Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.Gelegenheit dem schönen Mädchen eine Zaubernadel (den Schlafdorn der Brunhild) in das Haupt. Die Überlieferungen der Walachen waren slavischen und deutschen Einmischungen ausgesetzt, während seinem Ursprung nach das Volk zu den Romanen gehört. Jn dem großen Bereich, den diese einnehmen, ist für die Auffassung der Märchen nichts Nennenswerthes geschehen. Freilich seit Basiles Pentameron war in Jtalien schwerlich etwas von Belang nachzutragen, und ich freue mich nur bemerken zu können daß durch die sorgfältige, mit willkommenen Anmerkungen ausgestattete Übersetzung von F. Lieberecht (Berlin 1846) dies schätzbare Buch einheimisch geworden ist, auch das Urtheil, das ich darüber (Bd. 3, 277. 279) ausgesprochen habe, Beistimmung gefunden hat. Jn Spanien und Portugal ist, soviel ich weiß, der Gedanke noch nicht aufgetaucht, Märchen, an welchen es dort nicht fehlen wird, aufzusuchen und sie vor dem Untergang zu bewahren. Die heftig drängende, der Ruhe entwöhnte Zeit mag zum Theil die Schuld tragen, ja es kann kommen, daß wie der Apfelbaum der Frau Holle vergeblich bittet geschüttelt zu werden, die Früchte endlich am Zweig vertrocknen oder herab fallen, wenn sie verfault sind: aber eine solche Zeit ist auch geeignet bei Einzelnen, die ein Gefühl von dem Werth dieser mit einem glücklichen Dasein verknüpften Überlieferungen überkommt, die Lust zur Beschäftigung damit hervor zu rufen. Hat sie sich doch sogar in Frankreich geregt, das zeigen die Übersetzungen der deutschen Märchen, auch das Buch von Emile Souvestre über die Bretagne, nur hat niemand den Weg wieder betreten, den Perrault angebahnt hatte, dessen kleines aber treffliches Buch noch heute sein Ansehen behauptet. Jch habe schon früher (Bd. 3, 378--380) nachgewiesen daß von seinen dreizehn Märchen zwölf mit deutschen verwandt sind, nur von dem gestiefelten Kater, der auch bei Straparola IX, 1 und Basile II, 14 vorkommt, konnte ich es nicht: Gelegenheit dem schönen Mädchen eine Zaubernadel (den Schlafdorn der Brunhild) in das Haupt. Die Überlieferungen der Walachen waren slavischen und deutschen Einmischungen ausgesetzt, während seinem Ursprung nach das Volk zu den Romanen gehört. Jn dem großen Bereich, den diese einnehmen, ist für die Auffassung der Märchen nichts Nennenswerthes geschehen. Freilich seit Basiles Pentameron war in Jtalien schwerlich etwas von Belang nachzutragen, und ich freue mich nur bemerken zu können daß durch die sorgfältige, mit willkommenen Anmerkungen ausgestattete Übersetzung von F. Lieberecht (Berlin 1846) dies schätzbare Buch einheimisch geworden ist, auch das Urtheil, das ich darüber (Bd. 3, 277. 279) ausgesprochen habe, Beistimmung gefunden hat. Jn Spanien und Portugal ist, soviel ich weiß, der Gedanke noch nicht aufgetaucht, Märchen, an welchen es dort nicht fehlen wird, aufzusuchen und sie vor dem Untergang zu bewahren. Die heftig drängende, der Ruhe entwöhnte Zeit mag zum Theil die Schuld tragen, ja es kann kommen, daß wie der Apfelbaum der Frau Holle vergeblich bittet geschüttelt zu werden, die Früchte endlich am Zweig vertrocknen oder herab fallen, wenn sie verfault sind: aber eine solche Zeit ist auch geeignet bei Einzelnen, die ein Gefühl von dem Werth dieser mit einem glücklichen Dasein verknüpften Überlieferungen überkommt, die Lust zur Beschäftigung damit hervor zu rufen. Hat sie sich doch sogar in Frankreich geregt, das zeigen die Übersetzungen der deutschen Märchen, auch das Buch von Emile Souvestre über die Bretagne, nur hat niemand den Weg wieder betreten, den Perrault angebahnt hatte, dessen kleines aber treffliches Buch noch heute sein Ansehen behauptet. Jch habe schon früher (Bd. 3, 378—380) nachgewiesen daß von seinen dreizehn Märchen zwölf mit deutschen verwandt sind, nur von dem gestiefelten Kater, der auch bei Straparola IX, 1 und Basile II, 14 vorkommt, konnte ich es nicht: <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0060" n="LIV"/> Gelegenheit dem schönen Mädchen eine Zaubernadel (den Schlafdorn der Brunhild) in das Haupt.</p><lb/> <p>Die Überlieferungen der Walachen waren slavischen und deutschen Einmischungen ausgesetzt, während seinem Ursprung nach das Volk zu den Romanen gehört. Jn dem großen Bereich, den diese einnehmen, ist für die Auffassung der Märchen nichts Nennenswerthes geschehen. Freilich seit Basiles Pentameron war in <hi rendition="#g">Jtalien</hi> schwerlich etwas von Belang nachzutragen, und ich freue mich nur bemerken zu können daß durch die sorgfältige, mit willkommenen Anmerkungen ausgestattete Übersetzung von F. 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Hat sie sich doch sogar in <hi rendition="#g">Frankreich</hi> geregt, das zeigen die Übersetzungen der deutschen Märchen, auch das Buch von Emile Souvestre über die Bretagne, nur hat niemand den Weg wieder betreten, den Perrault angebahnt hatte, dessen kleines aber treffliches Buch noch heute sein Ansehen behauptet. Jch habe schon früher (Bd. 3, 378—380) nachgewiesen daß von seinen dreizehn Märchen zwölf mit deutschen verwandt sind, nur von dem gestiefelten Kater, der auch bei Straparola <hi rendition="#aq">IX</hi>, 1 und Basile <hi rendition="#aq">II</hi>, 14 vorkommt, konnte ich es nicht: </p> </div> </front> </text> </TEI> [LIV/0060]
Gelegenheit dem schönen Mädchen eine Zaubernadel (den Schlafdorn der Brunhild) in das Haupt.
Die Überlieferungen der Walachen waren slavischen und deutschen Einmischungen ausgesetzt, während seinem Ursprung nach das Volk zu den Romanen gehört. Jn dem großen Bereich, den diese einnehmen, ist für die Auffassung der Märchen nichts Nennenswerthes geschehen. Freilich seit Basiles Pentameron war in Jtalien schwerlich etwas von Belang nachzutragen, und ich freue mich nur bemerken zu können daß durch die sorgfältige, mit willkommenen Anmerkungen ausgestattete Übersetzung von F. Lieberecht (Berlin 1846) dies schätzbare Buch einheimisch geworden ist, auch das Urtheil, das ich darüber (Bd. 3, 277. 279) ausgesprochen habe, Beistimmung gefunden hat. Jn Spanien und Portugal ist, soviel ich weiß, der Gedanke noch nicht aufgetaucht, Märchen, an welchen es dort nicht fehlen wird, aufzusuchen und sie vor dem Untergang zu bewahren. Die heftig drängende, der Ruhe entwöhnte Zeit mag zum Theil die Schuld tragen, ja es kann kommen, daß wie der Apfelbaum der Frau Holle vergeblich bittet geschüttelt zu werden, die Früchte endlich am Zweig vertrocknen oder herab fallen, wenn sie verfault sind: aber eine solche Zeit ist auch geeignet bei Einzelnen, die ein Gefühl von dem Werth dieser mit einem glücklichen Dasein verknüpften Überlieferungen überkommt, die Lust zur Beschäftigung damit hervor zu rufen. Hat sie sich doch sogar in Frankreich geregt, das zeigen die Übersetzungen der deutschen Märchen, auch das Buch von Emile Souvestre über die Bretagne, nur hat niemand den Weg wieder betreten, den Perrault angebahnt hatte, dessen kleines aber treffliches Buch noch heute sein Ansehen behauptet. Jch habe schon früher (Bd. 3, 378—380) nachgewiesen daß von seinen dreizehn Märchen zwölf mit deutschen verwandt sind, nur von dem gestiefelten Kater, der auch bei Straparola IX, 1 und Basile II, 14 vorkommt, konnte ich es nicht:
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. LIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/60>, abgerufen am 16.02.2025. |