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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

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'wovon sollt ich satt sein?
ich sprang nur über Gräbelein,
und fand kein einzig Blättlein: meh! meh!'

'O die Lügenbrut!' rief der Schneider, 'einer so gottlos und pflichtvergessen wie der andere! ihr sollt mich nicht länger zum Narren haben!' und vor Zorn ganz außer sich sprang er hinauf und gerbte dem armen Jungen mit der Elle den Rücken so gewaltig, daß er zum Haus hinaus sprang.

Der alte Schneider war nun mit seiner Ziege allein. Am andern Morgen gieng er hinab in den Stall, liebkoste die Ziege und sprach 'komm, mein liebes Thierlein, ich will dich selbst zur Weide führen.' Er nahm sie am Strick und brachte sie zu grünen Hecken und unter Schafrippe und was sonst die Ziegen gerne fressen. 'Da kannst du dich einmal nach Herzenslust sättigen' sprach er zu ihr, und ließ sie weiden bis zum Abend. Da fragte er 'Ziege, bist du satt?' Sie antwortete

'ich bin so satt,
ich mag kein Blatt: meh! meh!'

'So komm nach Haus' sagte der Schneider, führte sie in den Stall und band sie fest. Als er weggieng, kehrte er sich noch einmal um, und sagte 'nun bist du doch einmal satt!' Aber die Ziege machte es ihm nicht besser und rief

'wie sollt ich satt sein?
ich sprang nur über Gräbelein,
und fand kein einzig Blättlein: meh! meh!'

Als der Schneider das hörte, stutzte er und sah wohl daß er seine drei Söhne ohne Ursache verstoßen hatte. 'Wart,' rief er, 'du undankbares Geschöpf, dich fortzujagen ist noch zu wenig, ich will dich zeichnen daß du dich unter ehrbaren Schneidern nicht mehr darfst sehen lassen.' Jn einer Hast sprang er hinauf, holte sein Bartmesser, seifte der Ziege den Kopf ein, und schor sie so glatt wie

‘wovon sollt ich satt sein?
ich sprang nur über Gräbelein,
und fand kein einzig Blättlein: meh! meh!’

‘O die Lügenbrut!’ rief der Schneider, ‘einer so gottlos und pflichtvergessen wie der andere! ihr sollt mich nicht länger zum Narren haben!’ und vor Zorn ganz außer sich sprang er hinauf und gerbte dem armen Jungen mit der Elle den Rücken so gewaltig, daß er zum Haus hinaus sprang.

Der alte Schneider war nun mit seiner Ziege allein. Am andern Morgen gieng er hinab in den Stall, liebkoste die Ziege und sprach ‘komm, mein liebes Thierlein, ich will dich selbst zur Weide führen.’ Er nahm sie am Strick und brachte sie zu grünen Hecken und unter Schafrippe und was sonst die Ziegen gerne fressen. ‘Da kannst du dich einmal nach Herzenslust sättigen’ sprach er zu ihr, und ließ sie weiden bis zum Abend. Da fragte er ‘Ziege, bist du satt?’ Sie antwortete

‘ich bin so satt,
ich mag kein Blatt: meh! meh!’

‘So komm nach Haus’ sagte der Schneider, führte sie in den Stall und band sie fest. Als er weggieng, kehrte er sich noch einmal um, und sagte ‘nun bist du doch einmal satt!’ Aber die Ziege machte es ihm nicht besser und rief

‘wie sollt ich satt sein?
ich sprang nur über Gräbelein,
und fand kein einzig Blättlein: meh! meh!’

Als der Schneider das hörte, stutzte er und sah wohl daß er seine drei Söhne ohne Ursache verstoßen hatte. ‘Wart,’ rief er, ‘du undankbares Geschöpf, dich fortzujagen ist noch zu wenig, ich will dich zeichnen daß du dich unter ehrbaren Schneidern nicht mehr darfst sehen lassen.’ Jn einer Hast sprang er hinauf, holte sein Bartmesser, seifte der Ziege den Kopf ein, und schor sie so glatt wie

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[184/0217] ‘wovon sollt ich satt sein? ich sprang nur über Gräbelein, und fand kein einzig Blättlein: meh! meh!’ ‘O die Lügenbrut!’ rief der Schneider, ‘einer so gottlos und pflichtvergessen wie der andere! ihr sollt mich nicht länger zum Narren haben!’ und vor Zorn ganz außer sich sprang er hinauf und gerbte dem armen Jungen mit der Elle den Rücken so gewaltig, daß er zum Haus hinaus sprang. Der alte Schneider war nun mit seiner Ziege allein. Am andern Morgen gieng er hinab in den Stall, liebkoste die Ziege und sprach ‘komm, mein liebes Thierlein, ich will dich selbst zur Weide führen.’ Er nahm sie am Strick und brachte sie zu grünen Hecken und unter Schafrippe und was sonst die Ziegen gerne fressen. ‘Da kannst du dich einmal nach Herzenslust sättigen’ sprach er zu ihr, und ließ sie weiden bis zum Abend. Da fragte er ‘Ziege, bist du satt?’ Sie antwortete ‘ich bin so satt, ich mag kein Blatt: meh! meh!’ ‘So komm nach Haus’ sagte der Schneider, führte sie in den Stall und band sie fest. Als er weggieng, kehrte er sich noch einmal um, und sagte ‘nun bist du doch einmal satt!’ Aber die Ziege machte es ihm nicht besser und rief ‘wie sollt ich satt sein? ich sprang nur über Gräbelein, und fand kein einzig Blättlein: meh! meh!’ Als der Schneider das hörte, stutzte er und sah wohl daß er seine drei Söhne ohne Ursache verstoßen hatte. ‘Wart,’ rief er, ‘du undankbares Geschöpf, dich fortzujagen ist noch zu wenig, ich will dich zeichnen daß du dich unter ehrbaren Schneidern nicht mehr darfst sehen lassen.’ Jn einer Hast sprang er hinauf, holte sein Bartmesser, seifte der Ziege den Kopf ein, und schor sie so glatt wie

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/217>, abgerufen am 19.12.2024.