Zwei Königssöhne giengen einmal auf Abenteuer, und geriethen in ein wildes, wüstes Leben, so daß sie gar nicht wieder nach Haus kamen. Der jüngste, welcher der Dummling hieß, gieng aus, und suchte seine Brüder; aber wie er sie fand, verspotteten sie ihn, daß er mit seiner Einfalt sich durch die Welt schlagen wollte, da sie zwei nicht durchkämen, und wären doch viel klüger. Da zogen sie miteinander fort, und kamen an einen Ameisenhaufen. Die zwei ältesten wollten ihn aufwühlen, und sehen die kleinen Ameisen in der Angst herumkröchen, und ihre Eier forttrügen, aber der Dummling sagte 'laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie stört.' Da giengen sie weiter und kamen an einen See, auf dem schwammen viele viele Enten. Die zwei Brüder wollten ein paar fangen und braten, aber der Dummling sagte wieder 'laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie tödtet.' Endlich kamen sie an ein Bienennest, darin war so viel Honig, daß er am Stamm herunterlief. Die zwei wollten Feuer unter den Baum legen, und die Bienen ersticken, damit sie den Honig wegnehmen könnten. Der Dummling hielt sie aber wieder ab, und sprach 'laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie verbrennt.' Da kamen die drei Brüder in ein Schloß,
62. Die Bienenkoͤnigin.
Zwei Koͤnigssoͤhne giengen einmal auf Abenteuer, und geriethen in ein wildes, wuͤstes Leben, so daß sie gar nicht wieder nach Haus kamen. Der juͤngste, welcher der Dummling hieß, gieng aus, und suchte seine Bruͤder; aber wie er sie fand, verspotteten sie ihn, daß er mit seiner Einfalt sich durch die Welt schlagen wollte, da sie zwei nicht durchkaͤmen, und waͤren doch viel kluͤger. Da zogen sie miteinander fort, und kamen an einen Ameisenhaufen. Die zwei aͤltesten wollten ihn aufwuͤhlen, und sehen die kleinen Ameisen in der Angst herumkroͤchen, und ihre Eier forttruͤgen, aber der Dummling sagte ‘laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie stoͤrt.’ Da giengen sie weiter und kamen an einen See, auf dem schwammen viele viele Enten. Die zwei Bruͤder wollten ein paar fangen und braten, aber der Dummling sagte wieder ‘laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie toͤdtet.’ Endlich kamen sie an ein Bienennest, darin war so viel Honig, daß er am Stamm herunterlief. Die zwei wollten Feuer unter den Baum legen, und die Bienen ersticken, damit sie den Honig wegnehmen koͤnnten. Der Dummling hielt sie aber wieder ab, und sprach ‘laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie verbrennt.’ Da kamen die drei Bruͤder in ein Schloß,
<TEI><text><body><pbfacs="#f0435"n="404"/><divn="1"><head><hirendition="#b">62.<lb/>
Die Bienenkoͤnigin.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">Z</hi>wei Koͤnigssoͤhne giengen einmal auf Abenteuer, und geriethen in ein wildes, wuͤstes Leben, so daß sie gar nicht wieder nach Haus kamen. Der juͤngste, welcher der Dummling hieß, gieng aus, und suchte seine Bruͤder; aber wie er sie fand, verspotteten sie ihn, daß er mit seiner Einfalt sich durch die Welt schlagen wollte, da sie zwei nicht durchkaͤmen, und waͤren doch viel kluͤger. Da zogen sie miteinander fort, und kamen an einen Ameisenhaufen. Die zwei aͤltesten wollten ihn aufwuͤhlen, und sehen die kleinen Ameisen in der Angst herumkroͤchen, und ihre Eier forttruͤgen, aber der Dummling sagte ‘laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie stoͤrt.’ Da giengen sie weiter und kamen an einen See, auf dem schwammen viele viele Enten. Die zwei Bruͤder wollten ein paar fangen und braten, aber der Dummling sagte wieder ‘laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie toͤdtet.’ Endlich kamen sie an ein Bienennest, darin war so viel Honig, daß er am Stamm herunterlief. Die zwei wollten Feuer unter den Baum legen, und die Bienen ersticken, damit sie den Honig wegnehmen koͤnnten. Der Dummling hielt sie aber wieder ab, und sprach ‘laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie verbrennt.’ Da kamen die drei Bruͤder in ein Schloß,
</p></div></body></text></TEI>
[404/0435]
62.
Die Bienenkoͤnigin.
Zwei Koͤnigssoͤhne giengen einmal auf Abenteuer, und geriethen in ein wildes, wuͤstes Leben, so daß sie gar nicht wieder nach Haus kamen. Der juͤngste, welcher der Dummling hieß, gieng aus, und suchte seine Bruͤder; aber wie er sie fand, verspotteten sie ihn, daß er mit seiner Einfalt sich durch die Welt schlagen wollte, da sie zwei nicht durchkaͤmen, und waͤren doch viel kluͤger. Da zogen sie miteinander fort, und kamen an einen Ameisenhaufen. Die zwei aͤltesten wollten ihn aufwuͤhlen, und sehen die kleinen Ameisen in der Angst herumkroͤchen, und ihre Eier forttruͤgen, aber der Dummling sagte ‘laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie stoͤrt.’ Da giengen sie weiter und kamen an einen See, auf dem schwammen viele viele Enten. Die zwei Bruͤder wollten ein paar fangen und braten, aber der Dummling sagte wieder ‘laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie toͤdtet.’ Endlich kamen sie an ein Bienennest, darin war so viel Honig, daß er am Stamm herunterlief. Die zwei wollten Feuer unter den Baum legen, und die Bienen ersticken, damit sie den Honig wegnehmen koͤnnten. Der Dummling hielt sie aber wieder ab, und sprach ‘laßt die Thiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie verbrennt.’ Da kamen die drei Bruͤder in ein Schloß,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/435>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.