Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.'so heiß ich nicht.' Den zweiten Tag ließ sie herumfragen bei allen Leuten, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten vor, Rippenbiest, Hammelswade, Schnürbein, aber es blieb dabei 'so heiß ich nicht.' Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte 'neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein, und schrie 'heute back ich, morgen brau ich übermorgen hol ich der Königin ihr Kind; ach, wie gut ist daß niemand weiß daß ich Rumpelstilzchen heiß!' Da war die Königin ganz froh daß sie den Namen wußte, und als bald hernach das Männlein kam, und sprach 'nun, Frau Königin, wie heiß ich?' fragte sie erst 'heißest du Cunz?' 'Nein.' 'Heißest du Heinz?' 'Nein.' 'Heißt du etwa Rumpelstilzchen?' 'Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt' schrie das Männlein, und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Händen, und riß sich selbst mitten entzwei. ‘so heiß ich nicht.’ Den zweiten Tag ließ sie herumfragen bei allen Leuten, und sagte dem Maͤnnlein die ungewoͤhnlichsten und seltsamsten vor, Rippenbiest, Hammelswade, Schnuͤrbein, aber es blieb dabei ‘so heiß ich nicht.’ Den dritten Tag kam der Bote wieder zuruͤck und erzaͤhlte ‘neue Namen habe ich keinen einzigen finden koͤnnen, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu laͤcherliches Maͤnnchen, huͤpfte auf einem Bein, und schrie ‘heute back ich, morgen brau ich uͤbermorgen hol ich der Koͤnigin ihr Kind; ach, wie gut ist daß niemand weiß daß ich Rumpelstilzchen heiß!’ Da war die Koͤnigin ganz froh daß sie den Namen wußte, und als bald hernach das Maͤnnlein kam, und sprach ‘nun, Frau Koͤnigin, wie heiß ich?’ fragte sie erst ‘heißest du Cunz?’ ‘Nein.’ ‘Heißest du Heinz?’ ‘Nein.’ ‘Heißt du etwa Rumpelstilzchen?’ ‘Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt’ schrie das Maͤnnlein, und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Haͤnden, und riß sich selbst mitten entzwei. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0367" n="336"/> ‘so heiß ich nicht.’ Den zweiten Tag ließ sie herumfragen bei allen Leuten, und sagte dem Maͤnnlein die ungewoͤhnlichsten und seltsamsten vor, Rippenbiest, Hammelswade, Schnuͤrbein, aber es blieb dabei ‘so heiß ich nicht.’ Den dritten Tag kam der Bote wieder zuruͤck und erzaͤhlte ‘neue Namen habe ich keinen einzigen finden koͤnnen, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu laͤcherliches Maͤnnchen, huͤpfte auf einem Bein, und schrie</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘heute back ich, morgen brau ich</l><lb/> <l>uͤbermorgen hol ich der Koͤnigin ihr Kind;</l><lb/> <l>ach, wie gut ist daß niemand weiß</l><lb/> <l>daß ich Rumpelstilzchen heiß!’</l><lb/> </lg> <p>Da war die Koͤnigin ganz froh daß sie den Namen wußte, und als bald hernach das Maͤnnlein kam, und sprach ‘nun, Frau Koͤnigin, wie heiß ich?’ fragte sie erst ‘heißest du Cunz?’ ‘Nein.’ ‘Heißest du Heinz?’ ‘Nein.’</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘Heißt du etwa Rumpelstilzchen?’</l><lb/> </lg> <p>‘Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt’ schrie das Maͤnnlein, und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Haͤnden, und riß sich selbst mitten entzwei.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [336/0367]
‘so heiß ich nicht.’ Den zweiten Tag ließ sie herumfragen bei allen Leuten, und sagte dem Maͤnnlein die ungewoͤhnlichsten und seltsamsten vor, Rippenbiest, Hammelswade, Schnuͤrbein, aber es blieb dabei ‘so heiß ich nicht.’ Den dritten Tag kam der Bote wieder zuruͤck und erzaͤhlte ‘neue Namen habe ich keinen einzigen finden koͤnnen, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu laͤcherliches Maͤnnchen, huͤpfte auf einem Bein, und schrie
‘heute back ich, morgen brau ich
uͤbermorgen hol ich der Koͤnigin ihr Kind;
ach, wie gut ist daß niemand weiß
daß ich Rumpelstilzchen heiß!’
Da war die Koͤnigin ganz froh daß sie den Namen wußte, und als bald hernach das Maͤnnlein kam, und sprach ‘nun, Frau Koͤnigin, wie heiß ich?’ fragte sie erst ‘heißest du Cunz?’ ‘Nein.’ ‘Heißest du Heinz?’ ‘Nein.’
‘Heißt du etwa Rumpelstilzchen?’
‘Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt’ schrie das Maͤnnlein, und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Haͤnden, und riß sich selbst mitten entzwei.
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