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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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es heim ins königliche Schloß. Dort wiesen sie ihm ein Ställchen an unter der Treppe, wo kein Tageslicht hinkam, und sagten ,Rauhthierchen, da kannst du wohnen und schlafen.' Dann wurde es in die Küche geschickt, da trug es Holz und Wasser, schürte das Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemüs, kehrte die Asche, und that alle schlechte Arbeit.

Da lebte Allerleirauh lange Zeit recht armselig. Ach, du schöne Königstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da sprach sie zum Koch ,darf ich ein wenig hinauf gehen und zu sehen; ich will mich außen vor die Thüre stellen.' Antwortete der Koch ,ja, geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier seyn, und die Asche zusammentragen.' Da nahm sie ihr Oehllämpchen, gieng in ihr Ställchen, und zog den Pelzrock aus, und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Händen ab, daß ihre Schönheit hervorkam, nicht anders als wie der helle Tag aus schwarzen Wolken hervor kommt. Dann machte sie die Nuß auf, und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glänzte. Und wie das geschehen war, gieng sie hinauf zum Fest, und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie, und meinten nicht anders als daß es eine Königstochter wäre. Der König aber kam ihr entgegen, und reichte ihr die Hand, und tanzte mit ihr, und dachte in seinem Herzen ,so schön haben meine Augen noch keine gesehen.' Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich, und wie sich der König umsah, war sie verschwunden, und niemand wußte wohin. Die

es heim ins koͤnigliche Schloß. Dort wiesen sie ihm ein Staͤllchen an unter der Treppe, wo kein Tageslicht hinkam, und sagten ‚Rauhthierchen, da kannst du wohnen und schlafen.‘ Dann wurde es in die Kuͤche geschickt, da trug es Holz und Wasser, schuͤrte das Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemuͤs, kehrte die Asche, und that alle schlechte Arbeit.

Da lebte Allerleirauh lange Zeit recht armselig. Ach, du schoͤne Koͤnigstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da sprach sie zum Koch ‚darf ich ein wenig hinauf gehen und zu sehen; ich will mich außen vor die Thuͤre stellen.‘ Antwortete der Koch ‚ja, geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier seyn, und die Asche zusammentragen.‘ Da nahm sie ihr Oehllaͤmpchen, gieng in ihr Staͤllchen, und zog den Pelzrock aus, und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Haͤnden ab, daß ihre Schoͤnheit hervorkam, nicht anders als wie der helle Tag aus schwarzen Wolken hervor kommt. Dann machte sie die Nuß auf, und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glaͤnzte. Und wie das geschehen war, gieng sie hinauf zum Fest, und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie, und meinten nicht anders als daß es eine Koͤnigstochter waͤre. Der Koͤnig aber kam ihr entgegen, und reichte ihr die Hand, und tanzte mit ihr, und dachte in seinem Herzen ‚so schoͤn haben meine Augen noch keine gesehen.‘ Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich, und wie sich der Koͤnig umsah, war sie verschwunden, und niemand wußte wohin. Die

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[420/0451] es heim ins koͤnigliche Schloß. Dort wiesen sie ihm ein Staͤllchen an unter der Treppe, wo kein Tageslicht hinkam, und sagten ‚Rauhthierchen, da kannst du wohnen und schlafen.‘ Dann wurde es in die Kuͤche geschickt, da trug es Holz und Wasser, schuͤrte das Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemuͤs, kehrte die Asche, und that alle schlechte Arbeit. Da lebte Allerleirauh lange Zeit recht armselig. Ach, du schoͤne Koͤnigstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da sprach sie zum Koch ‚darf ich ein wenig hinauf gehen und zu sehen; ich will mich außen vor die Thuͤre stellen.‘ Antwortete der Koch ‚ja, geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier seyn, und die Asche zusammentragen.‘ Da nahm sie ihr Oehllaͤmpchen, gieng in ihr Staͤllchen, und zog den Pelzrock aus, und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Haͤnden ab, daß ihre Schoͤnheit hervorkam, nicht anders als wie der helle Tag aus schwarzen Wolken hervor kommt. Dann machte sie die Nuß auf, und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glaͤnzte. Und wie das geschehen war, gieng sie hinauf zum Fest, und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie, und meinten nicht anders als daß es eine Koͤnigstochter waͤre. Der Koͤnig aber kam ihr entgegen, und reichte ihr die Hand, und tanzte mit ihr, und dachte in seinem Herzen ‚so schoͤn haben meine Augen noch keine gesehen.‘ Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich, und wie sich der Koͤnig umsah, war sie verschwunden, und niemand wußte wohin. Die

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/451>, abgerufen am 04.11.2024.