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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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Leben schenken, wenn er ihm nämlich das goldene Pferd brächte, welches noch schneller liefe als der Wind, und dann sollte er obendrein zur Belohnung den goldenen Vogel erhalten.

Der Königssohn machte sich auf den Weg, seufzte aber und war traurig, denn wo sollte er das goldene Pferd finden? Da sah er auf einmal seinen alten Freund, den Fuchs, an dem Wege sitzen. 'Siehst du,' sprach der Fuchs, 'so ist es gekommen, weil du mir nicht gehört hast. Doch sey gutes Muthes, ich will mich deiner annehmen, und dir sagen wie du zu dem goldenen Pferd gelangst. Du mußt gerades Weges fortgehen, so wirst du zu einem Schloß kommen, wo das Pferd im Stalle steht. Vor dem Stall werden die Stallknechte liegen, aber sie werden schlafen und schnarchen, und du kannst geruhig das goldne Pferd herausführen. Aber eins mußt du in acht nehmen, leg ihm den schlechten Sattel von Holz und Leder auf, und ja nicht den goldenen, der dabei hängt, sonst wird es dir schlimm ergehen.' Dann streckte der Fuchs seinen Schwanz aus, der Königssohn setzte sich auf, und es gieng fort über Stock und Stein daß die Haare pfiffen. Alles traf so ein, wie der Fuchs gesagt hatte, er kam in den Stall, wo das goldene Pferd stand; als er ihm aber den schlechten Sattel auflegen wollte, so dachte er 'ein so schönes Thier wird verschändet wenn ich ihm nicht den guten Sattel auflege, der ihm gebührt.' Kaum aber berührte der goldne Sattel das Pferd, so fieng es an laut zu wiehern. Die Stallknechte erwachten, ergriffen den Jüngling, und warfen ihn ins Gefängnis. Am andern Morgen wurde er vom Gericht zum

Leben schenken, wenn er ihm naͤmlich das goldene Pferd braͤchte, welches noch schneller liefe als der Wind, und dann sollte er obendrein zur Belohnung den goldenen Vogel erhalten.

Der Koͤnigssohn machte sich auf den Weg, seufzte aber und war traurig, denn wo sollte er das goldene Pferd finden? Da sah er auf einmal seinen alten Freund, den Fuchs, an dem Wege sitzen. ‘Siehst du,’ sprach der Fuchs, ‘so ist es gekommen, weil du mir nicht gehoͤrt hast. Doch sey gutes Muthes, ich will mich deiner annehmen, und dir sagen wie du zu dem goldenen Pferd gelangst. Du mußt gerades Weges fortgehen, so wirst du zu einem Schloß kommen, wo das Pferd im Stalle steht. Vor dem Stall werden die Stallknechte liegen, aber sie werden schlafen und schnarchen, und du kannst geruhig das goldne Pferd herausfuͤhren. Aber eins mußt du in acht nehmen, leg ihm den schlechten Sattel von Holz und Leder auf, und ja nicht den goldenen, der dabei haͤngt, sonst wird es dir schlimm ergehen.’ Dann streckte der Fuchs seinen Schwanz aus, der Koͤnigssohn setzte sich auf, und es gieng fort uͤber Stock und Stein daß die Haare pfiffen. Alles traf so ein, wie der Fuchs gesagt hatte, er kam in den Stall, wo das goldene Pferd stand; als er ihm aber den schlechten Sattel auflegen wollte, so dachte er ‘ein so schoͤnes Thier wird verschaͤndet wenn ich ihm nicht den guten Sattel auflege, der ihm gebuͤhrt.’ Kaum aber beruͤhrte der goldne Sattel das Pferd, so fieng es an laut zu wiehern. Die Stallknechte erwachten, ergriffen den Juͤngling, und warfen ihn ins Gefaͤngnis. Am andern Morgen wurde er vom Gericht zum

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[347/0378] Leben schenken, wenn er ihm naͤmlich das goldene Pferd braͤchte, welches noch schneller liefe als der Wind, und dann sollte er obendrein zur Belohnung den goldenen Vogel erhalten. Der Koͤnigssohn machte sich auf den Weg, seufzte aber und war traurig, denn wo sollte er das goldene Pferd finden? Da sah er auf einmal seinen alten Freund, den Fuchs, an dem Wege sitzen. ‘Siehst du,’ sprach der Fuchs, ‘so ist es gekommen, weil du mir nicht gehoͤrt hast. Doch sey gutes Muthes, ich will mich deiner annehmen, und dir sagen wie du zu dem goldenen Pferd gelangst. Du mußt gerades Weges fortgehen, so wirst du zu einem Schloß kommen, wo das Pferd im Stalle steht. Vor dem Stall werden die Stallknechte liegen, aber sie werden schlafen und schnarchen, und du kannst geruhig das goldne Pferd herausfuͤhren. Aber eins mußt du in acht nehmen, leg ihm den schlechten Sattel von Holz und Leder auf, und ja nicht den goldenen, der dabei haͤngt, sonst wird es dir schlimm ergehen.’ Dann streckte der Fuchs seinen Schwanz aus, der Koͤnigssohn setzte sich auf, und es gieng fort uͤber Stock und Stein daß die Haare pfiffen. Alles traf so ein, wie der Fuchs gesagt hatte, er kam in den Stall, wo das goldene Pferd stand; als er ihm aber den schlechten Sattel auflegen wollte, so dachte er ‘ein so schoͤnes Thier wird verschaͤndet wenn ich ihm nicht den guten Sattel auflege, der ihm gebuͤhrt.’ Kaum aber beruͤhrte der goldne Sattel das Pferd, so fieng es an laut zu wiehern. Die Stallknechte erwachten, ergriffen den Juͤngling, und warfen ihn ins Gefaͤngnis. Am andern Morgen wurde er vom Gericht zum

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/378>, abgerufen am 22.11.2024.