Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.einmal trat der Königssohn in goldenen Kleidern daher, und als er die schöne Frau in der Thüre stehen sah, ergriff er sie bei der Hand, und wollte mit ihr tanzen, aber sie wollte nicht, und erschrack, denn sie sah daß es der König Drosselbart war, der um sie gefreit und den sie mit Spott abgewiesen hatte. Als sie sich sträubte, zog er sie herein, da gieng das Band auf, welches die Taschen hielt, und die Töpfe fielen heraus, daß die Suppe floß, und die Brocken umher sprangen. Und wie das die Leute sahen, entstand ein allgemeines Gelächter und Spotten, und sie war so beschämt, daß sie sich lieber tausend Klafter unter die Erde gewünscht hätte. Sie sprang zur Thüre, und wollte entfliehen, aber auf der Treppe holte sie ein Mann ein, und bracht sie zurück: und wie sie ihn ansah, war es der König Drosselbart selbst, der sprach ihr freundlich zu, 'fürchte dich nicht, ich und der Spielmann, der mit dir in dem elenden Häuschen gewohnt hat, sind eins: dir zur Liebe habe ich mich so verstellt, und der Husar, der dir die Töpfe entzwei geritten hat, bin ich auch gewesen. Das alles ist geschehen, um deinen stolzen Sinn zu beugen, und dich für deinen Hochmuth, womit du mich verspottet hast, zu strafen. Nun aber ist's vorüber, und jetzt soll unser Hochzeitfest seyn.' Da kamen die Kammerfrauen, und thaten ihr die prächtigsten Kleider an, und ihr Vater kam und der ganze Hof, und wünschten ihr Glück zu ihrer Vermählung mit dem König Drosselbart, und die rechte Freude fieng jetzt erst an. Jch wollte, du und ich, wir wären auch dabei gewesen. einmal trat der Koͤnigssohn in goldenen Kleidern daher, und als er die schoͤne Frau in der Thuͤre stehen sah, ergriff er sie bei der Hand, und wollte mit ihr tanzen, aber sie wollte nicht, und erschrack, denn sie sah daß es der Koͤnig Drosselbart war, der um sie gefreit und den sie mit Spott abgewiesen hatte. Als sie sich straͤubte, zog er sie herein, da gieng das Band auf, welches die Taschen hielt, und die Toͤpfe fielen heraus, daß die Suppe floß, und die Brocken umher sprangen. Und wie das die Leute sahen, entstand ein allgemeines Gelaͤchter und Spotten, und sie war so beschaͤmt, daß sie sich lieber tausend Klafter unter die Erde gewuͤnscht haͤtte. Sie sprang zur Thuͤre, und wollte entfliehen, aber auf der Treppe holte sie ein Mann ein, und bracht sie zuruͤck: und wie sie ihn ansah, war es der Koͤnig Drosselbart selbst, der sprach ihr freundlich zu, ‘fuͤrchte dich nicht, ich und der Spielmann, der mit dir in dem elenden Haͤuschen gewohnt hat, sind eins: dir zur Liebe habe ich mich so verstellt, und der Husar, der dir die Toͤpfe entzwei geritten hat, bin ich auch gewesen. Das alles ist geschehen, um deinen stolzen Sinn zu beugen, und dich fuͤr deinen Hochmuth, womit du mich verspottet hast, zu strafen. Nun aber ist’s voruͤber, und jetzt soll unser Hochzeitfest seyn.’ Da kamen die Kammerfrauen, und thaten ihr die praͤchtigsten Kleider an, und ihr Vater kam und der ganze Hof, und wuͤnschten ihr Gluͤck zu ihrer Vermaͤhlung mit dem Koͤnig Drosselbart, und die rechte Freude fieng jetzt erst an. Jch wollte, du und ich, wir waͤren auch dabei gewesen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0343" n="312"/> einmal trat der Koͤnigssohn in goldenen Kleidern daher, und als er die schoͤne Frau in der Thuͤre stehen sah, ergriff er sie bei der Hand, und wollte mit ihr tanzen, aber sie wollte nicht, und erschrack, denn sie sah daß es der Koͤnig Drosselbart war, der um sie gefreit und den sie mit Spott abgewiesen hatte. Als sie sich straͤubte, zog er sie herein, da gieng das Band auf, welches die Taschen hielt, und die Toͤpfe fielen heraus, daß die Suppe floß, und die Brocken umher sprangen. Und wie das die Leute sahen, entstand ein allgemeines Gelaͤchter und Spotten, und sie war so beschaͤmt, daß sie sich lieber tausend Klafter unter die Erde gewuͤnscht haͤtte. Sie sprang zur Thuͤre, und wollte entfliehen, aber auf der Treppe holte sie ein Mann ein, und bracht sie zuruͤck: und wie sie ihn ansah, war es der Koͤnig Drosselbart selbst, der sprach ihr freundlich zu, ‘fuͤrchte dich nicht, ich und der Spielmann, der mit dir in dem elenden Haͤuschen gewohnt hat, sind eins: dir zur Liebe habe ich mich so verstellt, und der Husar, der dir die Toͤpfe entzwei geritten hat, bin ich auch gewesen. Das alles ist geschehen, um deinen stolzen Sinn zu beugen, und dich fuͤr deinen Hochmuth, womit du mich verspottet hast, zu strafen. Nun aber ist’s voruͤber, und jetzt soll unser Hochzeitfest seyn.’ Da kamen die Kammerfrauen, und thaten ihr die praͤchtigsten Kleider an, und ihr Vater kam und der ganze Hof, und wuͤnschten ihr Gluͤck zu ihrer Vermaͤhlung mit dem Koͤnig Drosselbart, und die rechte Freude fieng jetzt erst an. Jch wollte, du und ich, wir waͤren auch dabei gewesen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [312/0343]
einmal trat der Koͤnigssohn in goldenen Kleidern daher, und als er die schoͤne Frau in der Thuͤre stehen sah, ergriff er sie bei der Hand, und wollte mit ihr tanzen, aber sie wollte nicht, und erschrack, denn sie sah daß es der Koͤnig Drosselbart war, der um sie gefreit und den sie mit Spott abgewiesen hatte. Als sie sich straͤubte, zog er sie herein, da gieng das Band auf, welches die Taschen hielt, und die Toͤpfe fielen heraus, daß die Suppe floß, und die Brocken umher sprangen. Und wie das die Leute sahen, entstand ein allgemeines Gelaͤchter und Spotten, und sie war so beschaͤmt, daß sie sich lieber tausend Klafter unter die Erde gewuͤnscht haͤtte. Sie sprang zur Thuͤre, und wollte entfliehen, aber auf der Treppe holte sie ein Mann ein, und bracht sie zuruͤck: und wie sie ihn ansah, war es der Koͤnig Drosselbart selbst, der sprach ihr freundlich zu, ‘fuͤrchte dich nicht, ich und der Spielmann, der mit dir in dem elenden Haͤuschen gewohnt hat, sind eins: dir zur Liebe habe ich mich so verstellt, und der Husar, der dir die Toͤpfe entzwei geritten hat, bin ich auch gewesen. Das alles ist geschehen, um deinen stolzen Sinn zu beugen, und dich fuͤr deinen Hochmuth, womit du mich verspottet hast, zu strafen. Nun aber ist’s voruͤber, und jetzt soll unser Hochzeitfest seyn.’ Da kamen die Kammerfrauen, und thaten ihr die praͤchtigsten Kleider an, und ihr Vater kam und der ganze Hof, und wuͤnschten ihr Gluͤck zu ihrer Vermaͤhlung mit dem Koͤnig Drosselbart, und die rechte Freude fieng jetzt erst an. Jch wollte, du und ich, wir waͤren auch dabei gewesen.
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