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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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Mutter darin saß und weil er so hoch war, wünschte er eine Leiter die bis oben hin reichte. Da stieg er hinauf und sah hinein und rief: "herzliebste Mutter, Frau Königin, seyd ihr noch am Leben oder seyd ihr todt? Sie antwortete: "ich habe ja eben gegessen und bin noch satt," und meinte die Engel wären da. Sprach er: "ich bin euer lieber Sohn, den die wilden Thiere euch sollen vom Schooß geraubt haben; aber ich bin noch am Leben und will euch bald erretten." Nun stieg er herab und ging zu seinem Herrn Vater, und ließ sich anmelden als ein fremder Jäger, ob der könnte Dienste bei ihm haben. Antwortete der König ja! wenn er gelernt wäre und ihm Wildprett schaffen könnte, sollte er herkommen; es hatte sich aber auf der ganzen Gränze und Gegend niemals Wild aufgehalten. Da versprach der Jäger, er wollte so viel schaffen, als er nur auf der königlichen Tafel brauchen könnte. Dann hieß er die Jägerei zusammen kommen, sie sollten alle mit ihm hinaus in den Wald gehen. Da gingen sie mit, und draußen hieß er sie einen großen Kreis schließen, der an einem Ende offen blieb, und dann stellte er sich hinein und fing an zu wünschen. Alsbald kamen zweihundert und etliche Stück Wildprett in den Kreis gelaufen, und die Jäger mußten es schießen. Da ward es auf sechszig Bauerwagen geladen und dem König heimgefahren; da konnte er einmal seine Tafel mit Wildprett zieren, nachdem er lange Jahre keins gehabt.

Nun hatte der König große Freude darüber und bestellte, es sollte des andern Tags seine ganze Hofhaltung bei ihm speisen, und machte ein großes Gastmal. Wie sie alle beisammen

Mutter darin saß und weil er so hoch war, wuͤnschte er eine Leiter die bis oben hin reichte. Da stieg er hinauf und sah hinein und rief: „herzliebste Mutter, Frau Koͤnigin, seyd ihr noch am Leben oder seyd ihr todt? Sie antwortete: „ich habe ja eben gegessen und bin noch satt,“ und meinte die Engel waͤren da. Sprach er: „ich bin euer lieber Sohn, den die wilden Thiere euch sollen vom Schooß geraubt haben; aber ich bin noch am Leben und will euch bald erretten.“ Nun stieg er herab und ging zu seinem Herrn Vater, und ließ sich anmelden als ein fremder Jaͤger, ob der koͤnnte Dienste bei ihm haben. Antwortete der Koͤnig ja! wenn er gelernt waͤre und ihm Wildprett schaffen koͤnnte, sollte er herkommen; es hatte sich aber auf der ganzen Graͤnze und Gegend niemals Wild aufgehalten. Da versprach der Jaͤger, er wollte so viel schaffen, als er nur auf der koͤniglichen Tafel brauchen koͤnnte. Dann hieß er die Jaͤgerei zusammen kommen, sie sollten alle mit ihm hinaus in den Wald gehen. Da gingen sie mit, und draußen hieß er sie einen großen Kreis schließen, der an einem Ende offen blieb, und dann stellte er sich hinein und fing an zu wuͤnschen. Alsbald kamen zweihundert und etliche Stuͤck Wildprett in den Kreis gelaufen, und die Jaͤger mußten es schießen. Da ward es auf sechszig Bauerwagen geladen und dem Koͤnig heimgefahren; da konnte er einmal seine Tafel mit Wildprett zieren, nachdem er lange Jahre keins gehabt.

Nun hatte der Koͤnig große Freude daruͤber und bestellte, es sollte des andern Tags seine ganze Hofhaltung bei ihm speisen, und machte ein großes Gastmal. Wie sie alle beisammen

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[395/0459] Mutter darin saß und weil er so hoch war, wuͤnschte er eine Leiter die bis oben hin reichte. Da stieg er hinauf und sah hinein und rief: „herzliebste Mutter, Frau Koͤnigin, seyd ihr noch am Leben oder seyd ihr todt? Sie antwortete: „ich habe ja eben gegessen und bin noch satt,“ und meinte die Engel waͤren da. Sprach er: „ich bin euer lieber Sohn, den die wilden Thiere euch sollen vom Schooß geraubt haben; aber ich bin noch am Leben und will euch bald erretten.“ Nun stieg er herab und ging zu seinem Herrn Vater, und ließ sich anmelden als ein fremder Jaͤger, ob der koͤnnte Dienste bei ihm haben. Antwortete der Koͤnig ja! wenn er gelernt waͤre und ihm Wildprett schaffen koͤnnte, sollte er herkommen; es hatte sich aber auf der ganzen Graͤnze und Gegend niemals Wild aufgehalten. Da versprach der Jaͤger, er wollte so viel schaffen, als er nur auf der koͤniglichen Tafel brauchen koͤnnte. Dann hieß er die Jaͤgerei zusammen kommen, sie sollten alle mit ihm hinaus in den Wald gehen. Da gingen sie mit, und draußen hieß er sie einen großen Kreis schließen, der an einem Ende offen blieb, und dann stellte er sich hinein und fing an zu wuͤnschen. Alsbald kamen zweihundert und etliche Stuͤck Wildprett in den Kreis gelaufen, und die Jaͤger mußten es schießen. Da ward es auf sechszig Bauerwagen geladen und dem Koͤnig heimgefahren; da konnte er einmal seine Tafel mit Wildprett zieren, nachdem er lange Jahre keins gehabt. Nun hatte der Koͤnig große Freude daruͤber und bestellte, es sollte des andern Tags seine ganze Hofhaltung bei ihm speisen, und machte ein großes Gastmal. Wie sie alle beisammen

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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/459>, abgerufen am 23.11.2024.