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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

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Kerle unten riefen 'der Teufel kommt vom Baum herab,' rissen aus und ließen alles im Stich. Frühmorgens, wie die zwei herunter kamen, fanden sie all ihr Gold wieder und trugens heim.

Als sie wieder zu Haus waren, sprach der Frieder 'Catherlieschen, nun mußt du aber auch fleißig sein und arbeiten.' 'Ja, Friederchen, wills schon thun, will ins Feld gehen, Frucht schneiden.' Als Catherlieschen im Feld war, sprachs mit sich selber 'eß ich, eh ich schneid, oder schlaf ich, eh ich schneid? hei, ich will ehr essen!' Da aß Catherlieschen und ward überm Essen schläfrig, und fieng an zu schneiden und schnitt halb träumend alle seine Kleider entzwei, Schürze, Rock und Hemd. Wie Catherlieschen nach langem Schlaf wieder erwachte, stand es halb nackigt da und sprach zu sich selber 'bin ichs, oder bin ichs nicht? ach, ich bins nicht!' Unterdessen wards Nacht, da lief Catherlieschen ins Dorf hinein, klopfte an ihres Mannes Fenster und rief 'Friederchen?' 'Was ist denn?' 'Möcht gern wissen, ob Catherlieschen drinnen ist.' 'Ja, ja,' antwortete der Frieder, 'es wird wohl drinn liegen und schlafen.' Sprach sie 'gut, dann bin ich gewiß schon zu Haus' und lief fort.

Draußen fand Catherlieschen Spitzbuben, die wollten stehlen. Da gieng es bei sie und sprach 'ich will euch helfen stehlen.' Die Spitzbuben meinten es wüßte die Gelegenheit des Orts und warens zufrieden. Catherlieschen gieng vor die Häuser und rief 'Leute, habt ihr was? wir wollen stehlen.' Dachten die Spitzbuben 'das wird gut werden' und wünschten sie wären Catherlieschen wieder los. Da sprachen sie zu ihm 'vorm Dorfe hat der Pfarrer Rüben auf dem Feld, geh hin und rupf uns Rüben.' Catherlieschen gieng hin aufs Land und fieng an zu rupfen, war aber so faul, und hob sich nicht in die Höhe. Da kam ein Mann vorbei, sahs und stand still und dachte, das wäre der Teufel, der so in den Rüben wühlte. Lief fort ins Dorf zum Pfarrer und sprach

Kerle unten riefen ‘der Teufel kommt vom Baum herab,’ rissen aus und ließen alles im Stich. Frühmorgens, wie die zwei herunter kamen, fanden sie all ihr Gold wieder und trugens heim.

Als sie wieder zu Haus waren, sprach der Frieder ‘Catherlieschen, nun mußt du aber auch fleißig sein und arbeiten.’ ‘Ja, Friederchen, wills schon thun, will ins Feld gehen, Frucht schneiden.’ Als Catherlieschen im Feld war, sprachs mit sich selber ‘eß ich, eh ich schneid, oder schlaf ich, eh ich schneid? hei, ich will ehr essen!’ Da aß Catherlieschen und ward überm Essen schläfrig, und fieng an zu schneiden und schnitt halb träumend alle seine Kleider entzwei, Schürze, Rock und Hemd. Wie Catherlieschen nach langem Schlaf wieder erwachte, stand es halb nackigt da und sprach zu sich selber ‘bin ichs, oder bin ichs nicht? ach, ich bins nicht!’ Unterdessen wards Nacht, da lief Catherlieschen ins Dorf hinein, klopfte an ihres Mannes Fenster und rief ‘Friederchen?’ ‘Was ist denn?’ ‘Möcht gern wissen, ob Catherlieschen drinnen ist.’ ‘Ja, ja,’ antwortete der Frieder, ‘es wird wohl drinn liegen und schlafen.’ Sprach sie ‘gut, dann bin ich gewiß schon zu Haus’ und lief fort.

Draußen fand Catherlieschen Spitzbuben, die wollten stehlen. Da gieng es bei sie und sprach ‘ich will euch helfen stehlen.’ Die Spitzbuben meinten es wüßte die Gelegenheit des Orts und warens zufrieden. Catherlieschen gieng vor die Häuser und rief ‘Leute, habt ihr was? wir wollen stehlen.’ Dachten die Spitzbuben ‘das wird gut werden’ und wünschten sie wären Catherlieschen wieder los. Da sprachen sie zu ihm ‘vorm Dorfe hat der Pfarrer Rüben auf dem Feld, geh hin und rupf uns Rüben.’ Catherlieschen gieng hin aufs Land und fieng an zu rupfen, war aber so faul, und hob sich nicht in die Höhe. Da kam ein Mann vorbei, sahs und stand still und dachte, das wäre der Teufel, der so in den Rüben wühlte. Lief fort ins Dorf zum Pfarrer und sprach

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[309/0342] Kerle unten riefen ‘der Teufel kommt vom Baum herab,’ rissen aus und ließen alles im Stich. Frühmorgens, wie die zwei herunter kamen, fanden sie all ihr Gold wieder und trugens heim. Als sie wieder zu Haus waren, sprach der Frieder ‘Catherlieschen, nun mußt du aber auch fleißig sein und arbeiten.’ ‘Ja, Friederchen, wills schon thun, will ins Feld gehen, Frucht schneiden.’ Als Catherlieschen im Feld war, sprachs mit sich selber ‘eß ich, eh ich schneid, oder schlaf ich, eh ich schneid? hei, ich will ehr essen!’ Da aß Catherlieschen und ward überm Essen schläfrig, und fieng an zu schneiden und schnitt halb träumend alle seine Kleider entzwei, Schürze, Rock und Hemd. Wie Catherlieschen nach langem Schlaf wieder erwachte, stand es halb nackigt da und sprach zu sich selber ‘bin ichs, oder bin ichs nicht? ach, ich bins nicht!’ Unterdessen wards Nacht, da lief Catherlieschen ins Dorf hinein, klopfte an ihres Mannes Fenster und rief ‘Friederchen?’ ‘Was ist denn?’ ‘Möcht gern wissen, ob Catherlieschen drinnen ist.’ ‘Ja, ja,’ antwortete der Frieder, ‘es wird wohl drinn liegen und schlafen.’ Sprach sie ‘gut, dann bin ich gewiß schon zu Haus’ und lief fort. Draußen fand Catherlieschen Spitzbuben, die wollten stehlen. Da gieng es bei sie und sprach ‘ich will euch helfen stehlen.’ Die Spitzbuben meinten es wüßte die Gelegenheit des Orts und warens zufrieden. Catherlieschen gieng vor die Häuser und rief ‘Leute, habt ihr was? wir wollen stehlen.’ Dachten die Spitzbuben ‘das wird gut werden’ und wünschten sie wären Catherlieschen wieder los. Da sprachen sie zu ihm ‘vorm Dorfe hat der Pfarrer Rüben auf dem Feld, geh hin und rupf uns Rüben.’ Catherlieschen gieng hin aufs Land und fieng an zu rupfen, war aber so faul, und hob sich nicht in die Höhe. Da kam ein Mann vorbei, sahs und stand still und dachte, das wäre der Teufel, der so in den Rüben wühlte. Lief fort ins Dorf zum Pfarrer und sprach

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/342>, abgerufen am 17.09.2024.