Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
23.
Von dem Mäuschen, Vögelchen und der Bratwurst.

Es waren einmal ein Mäuschen, ein Vögelchen und eine Bratwurst in Gesellschaft gerathen, hatten einen Haushalt geführt, lange wohl und köstlich im Frieden gelebt, und trefflich an Gütern zugenommen. Des Vögelchens Arbeit war, daß es täglich im Wald fliegen und Holz beibringen müßte. Die Maus sollte Wasser tragen, Feuer anmachen und den Tisch decken, die Bratwurst aber sollte kochen.

Wem zu wohl ist, den gelüstet immer nach neuen Dingen! Also eines Tages stieß dem Vöglein unterweges ein anderer Vogel auf, dem es seine treffliche Gelegenheit erzählte und rühmte. Derselbe andere Vogel schalt es aber einen armen Tropfen, der große Arbeit, die beiden zu Haus aber gute Tage hätten. Denn, wenn die Maus ihr Feuer angemacht und Wasser getragen hatte, so begab sie sich in ihr Kämmerlein zur Ruhe bis man sie heiße den Tisch decken. Das Würstlein blieb beim Hafen, sahe zu daß die Speise wohl kochte, und wann es bald Essenszeit war, schlingte es sich ein mal viere durch den Brei oder das Gemüs, so war es geschmalzen, gesalzen und bereitet: kam dann das Vöglein heim, und legte seine Bürde ab, so

23.
Von dem Maͤuschen, Voͤgelchen und der Bratwurst.

Es waren einmal ein Maͤuschen, ein Voͤgelchen und eine Bratwurst in Gesellschaft gerathen, hatten einen Haushalt gefuͤhrt, lange wohl und koͤstlich im Frieden gelebt, und trefflich an Guͤtern zugenommen. Des Voͤgelchens Arbeit war, daß es taͤglich im Wald fliegen und Holz beibringen muͤßte. Die Maus sollte Wasser tragen, Feuer anmachen und den Tisch decken, die Bratwurst aber sollte kochen.

Wem zu wohl ist, den geluͤstet immer nach neuen Dingen! Also eines Tages stieß dem Voͤglein unterweges ein anderer Vogel auf, dem es seine treffliche Gelegenheit erzaͤhlte und ruͤhmte. Derselbe andere Vogel schalt es aber einen armen Tropfen, der große Arbeit, die beiden zu Haus aber gute Tage haͤtten. Denn, wenn die Maus ihr Feuer angemacht und Wasser getragen hatte, so begab sie sich in ihr Kaͤmmerlein zur Ruhe bis man sie heiße den Tisch decken. Das Wuͤrstlein blieb beim Hafen, sahe zu daß die Speise wohl kochte, und wann es bald Essenszeit war, schlingte es sich ein mal viere durch den Brei oder das Gemuͤs, so war es geschmalzen, gesalzen und bereitet: kam dann das Voͤglein heim, und legte seine Buͤrde ab, so

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0182" n="151"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">23.<lb/>
Von dem Ma&#x0364;uschen, Vo&#x0364;gelchen und der Bratwurst.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s waren einmal ein Ma&#x0364;uschen, ein Vo&#x0364;gelchen und eine Bratwurst in Gesellschaft gerathen, hatten einen Haushalt gefu&#x0364;hrt, lange wohl und ko&#x0364;stlich im Frieden gelebt, und trefflich an Gu&#x0364;tern zugenommen. Des Vo&#x0364;gelchens Arbeit war, daß es ta&#x0364;glich im Wald fliegen und Holz beibringen mu&#x0364;ßte. Die Maus sollte Wasser tragen, Feuer anmachen und den Tisch decken, die Bratwurst aber sollte kochen.</p><lb/>
        <p>Wem zu wohl ist, den gelu&#x0364;stet immer nach neuen Dingen! Also eines Tages stieß dem Vo&#x0364;glein unterweges ein anderer Vogel auf, dem es seine treffliche Gelegenheit erza&#x0364;hlte und ru&#x0364;hmte. Derselbe andere Vogel schalt es aber einen armen Tropfen, der große Arbeit, die beiden zu Haus aber gute Tage ha&#x0364;tten. Denn, wenn die Maus ihr Feuer angemacht und Wasser getragen hatte, so begab sie sich in ihr Ka&#x0364;mmerlein zur Ruhe bis man sie heiße den Tisch decken. Das Wu&#x0364;rstlein blieb beim Hafen, sahe zu daß die Speise wohl kochte, und wann es bald Essenszeit war, schlingte es sich ein mal viere durch den Brei oder das Gemu&#x0364;s, so war es geschmalzen, gesalzen und bereitet: kam dann das Vo&#x0364;glein heim, und legte seine Bu&#x0364;rde ab, so
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0182] 23. Von dem Maͤuschen, Voͤgelchen und der Bratwurst. Es waren einmal ein Maͤuschen, ein Voͤgelchen und eine Bratwurst in Gesellschaft gerathen, hatten einen Haushalt gefuͤhrt, lange wohl und koͤstlich im Frieden gelebt, und trefflich an Guͤtern zugenommen. Des Voͤgelchens Arbeit war, daß es taͤglich im Wald fliegen und Holz beibringen muͤßte. Die Maus sollte Wasser tragen, Feuer anmachen und den Tisch decken, die Bratwurst aber sollte kochen. Wem zu wohl ist, den geluͤstet immer nach neuen Dingen! Also eines Tages stieß dem Voͤglein unterweges ein anderer Vogel auf, dem es seine treffliche Gelegenheit erzaͤhlte und ruͤhmte. Derselbe andere Vogel schalt es aber einen armen Tropfen, der große Arbeit, die beiden zu Haus aber gute Tage haͤtten. Denn, wenn die Maus ihr Feuer angemacht und Wasser getragen hatte, so begab sie sich in ihr Kaͤmmerlein zur Ruhe bis man sie heiße den Tisch decken. Das Wuͤrstlein blieb beim Hafen, sahe zu daß die Speise wohl kochte, und wann es bald Essenszeit war, schlingte es sich ein mal viere durch den Brei oder das Gemuͤs, so war es geschmalzen, gesalzen und bereitet: kam dann das Voͤglein heim, und legte seine Buͤrde ab, so

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/182
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/182>, abgerufen am 24.11.2024.