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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.

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gegen den Habicht an, der sie verfolgt. Der Habicht fordert die Taube zurück, da ihn der König der Speise nicht berauben dürfe, auf die er angewiesen sei. Usinara weigert sich, aber der Habicht besteht auf seinem Recht: werde ihm seine Nahrung versagt, so verurtheile er ihn, Weib und Kind zum Tod. Vergeblich bietet der König Stiere, Eber, Hirsch und Büffel an, der Habicht kann sie nicht zur Nahrung brauchen. 'Wohlan,' spricht der Habicht, 'gib mir von deinem eigenen Fleisch so viel als die Taube wiegt.' Der König schneidet sich selbst das Fleisch aus dem Leib, aber die Taube ist schwerer: er schneidet sich noch mehr Fleisch aus, aber das Gewicht der Taube ist immer größer. Endlich steigt der König selbst auf die Wage. Da spricht der Habicht 'ich bin Jndra, der König des Himmels, und die Taube ist des Feuers Gott, wir sind gekommen deine Tugend zu prüfen, frommer Fürst. Daß du dir das Fleisch von den Gliedern des Leibes geschnitten hast, das wird dir unvergänglichen Ruhm auf der ganzen Welt bereiten.'

Die persischen Märchen in Tuti Nameh entlehnte Nechschebi, der sein Gedicht im Jahr 1329 vollendete, aus indischen Quellen, und aus diesem Gedicht machte im 17ten Jahrhundert Mohamed Kaderi einen prosaischen Auszug, welcher jetzt gedruckt ist. Die Märchen sind fast alle schön, wiewohl das ältere Werk, von welchem Kosegarten aus einer Handschrift in der Vorrede Nachricht gibt, bei weitem den Vorzug verdient. Einige kommen mit deutschen Märchen zusammen, wie ich in den Anmerkungen des dritten Bandes zu Nr 62. 102. 119 gezeigt habe. Übrigens merkt man auch hier schon die Absicht eine gute Lehre zu ertheilen. Dagegen auf persischem Boden gewachsen sind die Märchen, die in Malcolms Werk in bester Auffassung vorkommen. Hier tritt die Übereinstimmung mit deutschen deutlich hervor. Amin der kluge berückt einen übermächtigen Ghul (bösen Geist) in derselben Weise, wie das

gegen den Habicht an, der sie verfolgt. Der Habicht fordert die Taube zurück, da ihn der König der Speise nicht berauben dürfe, auf die er angewiesen sei. Usinara weigert sich, aber der Habicht besteht auf seinem Recht: werde ihm seine Nahrung versagt, so verurtheile er ihn, Weib und Kind zum Tod. Vergeblich bietet der König Stiere, Eber, Hirsch und Büffel an, der Habicht kann sie nicht zur Nahrung brauchen. ‘Wohlan,’ spricht der Habicht, ‘gib mir von deinem eigenen Fleisch so viel als die Taube wiegt.’ Der König schneidet sich selbst das Fleisch aus dem Leib, aber die Taube ist schwerer: er schneidet sich noch mehr Fleisch aus, aber das Gewicht der Taube ist immer größer. Endlich steigt der König selbst auf die Wage. Da spricht der Habicht ‘ich bin Jndra, der König des Himmels, und die Taube ist des Feuers Gott, wir sind gekommen deine Tugend zu prüfen, frommer Fürst. Daß du dir das Fleisch von den Gliedern des Leibes geschnitten hast, das wird dir unvergänglichen Ruhm auf der ganzen Welt bereiten.’

Die persischen Märchen in Tuti Nameh entlehnte Nechschebi, der sein Gedicht im Jahr 1329 vollendete, aus indischen Quellen, und aus diesem Gedicht machte im 17ten Jahrhundert Mohamed Kaderi einen prosaischen Auszug, welcher jetzt gedruckt ist. Die Märchen sind fast alle schön, wiewohl das ältere Werk, von welchem Kosegarten aus einer Handschrift in der Vorrede Nachricht gibt, bei weitem den Vorzug verdient. Einige kommen mit deutschen Märchen zusammen, wie ich in den Anmerkungen des dritten Bandes zu Nr 62. 102. 119 gezeigt habe. Übrigens merkt man auch hier schon die Absicht eine gute Lehre zu ertheilen. Dagegen auf persischem Boden gewachsen sind die Märchen, die in Malcolms Werk in bester Auffassung vorkommen. Hier tritt die Übereinstimmung mit deutschen deutlich hervor. Amin der kluge berückt einen übermächtigen Ghul (bösen Geist) in derselben Weise, wie das

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[LIX/0065] gegen den Habicht an, der sie verfolgt. Der Habicht fordert die Taube zurück, da ihn der König der Speise nicht berauben dürfe, auf die er angewiesen sei. Usinara weigert sich, aber der Habicht besteht auf seinem Recht: werde ihm seine Nahrung versagt, so verurtheile er ihn, Weib und Kind zum Tod. Vergeblich bietet der König Stiere, Eber, Hirsch und Büffel an, der Habicht kann sie nicht zur Nahrung brauchen. ‘Wohlan,’ spricht der Habicht, ‘gib mir von deinem eigenen Fleisch so viel als die Taube wiegt.’ Der König schneidet sich selbst das Fleisch aus dem Leib, aber die Taube ist schwerer: er schneidet sich noch mehr Fleisch aus, aber das Gewicht der Taube ist immer größer. Endlich steigt der König selbst auf die Wage. Da spricht der Habicht ‘ich bin Jndra, der König des Himmels, und die Taube ist des Feuers Gott, wir sind gekommen deine Tugend zu prüfen, frommer Fürst. Daß du dir das Fleisch von den Gliedern des Leibes geschnitten hast, das wird dir unvergänglichen Ruhm auf der ganzen Welt bereiten.’ Die persischen Märchen in Tuti Nameh entlehnte Nechschebi, der sein Gedicht im Jahr 1329 vollendete, aus indischen Quellen, und aus diesem Gedicht machte im 17ten Jahrhundert Mohamed Kaderi einen prosaischen Auszug, welcher jetzt gedruckt ist. Die Märchen sind fast alle schön, wiewohl das ältere Werk, von welchem Kosegarten aus einer Handschrift in der Vorrede Nachricht gibt, bei weitem den Vorzug verdient. Einige kommen mit deutschen Märchen zusammen, wie ich in den Anmerkungen des dritten Bandes zu Nr 62. 102. 119 gezeigt habe. Übrigens merkt man auch hier schon die Absicht eine gute Lehre zu ertheilen. Dagegen auf persischem Boden gewachsen sind die Märchen, die in Malcolms Werk in bester Auffassung vorkommen. Hier tritt die Übereinstimmung mit deutschen deutlich hervor. Amin der kluge berückt einen übermächtigen Ghul (bösen Geist) in derselben Weise, wie das

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. LIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/65>, abgerufen am 22.11.2024.