Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.aber Sneewittchen über den Bergen bei den sieben Zwergen ist noch tausendmal schöner als ihr.' Als sie den Spiegel so reden hörte, zitterte und bebte sie vor Zorn. 'Sneewittchen soll sterben,' rief sie, 'und wenn es mein eigenes Leben kostet.' Darauf gieng sie in eine ganz verborgene einsame Kammer, wo niemand hinkam, und machte da einen giftigen giftigen Apfel. Aeußerlich sah er schön aus, weiß mit rothen Backen, daß jeder, der ihn erblickte, Lust darnach bekam, aber wer ein Stückchen davon aß, der mußte sterben. Als der Apfel fertig war, färbte sie sich das Gesicht, und verkleidete sich in eine Bauersfrau, und so gieng sie über die sieben Berge zu den sieben Zwergen. Sie klopfte an, Sneewittchen streckte den Kopf zum Fenster heraus, und sprach 'ich darf keinen Menschen einlassen, die sieben Zwerge haben mirs verboten.' 'Mir auch recht,' antwortete die Bäuerin, 'meine Äpfel will ich schon los werden. Da, einen will ich dir schenken.' 'Nein', sprach Sneewittchen, 'ich darf nichts annehmen.' 'Fürchtest du dich vor Gift?' sprach die Alte. 'Siehst du, da schneide ich den Apfel in zwei Theile; den rothen Backen iß du, den weißen will ich essen.' Der Apfel war aber so künstlich gemacht, daß der rothe Backen allein vergiftet war. Sneewittchen lusterte den schönen Apfel an, und als es sah daß die Bäuerin davon aß, so konnte es nicht länger widerstehen, streckte die Hand hinaus, und nahm die giftige Hälfte. Kaum aber hatte es einen Bissen davon im Mund, so fiel es todt zur Erde nieder. Da betrachtete es die aber Sneewittchen uͤber den Bergen bei den sieben Zwergen ist noch tausendmal schoͤner als ihr.’ Als sie den Spiegel so reden hoͤrte, zitterte und bebte sie vor Zorn. ‘Sneewittchen soll sterben,’ rief sie, ‘und wenn es mein eigenes Leben kostet.’ Darauf gieng sie in eine ganz verborgene einsame Kammer, wo niemand hinkam, und machte da einen giftigen giftigen Apfel. Aeußerlich sah er schoͤn aus, weiß mit rothen Backen, daß jeder, der ihn erblickte, Lust darnach bekam, aber wer ein Stuͤckchen davon aß, der mußte sterben. Als der Apfel fertig war, faͤrbte sie sich das Gesicht, und verkleidete sich in eine Bauersfrau, und so gieng sie uͤber die sieben Berge zu den sieben Zwergen. Sie klopfte an, Sneewittchen streckte den Kopf zum Fenster heraus, und sprach ‘ich darf keinen Menschen einlassen, die sieben Zwerge haben mirs verboten.’ ‘Mir auch recht,’ antwortete die Baͤuerin, ‘meine Äpfel will ich schon los werden. Da, einen will ich dir schenken.’ ‘Nein’, sprach Sneewittchen, ‘ich darf nichts annehmen.’ ‘Fuͤrchtest du dich vor Gift?’ sprach die Alte. ‘Siehst du, da schneide ich den Apfel in zwei Theile; den rothen Backen iß du, den weißen will ich essen.’ Der Apfel war aber so kuͤnstlich gemacht, daß der rothe Backen allein vergiftet war. Sneewittchen lusterte den schoͤnen Apfel an, und als es sah daß die Baͤuerin davon aß, so konnte es nicht laͤnger widerstehen, streckte die Hand hinaus, und nahm die giftige Haͤlfte. Kaum aber hatte es einen Bissen davon im Mund, so fiel es todt zur Erde nieder. Da betrachtete es die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0352" n="321"/> <lg type="poem"> <l>aber Sneewittchen uͤber den Bergen</l><lb/> <l>bei den sieben Zwergen</l><lb/> <l>ist noch tausendmal schoͤner als ihr.’