es zwölf Jahr alt war schloß es die Zauberin in einen Thurm, der in einem Walde lag, und weder Treppe noch Thüre hatte, nur ganz oben war ein kleines Fensterchen. Wenn die Zauberin hinein wollte, so stellte sie sich unten hin, und rief
'Rapunzel, Rapunzel, laß mir dein Haar herunter.'
Rapunzel hatte lange prächtige Haare, fein wie gesponnen Gold. Wenn sie nun die Stimme der Zauberin vernahm, so band sie ihre Zöpfe los, wickelte sie oben um einen Fensterhacken, und dann fielen die Haare zwanzig Ellen tief herunter, und die Zauberin stieg daran hinauf.
Nach ein paar Jahren trug es sich zu, daß der Sohn des Königs durch den Wald ritt, und an dem Thurm vorüber kam. Da hörte er einen so lieblichen Gesang, daß er still hielt, und horchte. Das war Rapunzel, die in ihrer Einsamkeit sich die Zeit damit vertrieb, ihre süße Stimme erschallen zu lassen. Der Königssohn suchte vergeblich nach einer Thüre des Thurms, der Gesang hatte ihm aber so sehr das Herz gerührt, daß er jeden Tag hinaus in den Wald gieng und darauf horchte. Als er einmal so hinter einem Baume stand, sah er die Zauberin herankommen, und hörte wie sie hinauf rief
'Rapunzel, Rapunzel, laß dein Haar herunter.'
Da ließ Rapunzel die Haarflechten herab, und die Zauberin stieg zu ihr hinauf. 'Jst das die Leiter auf welcher man hinauf kommt,' sprach der Königssohn, 'so will ich auch einmal mein
es zwoͤlf Jahr alt war schloß es die Zauberin in einen Thurm, der in einem Walde lag, und weder Treppe noch Thuͤre hatte, nur ganz oben war ein kleines Fensterchen. Wenn die Zauberin hinein wollte, so stellte sie sich unten hin, und rief
‘Rapunzel, Rapunzel, laß mir dein Haar herunter.’
Rapunzel hatte lange praͤchtige Haare, fein wie gesponnen Gold. Wenn sie nun die Stimme der Zauberin vernahm, so band sie ihre Zoͤpfe los, wickelte sie oben um einen Fensterhacken, und dann fielen die Haare zwanzig Ellen tief herunter, und die Zauberin stieg daran hinauf.
Nach ein paar Jahren trug es sich zu, daß der Sohn des Koͤnigs durch den Wald ritt, und an dem Thurm voruͤber kam. Da hoͤrte er einen so lieblichen Gesang, daß er still hielt, und horchte. Das war Rapunzel, die in ihrer Einsamkeit sich die Zeit damit vertrieb, ihre suͤße Stimme erschallen zu lassen. Der Koͤnigssohn suchte vergeblich nach einer Thuͤre des Thurms, der Gesang hatte ihm aber so sehr das Herz geruͤhrt, daß er jeden Tag hinaus in den Wald gieng und darauf horchte. Als er einmal so hinter einem Baume stand, sah er die Zauberin herankommen, und hoͤrte wie sie hinauf rief
‘Rapunzel, Rapunzel, laß dein Haar herunter.’
Da ließ Rapunzel die Haarflechten herab, und die Zauberin stieg zu ihr hinauf. ‘Jst das die Leiter auf welcher man hinauf kommt,’ sprach der Koͤnigssohn, ‘so will ich auch einmal mein
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es zwoͤlf Jahr alt war schloß es die Zauberin in einen Thurm, der in einem Walde lag, und weder Treppe noch Thuͤre hatte, nur ganz oben war ein kleines Fensterchen. Wenn die Zauberin hinein wollte, so stellte sie sich unten hin, und rief
‘Rapunzel, Rapunzel,
laß mir dein Haar herunter.’
Rapunzel hatte lange praͤchtige Haare, fein wie gesponnen Gold. Wenn sie nun die Stimme der Zauberin vernahm, so band sie ihre Zoͤpfe los, wickelte sie oben um einen Fensterhacken, und dann fielen die Haare zwanzig Ellen tief herunter, und die Zauberin stieg daran hinauf.
Nach ein paar Jahren trug es sich zu, daß der Sohn des Koͤnigs durch den Wald ritt, und an dem Thurm voruͤber kam. Da hoͤrte er einen so lieblichen Gesang, daß er still hielt, und horchte. Das war Rapunzel, die in ihrer Einsamkeit sich die Zeit damit vertrieb, ihre suͤße Stimme erschallen zu lassen. Der Koͤnigssohn suchte vergeblich nach einer Thuͤre des Thurms, der Gesang hatte ihm aber so sehr das Herz geruͤhrt, daß er jeden Tag hinaus in den Wald gieng und darauf horchte. Als er einmal so hinter einem Baume stand, sah er die Zauberin herankommen, und hoͤrte wie sie hinauf rief
‘Rapunzel, Rapunzel,
laß dein Haar herunter.’
Da ließ Rapunzel die Haarflechten herab, und die Zauberin stieg zu ihr hinauf. ‘Jst das die Leiter auf welcher man hinauf kommt,’ sprach der Koͤnigssohn, ‘so will ich auch einmal mein
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/109>, abgerufen am 16.07.2024.
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