Auf eine Zeit gieng das Hühnchen mit dem Hähnchen in den Nußberg, und sie machten miteinander aus wer einen Nußkern fände, sollte ihn mit den andern theilen. Nun fand das Hühnchen eine große große Nuß, sagte aber nichts davon, und wollte den Kern allein essen. Der Kern war aber so dick, daß es ihn nicht hinunter schlucken konnte, und er ihm im Hals stecken blieb, daß ihm angst wurde es müßte ersticken. Da schrie das Hühnchen 'Hähnchen, ich bitte dich lauf, was du kannst, und hol mir Wasser, sonst ersticke ich.' Das Hähnchen lief, was es konnte, zum Brunnen, und sprach 'Born, du sollst mir Wasser geben; das Hühnchen liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt, und will ersticken.' Der Brunnen antwortete 'lauf erst hin zur Braut, und laß dir rothe Seide geben.' Das Hähnchen lief zur Braut, 'Braut, du sollst mir rothe Seide geben; rothe Seide will ich dem Brunnen geben, der Brunnen soll mir Wasser geben, das Wasser will ich dem Hühnchen bringen, das liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt, und will ersticken.' Die Braut antwortete 'lauf erst, und hol mir mein Kränzlein, das blieb an einer Weide hängen.' Da lief das Hähnchen zur Weide
80. Von dem Tode des Huͤhnchens.
Auf eine Zeit gieng das Huͤhnchen mit dem Haͤhnchen in den Nußberg, und sie machten miteinander aus wer einen Nußkern faͤnde, sollte ihn mit den andern theilen. Nun fand das Huͤhnchen eine große große Nuß, sagte aber nichts davon, und wollte den Kern allein essen. Der Kern war aber so dick, daß es ihn nicht hinunter schlucken konnte, und er ihm im Hals stecken blieb, daß ihm angst wurde es muͤßte ersticken. Da schrie das Huͤhnchen ‘Haͤhnchen, ich bitte dich lauf, was du kannst, und hol mir Wasser, sonst ersticke ich.’ Das Haͤhnchen lief, was es konnte, zum Brunnen, und sprach ‘Born, du sollst mir Wasser geben; das Huͤhnchen liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt, und will ersticken.’ Der Brunnen antwortete ‘lauf erst hin zur Braut, und laß dir rothe Seide geben.’ Das Haͤhnchen lief zur Braut, ‘Braut, du sollst mir rothe Seide geben; rothe Seide will ich dem Brunnen geben, der Brunnen soll mir Wasser geben, das Wasser will ich dem Huͤhnchen bringen, das liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt, und will ersticken.’ Die Braut antwortete ‘lauf erst, und hol mir mein Kraͤnzlein, das blieb an einer Weide haͤngen.’ Da lief das Haͤhnchen zur Weide
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80.
Von dem Tode des Huͤhnchens.
Auf eine Zeit gieng das Huͤhnchen mit dem Haͤhnchen in den Nußberg, und sie machten miteinander aus wer einen Nußkern faͤnde, sollte ihn mit den andern theilen. Nun fand das Huͤhnchen eine große große Nuß, sagte aber nichts davon, und wollte den Kern allein essen. Der Kern war aber so dick, daß es ihn nicht hinunter schlucken konnte, und er ihm im Hals stecken blieb, daß ihm angst wurde es muͤßte ersticken. Da schrie das Huͤhnchen ‘Haͤhnchen, ich bitte dich lauf, was du kannst, und hol mir Wasser, sonst ersticke ich.’ Das Haͤhnchen lief, was es konnte, zum Brunnen, und sprach ‘Born, du sollst mir Wasser geben; das Huͤhnchen liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt, und will ersticken.’ Der Brunnen antwortete ‘lauf erst hin zur Braut, und laß dir rothe Seide geben.’ Das Haͤhnchen lief zur Braut, ‘Braut, du sollst mir rothe Seide geben; rothe Seide will ich dem Brunnen geben, der Brunnen soll mir Wasser geben, das Wasser will ich dem Huͤhnchen bringen, das liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt, und will ersticken.’ Die Braut antwortete ‘lauf erst, und hol mir mein Kraͤnzlein, das blieb an einer Weide haͤngen.’ Da lief das Haͤhnchen zur Weide
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/505>, abgerufen am 22.02.2025.
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