</l><lb/> </lg> <p>Als sie den Spiegel so reden hoͤrte, zitterte und bebte sie vor Zorn. ‘Sneewittchen soll sterben,’ rief sie, ‘und wenn es mein eigenes Leben kostet.’ Darauf gieng sie in eine ganz verborgene einsame Kammer, wo niemand hinkam, und machte da einen giftigen giftigen Apfel. Aeußerlich sah er schoͤn aus, weiß mit rothen Backen, daß jeder, der ihn erblickte, Lust darnach bekam, aber wer ein Stuͤckchen davon aß, der mußte sterben. Als der Apfel fertig war, faͤrbte sie sich das Gesicht, und verkleidete sich in eine Bauersfrau, und so gieng sie uͤber die sieben Berge zu den sieben Zwergen. Sie klopfte an, Sneewittchen streckte den Kopf zum Fenster heraus, und sprach ‘ich darf keinen Menschen einlassen, die sieben Zwerge haben mirs verboten.’ ‘Mir auch recht,’ antwortete die Baͤuerin, ‘meine Äpfel will ich schon los werden. Da, einen will ich dir schenken.’ ‘Nein’, sprach Sneewittchen, ‘ich darf nichts annehmen.’ ‘Fuͤrchtest du dich vor Gift?’ sprach die Alte. ‘Siehst du, da schneide ich den Apfel in zwei Theile; den rothen Backen iß du, den weißen will ich essen.’ Der Apfel war aber so kuͤnstlich gemacht, daß der rothe Backen allein vergiftet war. Sneewittchen lusterte den schoͤnen Apfel an, und als es sah daß die Baͤuerin davon aß, so konnte es nicht laͤnger widerstehen, streckte die Hand hinaus, und nahm die giftige Haͤlfte. Kaum aber hatte es einen Bissen davon im Mund, so fiel es todt zur Erde nieder. Da betrachtete es die </p> </div> </body> </text> </TEI> [321/0352]
aber Sneewittchen uͤber den Bergen
bei den sieben Zwergen
ist noch tausendmal schoͤner als ihr.’
Als sie den Spiegel so reden hoͤrte, zitterte und bebte sie vor Zorn. ‘Sneewittchen soll sterben,’ rief sie, ‘und wenn es mein eigenes Leben kostet.’ Darauf gieng sie in eine ganz verborgene einsame Kammer, wo niemand hinkam, und machte da einen giftigen giftigen Apfel. Aeußerlich sah er schoͤn aus, weiß mit rothen Backen, daß jeder, der ihn erblickte, Lust darnach bekam, aber wer ein Stuͤckchen davon aß, der mußte sterben. Als der Apfel fertig war, faͤrbte sie sich das Gesicht, und verkleidete sich in eine Bauersfrau, und so gieng sie uͤber die sieben Berge zu den sieben Zwergen. Sie klopfte an, Sneewittchen streckte den Kopf zum Fenster heraus, und sprach ‘ich darf keinen Menschen einlassen, die sieben Zwerge haben mirs verboten.’ ‘Mir auch recht,’ antwortete die Baͤuerin, ‘meine Äpfel will ich schon los werden. Da, einen will ich dir schenken.’ ‘Nein’, sprach Sneewittchen, ‘ich darf nichts annehmen.’ ‘Fuͤrchtest du dich vor Gift?’ sprach die Alte. ‘Siehst du, da schneide ich den Apfel in zwei Theile; den rothen Backen iß du, den weißen will ich essen.’ Der Apfel war aber so kuͤnstlich gemacht, daß der rothe Backen allein vergiftet war. Sneewittchen lusterte den schoͤnen Apfel an, und als es sah daß die Baͤuerin davon aß, so konnte es nicht laͤnger widerstehen, streckte die Hand hinaus, und nahm die giftige Haͤlfte. Kaum aber hatte es einen Bissen davon im Mund, so fiel es todt zur Erde nieder. Da betrachtete es die
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/352>, abgerufen am 16.02.2025. |