.’ Darauf hieng sie ihr Halsband von Korallen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0351" n="318"/> Königs Marschall aber sollte stehen bleiben und aus der Ferne alles mit ansehen.</p><lb/> <p>Als die Königstochter oben auf den Berg kam, stand da nicht der Drache, sondern der junge Jäger, der sprach ihr Trost ein und sagte er wollte sie retten, führte sie in die Kirche und verschloß sie darin. Gar nicht lange, so kam mit großem Gebraus der siebenköpfige Drache daher gefahren. Als er den Jäger erblickte, verwunderte er sich und sprach ‘was hast du hier auf dem Berge zu schaffen?’ Der Jäger antwortete ‘ich will mit dir kämpfen.’ Sprach der Drache ‘so mancher Rittersmann hat hier sein Leben gelassen, mit dir will ich auch fertig werden,’ und athmete Feuer aus sieben Rachen. Das Feuer sollte das trockne Gras anzünden und der Jäger sollte in der Glut und dem Dampf ersticken, aber die Thiere kamen herbeigelaufen und traten das Feuer aus. Da fuhr der Drache gegen den Jäger, aber er schwang sein Schwert, daß es in der Luft sang, und schlug ihm drei Köpfe ab. Da ward der Drache erst recht wüthend, erhob sich in die Luft, spie die Feuerflammen über den Jäger aus und wollte sich auf ihn stürzen, aber der Jäger zückte nochmals sein Schwert und hieb ihm wieder drei Köpfe ab. Das Unthier ward matt und sank nieder, und wollte doch wieder auf den Jäger los, aber er schlug ihm mit der letzten Kraft den Schweif ab, und weil er nicht mehr kämpfen konnte, rief er seine Thiere herbei, die zerrissen es in Stücke. Als der Kampf zu Ende war, schloß der Jäger die Kirche auf, und fand die Königstochter auf der Erde liegen, weil ihr die Sinne vor Angst und Schrecken während des Streites vergangen waren. Er trug sie heraus, und als sie wieder zu sich selbst kam und die Augen aufschlug, zeigte er ihr den zerrissenen Drachen und sagte ihr daß sie nun erlöst wäre. Sie freute sich und sprach ‘nun wirst du mein liebster Gemahl werden, denn mein Vater hat mich demjenigen versprochen, der den Drachen tödtet.’ Darauf hieng sie ihr Halsband von Korallen </p> </div> </body> </text> </TEI> [318/0351]
Königs Marschall aber sollte stehen bleiben und aus der Ferne alles mit ansehen.
Als die Königstochter oben auf den Berg kam, stand da nicht der Drache, sondern der junge Jäger, der sprach ihr Trost ein und sagte er wollte sie retten, führte sie in die Kirche und verschloß sie darin. Gar nicht lange, so kam mit großem Gebraus der siebenköpfige Drache daher gefahren. Als er den Jäger erblickte, verwunderte er sich und sprach ‘was hast du hier auf dem Berge zu schaffen?’ Der Jäger antwortete ‘ich will mit dir kämpfen.’ Sprach der Drache ‘so mancher Rittersmann hat hier sein Leben gelassen, mit dir will ich auch fertig werden,’ und athmete Feuer aus sieben Rachen. Das Feuer sollte das trockne Gras anzünden und der Jäger sollte in der Glut und dem Dampf ersticken, aber die Thiere kamen herbeigelaufen und traten das Feuer aus. Da fuhr der Drache gegen den Jäger, aber er schwang sein Schwert, daß es in der Luft sang, und schlug ihm drei Köpfe ab. Da ward der Drache erst recht wüthend, erhob sich in die Luft, spie die Feuerflammen über den Jäger aus und wollte sich auf ihn stürzen, aber der Jäger zückte nochmals sein Schwert und hieb ihm wieder drei Köpfe ab. Das Unthier ward matt und sank nieder, und wollte doch wieder auf den Jäger los, aber er schlug ihm mit der letzten Kraft den Schweif ab, und weil er nicht mehr kämpfen konnte, rief er seine Thiere herbei, die zerrissen es in Stücke. Als der Kampf zu Ende war, schloß der Jäger die Kirche auf, und fand die Königstochter auf der Erde liegen, weil ihr die Sinne vor Angst und Schrecken während des Streites vergangen waren. Er trug sie heraus, und als sie wieder zu sich selbst kam und die Augen aufschlug, zeigte er ihr den zerrissenen Drachen und sagte ihr daß sie nun erlöst wäre. Sie freute sich und sprach ‘nun wirst du mein liebster Gemahl werden, denn mein Vater hat mich demjenigen versprochen, der den Drachen tödtet.’ Darauf hieng sie ihr Halsband von Korallen
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