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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

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rannte mit aller Kraft gegen den Baum, und spießte sein Horn so fest in den Stamm, daß es nicht Kraft genug hatte es wieder heraus zu ziehen, und gefangen war. 'Jetzt hab ich das Vöglein,' sagte der Schneider; kam hinter dem Baum hervor, legte dem Einhorn den Strick um den Hals, hieb mit der Axt das Horn aus dem Baum, und führte es vor den König.

Der König aber wollte ihm den verheißenen Lohn noch nicht gewähren, sondern verlangte von dem Schneiderlein es müßte ihm vor der Hochzeit erst ein Wildschwein fangen, das in dem Wald großen Schaden that; die Jäger sollten ihm Beistand leisten. 'Gerne,' sprach der Schneider, 'das ist ein Kinderspiel.' Die Jäger nahm er nicht mit in den Wald, und sie warens wohl zufrieden, denn das Wildschwein hatte sie schon mehrmals so empfangen, daß sie keine Lust hatten ihm nachzustellen. Das Schwein, als es den Schneider erblickte, lief mit schäumendem Munde und wetzenden Zähnen auf ihn zu, und wollte ihn zur Erde werfen, der flüchtige Held aber sprang in eine Kapelle, die in der Nähe war, aber auch gleich oben zum Fenster in einem Satz wieder hinaus. Das Schwein war hinter ihm her gelaufen, er aber hüpfte außen herum, und schlug die Thüre hinter ihm zu; da war das wüthende Thier gefangen, das viel zu plump war um zu dem Fenster hinaus zu springen. Das Schneiderlein rief die Jäger herbei, die mußten den Gefangenen mit eigenen Augen sehen; der Held aber begab sich zum Könige, der nun, er mochte wollen oder nicht, sein Versprechen halten und ihm seine Tochter und das halbe Königreich übergeben mußte. Hätte er gewußt daß kein Kriegsheld sondern ein

rannte mit aller Kraft gegen den Baum, und spießte sein Horn so fest in den Stamm, daß es nicht Kraft genug hatte es wieder heraus zu ziehen, und gefangen war. ‘Jetzt hab ich das Vöglein,’ sagte der Schneider; kam hinter dem Baum hervor, legte dem Einhorn den Strick um den Hals, hieb mit der Axt das Horn aus dem Baum, und führte es vor den König.

Der König aber wollte ihm den verheißenen Lohn noch nicht gewähren, sondern verlangte von dem Schneiderlein es müßte ihm vor der Hochzeit erst ein Wildschwein fangen, das in dem Wald großen Schaden that; die Jäger sollten ihm Beistand leisten. ‘Gerne,’ sprach der Schneider, ‘das ist ein Kinderspiel.’ Die Jäger nahm er nicht mit in den Wald, und sie warens wohl zufrieden, denn das Wildschwein hatte sie schon mehrmals so empfangen, daß sie keine Lust hatten ihm nachzustellen. Das Schwein, als es den Schneider erblickte, lief mit schäumendem Munde und wetzenden Zähnen auf ihn zu, und wollte ihn zur Erde werfen, der flüchtige Held aber sprang in eine Kapelle, die in der Nähe war, aber auch gleich oben zum Fenster in einem Satz wieder hinaus. Das Schwein war hinter ihm her gelaufen, er aber hüpfte außen herum, und schlug die Thüre hinter ihm zu; da war das wüthende Thier gefangen, das viel zu plump war um zu dem Fenster hinaus zu springen. Das Schneiderlein rief die Jäger herbei, die mußten den Gefangenen mit eigenen Augen sehen; der Held aber begab sich zum Könige, der nun, er mochte wollen oder nicht, sein Versprechen halten und ihm seine Tochter und das halbe Königreich übergeben mußte. Hätte er gewußt daß kein Kriegsheld sondern ein

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[135/0173] rannte mit aller Kraft gegen den Baum, und spießte sein Horn so fest in den Stamm, daß es nicht Kraft genug hatte es wieder heraus zu ziehen, und gefangen war. ‘Jetzt hab ich das Vöglein,’ sagte der Schneider; kam hinter dem Baum hervor, legte dem Einhorn den Strick um den Hals, hieb mit der Axt das Horn aus dem Baum, und führte es vor den König. Der König aber wollte ihm den verheißenen Lohn noch nicht gewähren, sondern verlangte von dem Schneiderlein es müßte ihm vor der Hochzeit erst ein Wildschwein fangen, das in dem Wald großen Schaden that; die Jäger sollten ihm Beistand leisten. ‘Gerne,’ sprach der Schneider, ‘das ist ein Kinderspiel.’ Die Jäger nahm er nicht mit in den Wald, und sie warens wohl zufrieden, denn das Wildschwein hatte sie schon mehrmals so empfangen, daß sie keine Lust hatten ihm nachzustellen. Das Schwein, als es den Schneider erblickte, lief mit schäumendem Munde und wetzenden Zähnen auf ihn zu, und wollte ihn zur Erde werfen, der flüchtige Held aber sprang in eine Kapelle, die in der Nähe war, aber auch gleich oben zum Fenster in einem Satz wieder hinaus. Das Schwein war hinter ihm her gelaufen, er aber hüpfte außen herum, und schlug die Thüre hinter ihm zu; da war das wüthende Thier gefangen, das viel zu plump war um zu dem Fenster hinaus zu springen. Das Schneiderlein rief die Jäger herbei, die mußten den Gefangenen mit eigenen Augen sehen; der Held aber begab sich zum Könige, der nun, er mochte wollen oder nicht, sein Versprechen halten und ihm seine Tochter und das halbe Königreich übergeben mußte. Hätte er gewußt daß kein Kriegsheld sondern ein

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/173>, abgerufen am 22.11.2024.