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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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Aber Gott schickte zwei Engel vom Himmel in Gestalt von weißen Tauben, die mußten täglich zweimal zu ihr fliegen und ihr das Essen bringen, bis die sieben Jahre herum waren.

Der Koch aber dachte bei sich, hat das Kind wünschliche Gedanken und ich bin hier, so könnte es mich leicht ins Unglück bringen, wenn ich nicht bei ihm bin. Da machte er sich vom Schloß weg und ging zu dem Knaben, der war schon so groß, das er sprechen konnte. Sprach der Koch: "wünsche dir ein schönes Schloß, mit einem Garten und was dazu gehört," und wie es der Königssohn ausgesprochen, so stand alles das Gewünschte da. Ueber eine Zeit sprach der Koch zu ihm: "es ist nicht gut, daß du so allein bist, wünsche dir eine schöne Jungfrau zur Gesellschaft." Da wünschte sie der Königssohn und sie war gleich da und so schön, wie sie kein Mahler mahlen konnte. Nun spielten die beide zusammen und hatten sich von Herzen lieb, und der alte Koch ging auf die Jagd, wie ein vornehmer Mann. Es kam ihm aber der Gedanke, der Königssohn könnte einmal wünschen bei seinem Vater zu seyn, und könnte ihn in große Noth bringen. Da ging er heim, nahm das Mädchen beiseit und sprach: "diese Nacht, wenn der Knabe schläft, so geh an sein Bett und stoß ihm das Messer ins Herz und bring mir Zunge und Leber von ihm, und wenn du das nicht thust, so sollst du dein Leben verlieren. Darauf ging er fort, und als er am andern Tag wieder kam, so hatte sie es nicht gethan und sprach: "was soll ich ein unschuldiges Blut ums Leben bringen, daß noch niemand beleidigt hat!" Sprach der Koch wieder: "wo du es nicht

Aber Gott schickte zwei Engel vom Himmel in Gestalt von weißen Tauben, die mußten taͤglich zweimal zu ihr fliegen und ihr das Essen bringen, bis die sieben Jahre herum waren.

Der Koch aber dachte bei sich, hat das Kind wuͤnschliche Gedanken und ich bin hier, so koͤnnte es mich leicht ins Ungluͤck bringen, wenn ich nicht bei ihm bin. Da machte er sich vom Schloß weg und ging zu dem Knaben, der war schon so groß, das er sprechen konnte. Sprach der Koch: „wuͤnsche dir ein schoͤnes Schloß, mit einem Garten und was dazu gehoͤrt,“ und wie es der Koͤnigssohn ausgesprochen, so stand alles das Gewuͤnschte da. Ueber eine Zeit sprach der Koch zu ihm: „es ist nicht gut, daß du so allein bist, wuͤnsche dir eine schoͤne Jungfrau zur Gesellschaft.“ Da wuͤnschte sie der Koͤnigssohn und sie war gleich da und so schoͤn, wie sie kein Mahler mahlen konnte. Nun spielten die beide zusammen und hatten sich von Herzen lieb, und der alte Koch ging auf die Jagd, wie ein vornehmer Mann. Es kam ihm aber der Gedanke, der Koͤnigssohn koͤnnte einmal wuͤnschen bei seinem Vater zu seyn, und koͤnnte ihn in große Noth bringen. Da ging er heim, nahm das Maͤdchen beiseit und sprach: „diese Nacht, wenn der Knabe schlaͤft, so geh an sein Bett und stoß ihm das Messer ins Herz und bring mir Zunge und Leber von ihm, und wenn du das nicht thust, so sollst du dein Leben verlieren. Darauf ging er fort, und als er am andern Tag wieder kam, so hatte sie es nicht gethan und sprach: „was soll ich ein unschuldiges Blut ums Leben bringen, daß noch niemand beleidigt hat!“ Sprach der Koch wieder: „wo du es nicht

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[393/0457] Aber Gott schickte zwei Engel vom Himmel in Gestalt von weißen Tauben, die mußten taͤglich zweimal zu ihr fliegen und ihr das Essen bringen, bis die sieben Jahre herum waren. Der Koch aber dachte bei sich, hat das Kind wuͤnschliche Gedanken und ich bin hier, so koͤnnte es mich leicht ins Ungluͤck bringen, wenn ich nicht bei ihm bin. Da machte er sich vom Schloß weg und ging zu dem Knaben, der war schon so groß, das er sprechen konnte. Sprach der Koch: „wuͤnsche dir ein schoͤnes Schloß, mit einem Garten und was dazu gehoͤrt,“ und wie es der Koͤnigssohn ausgesprochen, so stand alles das Gewuͤnschte da. Ueber eine Zeit sprach der Koch zu ihm: „es ist nicht gut, daß du so allein bist, wuͤnsche dir eine schoͤne Jungfrau zur Gesellschaft.“ Da wuͤnschte sie der Koͤnigssohn und sie war gleich da und so schoͤn, wie sie kein Mahler mahlen konnte. Nun spielten die beide zusammen und hatten sich von Herzen lieb, und der alte Koch ging auf die Jagd, wie ein vornehmer Mann. Es kam ihm aber der Gedanke, der Koͤnigssohn koͤnnte einmal wuͤnschen bei seinem Vater zu seyn, und koͤnnte ihn in große Noth bringen. Da ging er heim, nahm das Maͤdchen beiseit und sprach: „diese Nacht, wenn der Knabe schlaͤft, so geh an sein Bett und stoß ihm das Messer ins Herz und bring mir Zunge und Leber von ihm, und wenn du das nicht thust, so sollst du dein Leben verlieren. Darauf ging er fort, und als er am andern Tag wieder kam, so hatte sie es nicht gethan und sprach: „was soll ich ein unschuldiges Blut ums Leben bringen, daß noch niemand beleidigt hat!“ Sprach der Koch wieder: „wo du es nicht

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/457>, abgerufen am 23.11.2024.