Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.und hatte das andere abgeschnallt und neben sich gelegt. "Ei, sprach der Herr, du hast dirs ja bequem gemacht zum Ausruhen." "Jch bin ein Laufer antwortete er, und damit ich nicht gar zu schnell springe, habe ich mir das eine Bein abgeschnallt; denn wenn ich mit zwei Beinen laufe, so gehts geschwinder als ein Vogel fliegt." O, geh mit mir, wenn wir fünf zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen." Da ging er mit, und gar nicht lang, so begegneten sie einem, der hatte ein Hütchen auf, hatte es aber ganz auf dem einen Ohr sitzen. Da sprach der Herr zu ihm: "manierlich! manierlich! setz deinen Hut doch ein bißchen gerad, du siehst ja aus wie ein Hans Narr." "Jch darfs nicht thun, sprach der andere, denn setz ich meinen Hut gerad, so kommt ein gewaltiger, entsetzlicher Frost und die Vögel unter dem Himmel erfrieren und fallen todt zur Erde." "O, geh mit mir, sprach der Herr, wenn wir sechs zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen." Nun gingen die sechse in die Stadt, wo der König hatte bekannt machen lassen, wer mit seiner Tochter in die Wette laufe und den Sieg davon trage, der solle ihr Gemahl werden; wer aber verliere, müsse auch seinen Kopf hergeben. Da meldete sich der Mann und sprach: "ich will aber meinen Diener für mich laufen lassen." Der König antwortete: "dann mußt du auch noch dessen Leben zum Pfand setzen, also daß sein und dein Kopf für den Sieg haften." Nun ward das verabredet und fest gemacht, da schnallte der Mann dem Laufer das andere Bein an und sprach zu ihm: "nun sey hurtig und hilf, daß wir siegen." und hatte das andere abgeschnallt und neben sich gelegt. „Ei, sprach der Herr, du hast dirs ja bequem gemacht zum Ausruhen.“ „Jch bin ein Laufer antwortete er, und damit ich nicht gar zu schnell springe, habe ich mir das eine Bein abgeschnallt; denn wenn ich mit zwei Beinen laufe, so gehts geschwinder als ein Vogel fliegt.“ O, geh mit mir, wenn wir fuͤnf zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.“ Da ging er mit, und gar nicht lang, so begegneten sie einem, der hatte ein Huͤtchen auf, hatte es aber ganz auf dem einen Ohr sitzen. Da sprach der Herr zu ihm: „manierlich! manierlich! setz deinen Hut doch ein bißchen gerad, du siehst ja aus wie ein Hans Narr.“ „Jch darfs nicht thun, sprach der andere, denn setz ich meinen Hut gerad, so kommt ein gewaltiger, entsetzlicher Frost und die Voͤgel unter dem Himmel erfrieren und fallen todt zur Erde.“ „O, geh mit mir, sprach der Herr, wenn wir sechs zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.“ Nun gingen die sechse in die Stadt, wo der Koͤnig hatte bekannt machen lassen, wer mit seiner Tochter in die Wette laufe und den Sieg davon trage, der solle ihr Gemahl werden; wer aber verliere, muͤsse auch seinen Kopf hergeben. Da meldete sich der Mann und sprach: „ich will aber meinen Diener fuͤr mich laufen lassen.“ Der Koͤnig antwortete: „dann mußt du auch noch dessen Leben zum Pfand setzen, also daß sein und dein Kopf fuͤr den Sieg haften.“ Nun ward das verabredet und fest gemacht, da schnallte der Mann dem Laufer das andere Bein an und sprach zu ihm: „nun sey hurtig und hilf, daß wir siegen.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0444" n="380"/> und hatte das andere abgeschnallt und neben sich gelegt. „Ei, sprach der Herr, du hast dirs ja bequem gemacht zum Ausruhen.“ „Jch bin ein Laufer antwortete er, und damit ich nicht gar zu schnell springe, habe ich mir das eine Bein abgeschnallt; denn wenn ich mit zwei Beinen laufe, so gehts geschwinder als ein Vogel fliegt.“ O, geh mit mir, wenn wir fuͤnf zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.“ Da ging er mit, und gar nicht lang, so begegneten sie einem, der hatte ein Huͤtchen auf, hatte es aber ganz auf dem einen Ohr sitzen. Da sprach der Herr zu ihm: „manierlich! manierlich! setz deinen Hut doch ein bißchen gerad, du siehst ja aus wie ein Hans Narr.“ „Jch darfs nicht thun, sprach der andere, denn setz ich meinen Hut gerad, so kommt ein gewaltiger, entsetzlicher Frost und die Voͤgel unter dem Himmel erfrieren und fallen todt zur Erde.“ „O, geh mit mir, sprach der Herr, wenn wir sechs zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.“</p><lb/> <p>Nun gingen die sechse in die Stadt, wo der Koͤnig hatte bekannt machen lassen, wer mit seiner Tochter in die Wette laufe und den Sieg davon trage, der solle ihr Gemahl werden; wer aber verliere, muͤsse auch seinen Kopf hergeben. Da meldete sich der Mann und sprach: „ich will aber meinen Diener fuͤr mich laufen lassen.“ Der Koͤnig antwortete: „dann mußt du auch noch dessen Leben zum Pfand setzen, also daß sein und dein Kopf fuͤr den Sieg haften.“ Nun ward das verabredet und fest gemacht, da schnallte der Mann dem Laufer das andere Bein an und sprach zu ihm: „nun sey hurtig und hilf, daß wir siegen.“ </p> </div> </body> </text> </TEI> [380/0444]
und hatte das andere abgeschnallt und neben sich gelegt. „Ei, sprach der Herr, du hast dirs ja bequem gemacht zum Ausruhen.“ „Jch bin ein Laufer antwortete er, und damit ich nicht gar zu schnell springe, habe ich mir das eine Bein abgeschnallt; denn wenn ich mit zwei Beinen laufe, so gehts geschwinder als ein Vogel fliegt.“ O, geh mit mir, wenn wir fuͤnf zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.“ Da ging er mit, und gar nicht lang, so begegneten sie einem, der hatte ein Huͤtchen auf, hatte es aber ganz auf dem einen Ohr sitzen. Da sprach der Herr zu ihm: „manierlich! manierlich! setz deinen Hut doch ein bißchen gerad, du siehst ja aus wie ein Hans Narr.“ „Jch darfs nicht thun, sprach der andere, denn setz ich meinen Hut gerad, so kommt ein gewaltiger, entsetzlicher Frost und die Voͤgel unter dem Himmel erfrieren und fallen todt zur Erde.“ „O, geh mit mir, sprach der Herr, wenn wir sechs zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.“
Nun gingen die sechse in die Stadt, wo der Koͤnig hatte bekannt machen lassen, wer mit seiner Tochter in die Wette laufe und den Sieg davon trage, der solle ihr Gemahl werden; wer aber verliere, muͤsse auch seinen Kopf hergeben. Da meldete sich der Mann und sprach: „ich will aber meinen Diener fuͤr mich laufen lassen.“ Der Koͤnig antwortete: „dann mußt du auch noch dessen Leben zum Pfand setzen, also daß sein und dein Kopf fuͤr den Sieg haften.“ Nun ward das verabredet und fest gemacht, da schnallte der Mann dem Laufer das andere Bein an und sprach zu ihm: „nun sey hurtig und hilf, daß wir siegen.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/444 |
Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/444>, abgerufen am 16.02.2025. |