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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.

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Wie sie aber die Blumen abgebrochen hatte, in demselben Augenblick waren die zwölf Brüder in zwölf Raben verwandelt, und flogen über den Wald hin fort, und das Haus mit dem Garten war auch verschwunden. Da war nun das arme Mädchen allein in dem wilden Wald, und wie es sich umsah, so stand eine alte Frau neben ihm, die sprach 'mein Kind, was hast du angefangen? warum hast du die zwölf weißen Blumen nicht stehen lassen, das waren deine Brüder, die sind nun auf immer in Raben verwandelt.' Das Mädchen sprach weinend 'ist denn kein Mittel sie zu erlösen?' 'Nein,' sagte die Alte, 'es ist keins auf der ganzen Welt, als eins, das ist aber so schwer, daß du sie damit nicht befreien wirst, denn du mußt sieben Jahre stumm seyn, darfst nicht sprechen und nicht lachen, und sprichst du ein einziges Wort, und es fehlt nur eine Stunde an den sieben Jahren, so ist alles umsonst, und deine Brüder werden von deinem Wort getödtet.'

Da sprach das Mädchen in seinem Herzen 'ich will meine Brüder gewiß erlösen,' und gieng und suchte einen hohen Baum, setzte sich darauf, und spann, und sprach nicht, und lachte nicht. Nun trugs sich zu, daß ein König in dem Wald jagte, der hatte einen großen Windhund, der lief zu dem Baum, wo das Mädchen drauf saß, sprang herum, schrie und bellte hinauf. Da kam der König herbei, und sich die schöne Königstochter mit dem goldnen Stern auf der Stirne, und war so entzückt über ihre Schönheit, daß er ihr zurief ob sie seine Gemahlin werden wollte. Sie gab keine Antwort, nickte aber ein wenig

Wie sie aber die Blumen abgebrochen hatte, in demselben Augenblick waren die zwölf Brüder in zwölf Raben verwandelt, und flogen über den Wald hin fort, und das Haus mit dem Garten war auch verschwunden. Da war nun das arme Mädchen allein in dem wilden Wald, und wie es sich umsah, so stand eine alte Frau neben ihm, die sprach ‘mein Kind, was hast du angefangen? warum hast du die zwölf weißen Blumen nicht stehen lassen, das waren deine Brüder, die sind nun auf immer in Raben verwandelt.’ Das Mädchen sprach weinend ‘ist denn kein Mittel sie zu erlösen?’ ‘Nein,’ sagte die Alte, ‘es ist keins auf der ganzen Welt, als eins, das ist aber so schwer, daß du sie damit nicht befreien wirst, denn du mußt sieben Jahre stumm seyn, darfst nicht sprechen und nicht lachen, und sprichst du ein einziges Wort, und es fehlt nur eine Stunde an den sieben Jahren, so ist alles umsonst, und deine Brüder werden von deinem Wort getödtet.’

Da sprach das Mädchen in seinem Herzen ‘ich will meine Brüder gewiß erlösen,’ und gieng und suchte einen hohen Baum, setzte sich darauf, und spann, und sprach nicht, und lachte nicht. Nun trugs sich zu, daß ein König in dem Wald jagte, der hatte einen großen Windhund, der lief zu dem Baum, wo das Mädchen drauf saß, sprang herum, schrie und bellte hinauf. Da kam der König herbei, und sich die schöne Königstochter mit dem goldnen Stern auf der Stirne, und war so entzückt über ihre Schönheit, daß er ihr zurief ob sie seine Gemahlin werden wollte. Sie gab keine Antwort, nickte aber ein wenig

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[61/0110] Wie sie aber die Blumen abgebrochen hatte, in demselben Augenblick waren die zwölf Brüder in zwölf Raben verwandelt, und flogen über den Wald hin fort, und das Haus mit dem Garten war auch verschwunden. Da war nun das arme Mädchen allein in dem wilden Wald, und wie es sich umsah, so stand eine alte Frau neben ihm, die sprach ‘mein Kind, was hast du angefangen? warum hast du die zwölf weißen Blumen nicht stehen lassen, das waren deine Brüder, die sind nun auf immer in Raben verwandelt.’ Das Mädchen sprach weinend ‘ist denn kein Mittel sie zu erlösen?’ ‘Nein,’ sagte die Alte, ‘es ist keins auf der ganzen Welt, als eins, das ist aber so schwer, daß du sie damit nicht befreien wirst, denn du mußt sieben Jahre stumm seyn, darfst nicht sprechen und nicht lachen, und sprichst du ein einziges Wort, und es fehlt nur eine Stunde an den sieben Jahren, so ist alles umsonst, und deine Brüder werden von deinem Wort getödtet.’ Da sprach das Mädchen in seinem Herzen ‘ich will meine Brüder gewiß erlösen,’ und gieng und suchte einen hohen Baum, setzte sich darauf, und spann, und sprach nicht, und lachte nicht. Nun trugs sich zu, daß ein König in dem Wald jagte, der hatte einen großen Windhund, der lief zu dem Baum, wo das Mädchen drauf saß, sprang herum, schrie und bellte hinauf. Da kam der König herbei, und sich die schöne Königstochter mit dem goldnen Stern auf der Stirne, und war so entzückt über ihre Schönheit, daß er ihr zurief ob sie seine Gemahlin werden wollte. Sie gab keine Antwort, nickte aber ein wenig

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/110>, abgerufen am 25.11.2024.