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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.

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darf ich die Schandthat des Marschalls offenbaren, weil sie ohne mein Zuthun an den Tag gekommen ist, denn er hat mir das Versprechen zu schweigen abgezwungen. Darum aber habe ich mir ausgehalten daß erst in Jahr und Tag die Hochzeit sollte gefeiert werden.' Da ließ der König zwölf Rathsherrn rufen, die sollten über den Marschall Urtheil sprechen, und die urtheilten daß er müßte von vier Ochsen zerrissen werden. Also ward der Marschall gerichtet, der König aber übergab seine Tochter dem Jäger und ernannte ihn zu seinem Statthalter im ganzen Reich. Die Hochzeit ward mit großen Freuden gefeiert, und der junge König ließ seinen Vater und Pflegevater holen und überhäufte sie mit Schätzen. Den Wirth vergaß er auch nicht, und ließ ihn kommen und sprach zu ihm 'sieht er, Herr Wirth, die Königstochter habe ich geheirathet, und sein Haus und Hof sind mein.' Sprach der Wirth 'ja, das wäre nach den Rechten.' Der junge König aber sagte 'es soll nach Gnaden gehen: Haus und Hof soll er behalten, und die tausend Goldstücke schenke ich ihm noch dazu.'

Nun waren der junge König und die junge Königin guter Dinge und lebten vergnügt zusammen. Er zog oft hinaus auf die Jagd, weil das seine Freude war, und die treuen Thiere mußten ihn begleiten. Es lag aber in der Nähe ein Wald, von dem hieß es, er wäre nicht geheuer, und wäre einer erst darin, so käm er nicht leicht wieder heraus. Der junge König hatte aber große Lust darin zu jagen, und ließ dem alten König keine Ruhe bis er es ihm erlaubte. Nun ritt er mit einer großen Begleitung aus, und als er zu dem Wald kam, sah er eine schneeweiße Hirschkuh darin

darf ich die Schandthat des Marschalls offenbaren, weil sie ohne mein Zuthun an den Tag gekommen ist, denn er hat mir das Versprechen zu schweigen abgezwungen. Darum aber habe ich mir ausgehalten daß erst in Jahr und Tag die Hochzeit sollte gefeiert werden.’ Da ließ der König zwölf Rathsherrn rufen, die sollten über den Marschall Urtheil sprechen, und die urtheilten daß er müßte von vier Ochsen zerrissen werden. Also ward der Marschall gerichtet, der König aber übergab seine Tochter dem Jäger und ernannte ihn zu seinem Statthalter im ganzen Reich. Die Hochzeit ward mit großen Freuden gefeiert, und der junge König ließ seinen Vater und Pflegevater holen und überhäufte sie mit Schätzen. Den Wirth vergaß er auch nicht, und ließ ihn kommen und sprach zu ihm ‘sieht er, Herr Wirth, die Königstochter habe ich geheirathet, und sein Haus und Hof sind mein.’ Sprach der Wirth ‘ja, das wäre nach den Rechten.’ Der junge König aber sagte ‘es soll nach Gnaden gehen: Haus und Hof soll er behalten, und die tausend Goldstücke schenke ich ihm noch dazu.’

Nun waren der junge König und die junge Königin guter Dinge und lebten vergnügt zusammen. Er zog oft hinaus auf die Jagd, weil das seine Freude war, und die treuen Thiere mußten ihn begleiten. Es lag aber in der Nähe ein Wald, von dem hieß es, er wäre nicht geheuer, und wäre einer erst darin, so käm er nicht leicht wieder heraus. Der junge König hatte aber große Lust darin zu jagen, und ließ dem alten König keine Ruhe bis er es ihm erlaubte. Nun ritt er mit einer großen Begleitung aus, und als er zu dem Wald kam, sah er eine schneeweiße Hirschkuh darin

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[381/0463] darf ich die Schandthat des Marschalls offenbaren, weil sie ohne mein Zuthun an den Tag gekommen ist, denn er hat mir das Versprechen zu schweigen abgezwungen. Darum aber habe ich mir ausgehalten daß erst in Jahr und Tag die Hochzeit sollte gefeiert werden.’ Da ließ der König zwölf Rathsherrn rufen, die sollten über den Marschall Urtheil sprechen, und die urtheilten daß er müßte von vier Ochsen zerrissen werden. Also ward der Marschall gerichtet, der König aber übergab seine Tochter dem Jäger und ernannte ihn zu seinem Statthalter im ganzen Reich. Die Hochzeit ward mit großen Freuden gefeiert, und der junge König ließ seinen Vater und Pflegevater holen und überhäufte sie mit Schätzen. Den Wirth vergaß er auch nicht, und ließ ihn kommen und sprach zu ihm ‘sieht er, Herr Wirth, die Königstochter habe ich geheirathet, und sein Haus und Hof sind mein.’ Sprach der Wirth ‘ja, das wäre nach den Rechten.’ Der junge König aber sagte ‘es soll nach Gnaden gehen: Haus und Hof soll er behalten, und die tausend Goldstücke schenke ich ihm noch dazu.’ Nun waren der junge König und die junge Königin guter Dinge und lebten vergnügt zusammen. Er zog oft hinaus auf die Jagd, weil das seine Freude war, und die treuen Thiere mußten ihn begleiten. Es lag aber in der Nähe ein Wald, von dem hieß es, er wäre nicht geheuer, und wäre einer erst darin, so käm er nicht leicht wieder heraus. Der junge König hatte aber große Lust darin zu jagen, und ließ dem alten König keine Ruhe bis er es ihm erlaubte. Nun ritt er mit einer großen Begleitung aus, und als er zu dem Wald kam, sah er eine schneeweiße Hirschkuh darin

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/463>, abgerufen am 26.11.2024.