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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.

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wenn du sie damit schlägst, so thun sie mir nichts.' Wie der Jäger das hörte, traute er der Alten nicht, und sprach 'meine Thiere schlag ich nicht, komm du herunter, oder ich hol dich.' Da rief sie 'was willst du wohl? du thust mir noch nichts.' Er aber antwortete 'kommst du nicht, so schieß ich dich herunter.' Sprach sie 'schieß nur zu, vor deinen Kugeln fürchte ich mich nicht.' Da legte er an und schoß nach ihr, aber die Hexe war fest gegen alle Bleikugeln, lachte daß es gellte, und rief 'du sollst mich noch nicht treffen.' Der Jäger wußte Bescheid, riß sich drei silberne Knöpfe vom Rock und lud sie in die Büchse, denn dagegen war ihre Kunst umsonst, und als er losdrückte, stürzte sie gleich mit Geschrei herab. Da stellte er den Fuß auf sie und sprach 'alte Hexe, wenn du nicht gleich gestehst wo mein Bruder ist, so pack ich dich auf mit beiden Händen und werfe dich ins Feuer.' Sie war in großer Angst, bat um Gnade und sagte 'er liegt mit seinen Thieren versteinert in einem Graben.' Da zwang er sie mit hinzugehen, drohte ihr und sprach 'alte Meerkatze, jetzt machst du meinen Bruder und alle Geschöpfe, die hier liegen, lebendig, oder du kommst ins Feuer.' Sie nahm eine Ruthe und rührte die Steine an, da wurde sein Bruder mit den Thieren wieder lebendig, und viele andere, Kaufleute, Handwerker, Hirten, standen auf, dankten für ihre Befreiung und zogen heim. Die Zwillingsbrüder aber, als sie sich wiedersahen, küßten sich und freuten sich von Herzen. Dann griffen sie die Hexe, banden sie und legten sie ins Feuer, und als sie verbrannt war, da that sich der Wald von selbst auf, und war licht und hell, und man konnte das königliche Schloß auf drei Stunden Wegs sehen.

wenn du sie damit schlägst, so thun sie mir nichts.’ Wie der Jäger das hörte, traute er der Alten nicht, und sprach ‘meine Thiere schlag ich nicht, komm du herunter, oder ich hol dich.’ Da rief sie ‘was willst du wohl? du thust mir noch nichts.’ Er aber antwortete ‘kommst du nicht, so schieß ich dich herunter.’ Sprach sie ‘schieß nur zu, vor deinen Kugeln fürchte ich mich nicht.’ Da legte er an und schoß nach ihr, aber die Hexe war fest gegen alle Bleikugeln, lachte daß es gellte, und rief ‘du sollst mich noch nicht treffen.’ Der Jäger wußte Bescheid, riß sich drei silberne Knöpfe vom Rock und lud sie in die Büchse, denn dagegen war ihre Kunst umsonst, und als er losdrückte, stürzte sie gleich mit Geschrei herab. Da stellte er den Fuß auf sie und sprach ‘alte Hexe, wenn du nicht gleich gestehst wo mein Bruder ist, so pack ich dich auf mit beiden Händen und werfe dich ins Feuer.’ Sie war in großer Angst, bat um Gnade und sagte ‘er liegt mit seinen Thieren versteinert in einem Graben.’ Da zwang er sie mit hinzugehen, drohte ihr und sprach ‘alte Meerkatze, jetzt machst du meinen Bruder und alle Geschöpfe, die hier liegen, lebendig, oder du kommst ins Feuer.’ Sie nahm eine Ruthe und rührte die Steine an, da wurde sein Bruder mit den Thieren wieder lebendig, und viele andere, Kaufleute, Handwerker, Hirten, standen auf, dankten für ihre Befreiung und zogen heim. Die Zwillingsbrüder aber, als sie sich wiedersahen, küßten sich und freuten sich von Herzen. Dann griffen sie die Hexe, banden sie und legten sie ins Feuer, und als sie verbrannt war, da that sich der Wald von selbst auf, und war licht und hell, und man konnte das königliche Schloß auf drei Stunden Wegs sehen.

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[385/0467] wenn du sie damit schlägst, so thun sie mir nichts.’ Wie der Jäger das hörte, traute er der Alten nicht, und sprach ‘meine Thiere schlag ich nicht, komm du herunter, oder ich hol dich.’ Da rief sie ‘was willst du wohl? du thust mir noch nichts.’ Er aber antwortete ‘kommst du nicht, so schieß ich dich herunter.’ Sprach sie ‘schieß nur zu, vor deinen Kugeln fürchte ich mich nicht.’ Da legte er an und schoß nach ihr, aber die Hexe war fest gegen alle Bleikugeln, lachte daß es gellte, und rief ‘du sollst mich noch nicht treffen.’ Der Jäger wußte Bescheid, riß sich drei silberne Knöpfe vom Rock und lud sie in die Büchse, denn dagegen war ihre Kunst umsonst, und als er losdrückte, stürzte sie gleich mit Geschrei herab. Da stellte er den Fuß auf sie und sprach ‘alte Hexe, wenn du nicht gleich gestehst wo mein Bruder ist, so pack ich dich auf mit beiden Händen und werfe dich ins Feuer.’ Sie war in großer Angst, bat um Gnade und sagte ‘er liegt mit seinen Thieren versteinert in einem Graben.’ Da zwang er sie mit hinzugehen, drohte ihr und sprach ‘alte Meerkatze, jetzt machst du meinen Bruder und alle Geschöpfe, die hier liegen, lebendig, oder du kommst ins Feuer.’ Sie nahm eine Ruthe und rührte die Steine an, da wurde sein Bruder mit den Thieren wieder lebendig, und viele andere, Kaufleute, Handwerker, Hirten, standen auf, dankten für ihre Befreiung und zogen heim. Die Zwillingsbrüder aber, als sie sich wiedersahen, küßten sich und freuten sich von Herzen. Dann griffen sie die Hexe, banden sie und legten sie ins Feuer, und als sie verbrannt war, da that sich der Wald von selbst auf, und war licht und hell, und man konnte das königliche Schloß auf drei Stunden Wegs sehen.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/467>, abgerufen am 16.07.2024.