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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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hatten, war die Viertelstunde herum, und sie flogen als Schwäne wieder zum Fenster hinaus.

Das Mädchen aber dachte in seinem Herzen es wollte seine Brüder erlösen, und wenn es auch sein Leben koste. Am andern Morgen gieng es aus, sammelte Sternblumen, und fieng an zu nähen. Reden konnte es mit niemand, und zum lachen hatte es keine Lust: es saß da und sah nur auf seine Arbeit. Als es schon lange Zeit da zugebracht hatte, geschah es, daß der König des Landes in dem Wald jagte, und seine Jäger zu dem Baum kamen, auf welchem das Mädchen saß. Sie riefen es an und sagten 'wer bist du?' Es gab aber keine Anwort. 'Komm herab zu uns,' sagten sie, 'wir wollen dir nichts zu Leid thun.' Es schüttelte bloß mit dem Kopf. Als sie es weiter mit Fragen bedrängten, so warf es ihnen seine goldene Halskette herab, und dachte sie damit zufrieden zu stellen. Sie ließen aber nicht ab, da warf es ihnen seinen Gürtel herab, und als auch dies nicht half, seine Strumpfbänder, und nach und nach alles, was es anhatte und entbehren konnte, so daß es nichts mehr als sein Hemdlein behielt. Die Jäger ließen sich aber damit nicht abweisen, stiegen auf den Baum, hoben das Mädchen herab, und führten es vor den König. Der König fragte 'wer bist du? was machst du auf dem Baum?' Aber es antwortete nicht. Er fragte es in allen Sprachen die er wußte, aber es blieb stumm wie ein Fisch. Weil es aber so schön war, so ward des Königs Herz gerührt, und er faßte eine große Liebe zu ihm. Er that ihm seinen Mantel um, nahm es vor sich aufs Pferd, und brachte es in sein

hatten, war die Viertelstunde herum, und sie flogen als Schwaͤne wieder zum Fenster hinaus.

Das Maͤdchen aber dachte in seinem Herzen es wollte seine Bruͤder erloͤsen, und wenn es auch sein Leben koste. Am andern Morgen gieng es aus, sammelte Sternblumen, und fieng an zu naͤhen. Reden konnte es mit niemand, und zum lachen hatte es keine Lust: es saß da und sah nur auf seine Arbeit. Als es schon lange Zeit da zugebracht hatte, geschah es, daß der Koͤnig des Landes in dem Wald jagte, und seine Jaͤger zu dem Baum kamen, auf welchem das Maͤdchen saß. Sie riefen es an und sagten ‘wer bist du?’ Es gab aber keine Anwort. ‘Komm herab zu uns,’ sagten sie, ‘wir wollen dir nichts zu Leid thun.’ Es schuͤttelte bloß mit dem Kopf. Als sie es weiter mit Fragen bedraͤngten, so warf es ihnen seine goldene Halskette herab, und dachte sie damit zufrieden zu stellen. Sie ließen aber nicht ab, da warf es ihnen seinen Guͤrtel herab, und als auch dies nicht half, seine Strumpfbaͤnder, und nach und nach alles, was es anhatte und entbehren konnte, so daß es nichts mehr als sein Hemdlein behielt. Die Jaͤger ließen sich aber damit nicht abweisen, stiegen auf den Baum, hoben das Maͤdchen herab, und fuͤhrten es vor den Koͤnig. Der Koͤnig fragte ‘wer bist du? was machst du auf dem Baum?’ Aber es antwortete nicht. Er fragte es in allen Sprachen die er wußte, aber es blieb stumm wie ein Fisch. Weil es aber so schoͤn war, so ward des Koͤnigs Herz geruͤhrt, und er faßte eine große Liebe zu ihm. Er that ihm seinen Mantel um, nahm es vor sich aufs Pferd, und brachte es in sein

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[295/0326] hatten, war die Viertelstunde herum, und sie flogen als Schwaͤne wieder zum Fenster hinaus. Das Maͤdchen aber dachte in seinem Herzen es wollte seine Bruͤder erloͤsen, und wenn es auch sein Leben koste. Am andern Morgen gieng es aus, sammelte Sternblumen, und fieng an zu naͤhen. Reden konnte es mit niemand, und zum lachen hatte es keine Lust: es saß da und sah nur auf seine Arbeit. Als es schon lange Zeit da zugebracht hatte, geschah es, daß der Koͤnig des Landes in dem Wald jagte, und seine Jaͤger zu dem Baum kamen, auf welchem das Maͤdchen saß. Sie riefen es an und sagten ‘wer bist du?’ Es gab aber keine Anwort. ‘Komm herab zu uns,’ sagten sie, ‘wir wollen dir nichts zu Leid thun.’ Es schuͤttelte bloß mit dem Kopf. Als sie es weiter mit Fragen bedraͤngten, so warf es ihnen seine goldene Halskette herab, und dachte sie damit zufrieden zu stellen. Sie ließen aber nicht ab, da warf es ihnen seinen Guͤrtel herab, und als auch dies nicht half, seine Strumpfbaͤnder, und nach und nach alles, was es anhatte und entbehren konnte, so daß es nichts mehr als sein Hemdlein behielt. Die Jaͤger ließen sich aber damit nicht abweisen, stiegen auf den Baum, hoben das Maͤdchen herab, und fuͤhrten es vor den Koͤnig. Der Koͤnig fragte ‘wer bist du? was machst du auf dem Baum?’ Aber es antwortete nicht. Er fragte es in allen Sprachen die er wußte, aber es blieb stumm wie ein Fisch. Weil es aber so schoͤn war, so ward des Koͤnigs Herz geruͤhrt, und er faßte eine große Liebe zu ihm. Er that ihm seinen Mantel um, nahm es vor sich aufs Pferd, und brachte es in sein

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/326>, abgerufen am 25.11.2024.