Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.Essen giebt,' sagte der Daumerling, 'so gehe ich fort, und schreibe morgen früh mit Kreide an ihre Hausthüre Kartoffel zu viel, Fleisch zu wenig, Adies, Herr Kartoffelkönig.' 'Was willst du wohl, Grashüpfer?' sagte die Meisterin, ward bös, ergriff einen Lappen, und wollte los schlagen: mein Schneiderlein aber kroch behende unter den Fingerhut, guckte unten hervor, und streckte der Frau Meisterin die Zunge heraus. Sie hob schnell den Fingerhut auf, und wollte ihn packen, aber der Daumerling hüpfte in die Lappen, und wie die Meisterin die Lappen auseinander warf und ihn suchte, machte er sich in den Tischritz. 'He, he, Frau Meisterin,' rief er, und steckte den Kopf in die Höhe, und wenn sie zuschlagen wollte, sprang er in die Schublade hinunter. Endlich aber erwischte sie ihn doch, und jagte ihn zum Haus hinaus. Das Schneiderlein wanderte und kam in einen großen Wald, da begegnete ihm ein Haufen Räuber, die hatten vor des Königs Schatz zu bestehlen. Als sie das Schneiderlein sahen, dachten sie 'so ein Jnstrument kann uns viel nützen.' 'Heda,' rief einer, 'du Riese Goliath, willst du mit zur Schatzkammer gehen? du kannst dich hineinschleichen und das Geld herauswerfen.' Der Daumerling besann sich, endlich sagte er ja, und gieng mit zu der Schatzkammer. Da besah er die Thüre oben und unten, ob kein Ritz darin wäre. Glücklicherweise fand er einen, und wollte gleich einsteigen, aber die eine Schildwache sprach zur andern 'was kriegt da für eine garstige Spinne? die will ich todt treten.' 'Ei, laß das arme Thier gehen,' sagte die Essen giebt,’ sagte der Daumerling, ‘so gehe ich fort, und schreibe morgen fruͤh mit Kreide an ihre Hausthuͤre Kartoffel zu viel, Fleisch zu wenig, Adies, Herr Kartoffelkoͤnig.’ ‘Was willst du wohl, Grashuͤpfer?’ sagte die Meisterin, ward boͤs, ergriff einen Lappen, und wollte los schlagen: mein Schneiderlein aber kroch behende unter den Fingerhut, guckte unten hervor, und streckte der Frau Meisterin die Zunge heraus. Sie hob schnell den Fingerhut auf, und wollte ihn packen, aber der Daumerling huͤpfte in die Lappen, und wie die Meisterin die Lappen auseinander warf und ihn suchte, machte er sich in den Tischritz. ‘He, he, Frau Meisterin,’ rief er, und steckte den Kopf in die Hoͤhe, und wenn sie zuschlagen wollte, sprang er in die Schublade hinunter. Endlich aber erwischte sie ihn doch, und jagte ihn zum Haus hinaus. Das Schneiderlein wanderte und kam in einen großen Wald, da begegnete ihm ein Haufen Raͤuber, die hatten vor des Koͤnigs Schatz zu bestehlen. Als sie das Schneiderlein sahen, dachten sie ‘so ein Jnstrument kann uns viel nuͤtzen.’ ‘Heda,’ rief einer, ‘du Riese Goliath, willst du mit zur Schatzkammer gehen? du kannst dich hineinschleichen und das Geld herauswerfen.’ Der Daumerling besann sich, endlich sagte er ja, und gieng mit zu der Schatzkammer. Da besah er die Thuͤre oben und unten, ob kein Ritz darin waͤre. Gluͤcklicherweise fand er einen, und wollte gleich einsteigen, aber die eine Schildwache sprach zur andern ‘was kriegt da fuͤr eine garstige Spinne? die will ich todt treten.’ ‘Ei, laß das arme Thier gehen,’ sagte die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0296" n="265"/> Essen giebt,’ sagte der Daumerling, ‘so gehe ich fort, und schreibe morgen fruͤh mit Kreide an ihre Hausthuͤre Kartoffel zu viel, Fleisch zu wenig, Adies, Herr Kartoffelkoͤnig.’ ‘Was willst du wohl, Grashuͤpfer?’ sagte die Meisterin, ward boͤs, ergriff einen Lappen, und wollte los schlagen: mein Schneiderlein aber kroch behende unter den Fingerhut, guckte unten hervor, und streckte der Frau Meisterin die Zunge heraus. Sie hob schnell den Fingerhut auf, und wollte ihn packen, aber der Daumerling huͤpfte in die Lappen, und wie die Meisterin die Lappen auseinander warf und ihn suchte, machte er sich in den Tischritz. ‘He, he, Frau Meisterin,’ rief er, und steckte den Kopf in die Hoͤhe, und wenn sie zuschlagen wollte, sprang er in die Schublade hinunter. Endlich aber erwischte sie ihn doch, und jagte ihn zum Haus hinaus.</p><lb/> <p>Das Schneiderlein wanderte und kam in einen großen Wald, da begegnete ihm ein Haufen Raͤuber, die hatten vor des Koͤnigs Schatz zu bestehlen. Als sie das Schneiderlein sahen, dachten sie ‘so ein Jnstrument kann uns viel nuͤtzen.’ ‘Heda,’ rief einer, ‘du Riese Goliath, willst du mit zur Schatzkammer gehen? du kannst dich hineinschleichen und das Geld herauswerfen.’ Der Daumerling besann sich, endlich sagte er ja, und gieng mit zu der Schatzkammer. Da besah er die Thuͤre oben und unten, ob kein Ritz darin waͤre. Gluͤcklicherweise fand er einen, und wollte gleich einsteigen, aber die eine Schildwache sprach zur andern ‘was kriegt da fuͤr eine garstige Spinne? die will ich todt treten.’ ‘Ei, laß das arme Thier gehen,’ sagte die </p> </div> </body> </text> </TEI> [265/0296]
Essen giebt,’ sagte der Daumerling, ‘so gehe ich fort, und schreibe morgen fruͤh mit Kreide an ihre Hausthuͤre Kartoffel zu viel, Fleisch zu wenig, Adies, Herr Kartoffelkoͤnig.’ ‘Was willst du wohl, Grashuͤpfer?’ sagte die Meisterin, ward boͤs, ergriff einen Lappen, und wollte los schlagen: mein Schneiderlein aber kroch behende unter den Fingerhut, guckte unten hervor, und streckte der Frau Meisterin die Zunge heraus. Sie hob schnell den Fingerhut auf, und wollte ihn packen, aber der Daumerling huͤpfte in die Lappen, und wie die Meisterin die Lappen auseinander warf und ihn suchte, machte er sich in den Tischritz. ‘He, he, Frau Meisterin,’ rief er, und steckte den Kopf in die Hoͤhe, und wenn sie zuschlagen wollte, sprang er in die Schublade hinunter. Endlich aber erwischte sie ihn doch, und jagte ihn zum Haus hinaus.
Das Schneiderlein wanderte und kam in einen großen Wald, da begegnete ihm ein Haufen Raͤuber, die hatten vor des Koͤnigs Schatz zu bestehlen. Als sie das Schneiderlein sahen, dachten sie ‘so ein Jnstrument kann uns viel nuͤtzen.’ ‘Heda,’ rief einer, ‘du Riese Goliath, willst du mit zur Schatzkammer gehen? du kannst dich hineinschleichen und das Geld herauswerfen.’ Der Daumerling besann sich, endlich sagte er ja, und gieng mit zu der Schatzkammer. Da besah er die Thuͤre oben und unten, ob kein Ritz darin waͤre. Gluͤcklicherweise fand er einen, und wollte gleich einsteigen, aber die eine Schildwache sprach zur andern ‘was kriegt da fuͤr eine garstige Spinne? die will ich todt treten.’ ‘Ei, laß das arme Thier gehen,’ sagte die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |