Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.denn dagegen war ihre Kunst umsonst, und als er losdrückte, stürzte sie gleich mit Geschrei herab. Da stellte er den Fuß auf sie, und sprach 'alte Hexe, wenn du nicht gleich gestehst wo mein Bruder ist, so pack ich dich auf, und werfe dich ins Feuer.' Sie war in großer Angst, und bat um Gnade, und sagte 'er liegt mit seinen Thieren versteinert in einem Graben.' Da zwang er sie mit hinzugehen, und sprach, 'alte Meerkatze, jetzt machst du meinen Bruder und alle Geschöpfe, die hier liegen, lebendig, oder du kommst ins Feuer.' Sie nahm eine Ruthe, und rührte die Steine an, da wurde sein Bruder mit den Thieren wieder lebendig, und viele andere, Kaufleute, Handwerker, Hirten, standen auf, dankten für ihre Befreiung, und zogen heim. Die Zwillingsbrüder aber, als sie sich wiedersahen, küßten sich und freuten sich von Herzen. Dann griffen sie die Hexe, banden sie, und legten sie ins Feuer, und als sie verbrannt war, da that sich der Wald von selbst auf, und war licht und hell, und man konnte das königliche Schloß auf drei Stunden Wegs sehen. Nun giengen die zwei Brüder zusammen nach Haus, und erzählten einander auf dem Weg ihre Schicksale. Und als der jüngste sagte, er wäre an des Königs Statt im ganzen Lande, sprach der andere 'das hab ich wohl gemerkt, denn als ich in die Stadt kam, und für dich angesehen wurde, da geschah mir alle königliche Ehre, die junge Königin hielt mich für ihren Gemahl, und ich mußte an ihrer Seite essen, und in deinem Bett schlafen.' Wie das der andere hörte, ward er so eifersüchtig und zornig, daß er sein Schwert zog, und seinem Bruder den Kopf denn dagegen war ihre Kunst umsonst, und als er losdruͤckte, stuͤrzte sie gleich mit Geschrei herab. Da stellte er den Fuß auf sie, und sprach ‘alte Hexe, wenn du nicht gleich gestehst wo mein Bruder ist, so pack ich dich auf, und werfe dich ins Feuer.’ Sie war in großer Angst, und bat um Gnade, und sagte ‘er liegt mit seinen Thieren versteinert in einem Graben.’ Da zwang er sie mit hinzugehen, und sprach, ‘alte Meerkatze, jetzt machst du meinen Bruder und alle Geschoͤpfe, die hier liegen, lebendig, oder du kommst ins Feuer.’ Sie nahm eine Ruthe, und ruͤhrte die Steine an, da wurde sein Bruder mit den Thieren wieder lebendig, und viele andere, Kaufleute, Handwerker, Hirten, standen auf, dankten fuͤr ihre Befreiung, und zogen heim. Die Zwillingsbruͤder aber, als sie sich wiedersahen, kuͤßten sich und freuten sich von Herzen. Dann griffen sie die Hexe, banden sie, und legten sie ins Feuer, und als sie verbrannt war, da that sich der Wald von selbst auf, und war licht und hell, und man konnte das koͤnigliche Schloß auf drei Stunden Wegs sehen. Nun giengen die zwei Bruͤder zusammen nach Haus, und erzaͤhlten einander auf dem Weg ihre Schicksale. Und als der juͤngste sagte, er waͤre an des Koͤnigs Statt im ganzen Lande, sprach der andere ‘das hab ich wohl gemerkt, denn als ich in die Stadt kam, und fuͤr dich angesehen wurde, da geschah mir alle koͤnigliche Ehre, die junge Koͤnigin hielt mich fuͤr ihren Gemahl, und ich mußte an ihrer Seite essen, und in deinem Bett schlafen.’ Wie das der andere hoͤrte, ward er so eifersuͤchtig und zornig, daß er sein Schwert zog, und seinem Bruder den Kopf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0425" n="394"/> denn dagegen war ihre Kunst umsonst, und als er losdruͤckte, stuͤrzte sie gleich mit Geschrei herab. 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Nun giengen die zwei Bruͤder zusammen nach Haus, und erzaͤhlten einander auf dem Weg ihre Schicksale. Und als der juͤngste sagte, er waͤre an des Koͤnigs Statt im ganzen Lande, sprach der andere ‘das hab ich wohl gemerkt, denn als ich in die Stadt kam, und fuͤr dich angesehen wurde, da geschah mir alle koͤnigliche Ehre, die junge Koͤnigin hielt mich fuͤr ihren Gemahl, und ich mußte an ihrer Seite essen, und in deinem Bett schlafen.’ Wie das der andere hoͤrte, ward er so eifersuͤchtig und zornig, daß er sein Schwert zog, und seinem Bruder den Kopf
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/425>, abgerufen am 16.02.2025. |