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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

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hat aber ihr eigenes Kind getroffen. Kommt der Tag, und sie sieht was sie gethan hat, so sind wir verloren.' 'Aber ich rathe dir,' sagte Roland, 'daß du erst ihren Zauberstab wegnimmst, sonst können wir uns nicht retten, wenn sie uns nachsetzt und verfolgt.' Das Mädchen holte den Zauberstab, und dann nahm es den todten Kopf und tröpfelte drei Blutstropfen auf die Erde, einen vors Bett, einen in die Küche, und einen auf die Treppe. Darauf eilte es mit seinem Liebsten fort.

Als nun am Morgen die alte Hexe aufgestanden war, rief sie ihrer Tochter, und wollte ihr die Schürze geben, aber sie kam nicht. Da rief sie 'wo bist du?' 'Ei, hier auf der Treppe, da kehr ich,' antwortete der eine Blutstropfen. Die Alte gieng hinaus, sah aber niemand auf der Treppe und rief abermals 'wo bist du?' 'Ei, hier in der Küche, da wärm ich mich' rief der zweite Blutstropfen. Sie gieng in die Küche, aber sie fand niemand. Da rief sie noch einmal 'wo bist du?' 'Ach, hier im Bette, da schlaf ich' rief der dritte Blutstropfen. Sie gieng in die Kammer ans Bett. Was sah sie da? ihr eigenes Kind, das in seinem Blute schwamm, und dem sie selbst den Kopf abgehauen hatte.

Die Hexe gerieth in Wuth, sprang ans Fenster, und da sie weit in die Welt schauen konnte, erblickte sie ihre Stieftochter, die mit ihrem Liebsten Roland fort eilte. 'Das soll euch nichts helfen,' rief sie, 'wenn ihr auch schon weit weg seid, ihr entflieht mir doch nicht.' Sie zog ihre Meilenstiefeln an, in welchem sie mit jedem Schritt eine Stunde machte, und es dauerte nicht lange, so hatte sie beide eingeholt. Das Mädchen aber, wie es die Alte daher schreiten sah, verwandelte mit dem Zauberstab seinen Liebsten Roland in einen See, sich selbst aber in eine Ente, die mitten auf dem See schwamm. Die Hexe stellte sich ans Ufer, warf Brotbrocken hinein und gab sich alle Mühe die Ente herbeizulocken: aber die Ente ließ sich nicht locken, und die Alte mußte Abends

hat aber ihr eigenes Kind getroffen. Kommt der Tag, und sie sieht was sie gethan hat, so sind wir verloren.’ ‘Aber ich rathe dir,’ sagte Roland, ‘daß du erst ihren Zauberstab wegnimmst, sonst können wir uns nicht retten, wenn sie uns nachsetzt und verfolgt.’ Das Mädchen holte den Zauberstab, und dann nahm es den todten Kopf und tröpfelte drei Blutstropfen auf die Erde, einen vors Bett, einen in die Küche, und einen auf die Treppe. Darauf eilte es mit seinem Liebsten fort.

Als nun am Morgen die alte Hexe aufgestanden war, rief sie ihrer Tochter, und wollte ihr die Schürze geben, aber sie kam nicht. Da rief sie ‘wo bist du?’ ‘Ei, hier auf der Treppe, da kehr ich,’ antwortete der eine Blutstropfen. Die Alte gieng hinaus, sah aber niemand auf der Treppe und rief abermals ‘wo bist du?’ ‘Ei, hier in der Küche, da wärm ich mich’ rief der zweite Blutstropfen. Sie gieng in die Küche, aber sie fand niemand. Da rief sie noch einmal ‘wo bist du?’ ‘Ach, hier im Bette, da schlaf ich’ rief der dritte Blutstropfen. Sie gieng in die Kammer ans Bett. Was sah sie da? ihr eigenes Kind, das in seinem Blute schwamm, und dem sie selbst den Kopf abgehauen hatte.

Die Hexe gerieth in Wuth, sprang ans Fenster, und da sie weit in die Welt schauen konnte, erblickte sie ihre Stieftochter, die mit ihrem Liebsten Roland fort eilte. ‘Das soll euch nichts helfen,’ rief sie, ‘wenn ihr auch schon weit weg seid, ihr entflieht mir doch nicht.’ Sie zog ihre Meilenstiefeln an, in welchem sie mit jedem Schritt eine Stunde machte, und es dauerte nicht lange, so hatte sie beide eingeholt. Das Mädchen aber, wie es die Alte daher schreiten sah, verwandelte mit dem Zauberstab seinen Liebsten Roland in einen See, sich selbst aber in eine Ente, die mitten auf dem See schwamm. Die Hexe stellte sich ans Ufer, warf Brotbrocken hinein und gab sich alle Mühe die Ente herbeizulocken: aber die Ente ließ sich nicht locken, und die Alte mußte Abends

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[286/0319] hat aber ihr eigenes Kind getroffen. Kommt der Tag, und sie sieht was sie gethan hat, so sind wir verloren.’ ‘Aber ich rathe dir,’ sagte Roland, ‘daß du erst ihren Zauberstab wegnimmst, sonst können wir uns nicht retten, wenn sie uns nachsetzt und verfolgt.’ Das Mädchen holte den Zauberstab, und dann nahm es den todten Kopf und tröpfelte drei Blutstropfen auf die Erde, einen vors Bett, einen in die Küche, und einen auf die Treppe. Darauf eilte es mit seinem Liebsten fort. Als nun am Morgen die alte Hexe aufgestanden war, rief sie ihrer Tochter, und wollte ihr die Schürze geben, aber sie kam nicht. Da rief sie ‘wo bist du?’ ‘Ei, hier auf der Treppe, da kehr ich,’ antwortete der eine Blutstropfen. Die Alte gieng hinaus, sah aber niemand auf der Treppe und rief abermals ‘wo bist du?’ ‘Ei, hier in der Küche, da wärm ich mich’ rief der zweite Blutstropfen. Sie gieng in die Küche, aber sie fand niemand. Da rief sie noch einmal ‘wo bist du?’ ‘Ach, hier im Bette, da schlaf ich’ rief der dritte Blutstropfen. Sie gieng in die Kammer ans Bett. Was sah sie da? ihr eigenes Kind, das in seinem Blute schwamm, und dem sie selbst den Kopf abgehauen hatte. Die Hexe gerieth in Wuth, sprang ans Fenster, und da sie weit in die Welt schauen konnte, erblickte sie ihre Stieftochter, die mit ihrem Liebsten Roland fort eilte. ‘Das soll euch nichts helfen,’ rief sie, ‘wenn ihr auch schon weit weg seid, ihr entflieht mir doch nicht.’ Sie zog ihre Meilenstiefeln an, in welchem sie mit jedem Schritt eine Stunde machte, und es dauerte nicht lange, so hatte sie beide eingeholt. Das Mädchen aber, wie es die Alte daher schreiten sah, verwandelte mit dem Zauberstab seinen Liebsten Roland in einen See, sich selbst aber in eine Ente, die mitten auf dem See schwamm. Die Hexe stellte sich ans Ufer, warf Brotbrocken hinein und gab sich alle Mühe die Ente herbeizulocken: aber die Ente ließ sich nicht locken, und die Alte mußte Abends

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/319>, abgerufen am 24.11.2024.