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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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die Blume brach er ab, ging damit zum Schlosse; alles, was er mit der Blume berührte, ward von der Zauberei frei; auch träumte er, er hätte seine Jorinde dadurch wieder bekommen. Des Morgens, als er erwachte, fing er an, durch Berg und Thal zu suchen, ob er eine solche Blume fände; er suchte bis an den neunten Tag, da fand er die blutrothe Blume am Morgen früh. Jn der Mitte war ein großer Thautropfe, so groß wie die schönste Perle. Diese Blume trug er Tag und Nacht bis zum Schloß. Wie er auf hundert Schritt nahe zum Schloß kam, da ward er nicht fest, sondern ging fort bis ans Thor. Joringel freute sich hoch, berührte die Pforte mit der Blume, und sie sprang auf; er ging hinein, durch den Hof, horchte, wo er die vielen Vögel vernähm. Endlich hörte er's; er ging und fand den Saal, darauf war die Zauberin, und fütterte die Vögel in den sieben tausend Körben. Wie sie den Joringel sah, ward sie bös, sehr bös, schalt, spie Gift und Galle gegen ihn aus, aber sie konnt auf zwei Schritte nicht an ihn kommen. Er kehrte sich nicht an sie, und ging, besah die Körbe mit den Vögeln; da waren aber viele hundert Nachtigallen; wie sollte er nun seine Jorinde wieder finden? Jndem er so zusah, merkte er, daß die Alte heimlich ein Körbchen mit einem Vogel nimmt, und damit nach der Thüre geht. Flugs sprang er hinzu, berührte das Körbchen mit der Blume, und auch das alte Weib; nun konnte sie nichts mehr zaubern und Jorinde stand da, hatte ihn um den Hals gefaßt, so schön, wie sie ehemals war. Da macht er auch alle die andern Vögel wieder zu

die Blume brach er ab, ging damit zum Schlosse; alles, was er mit der Blume beruͤhrte, ward von der Zauberei frei; auch traͤumte er, er haͤtte seine Jorinde dadurch wieder bekommen. Des Morgens, als er erwachte, fing er an, durch Berg und Thal zu suchen, ob er eine solche Blume faͤnde; er suchte bis an den neunten Tag, da fand er die blutrothe Blume am Morgen fruͤh. Jn der Mitte war ein großer Thautropfe, so groß wie die schoͤnste Perle. Diese Blume trug er Tag und Nacht bis zum Schloß. Wie er auf hundert Schritt nahe zum Schloß kam, da ward er nicht fest, sondern ging fort bis ans Thor. Joringel freute sich hoch, beruͤhrte die Pforte mit der Blume, und sie sprang auf; er ging hinein, durch den Hof, horchte, wo er die vielen Voͤgel vernaͤhm. Endlich hoͤrte er’s; er ging und fand den Saal, darauf war die Zauberin, und fuͤtterte die Voͤgel in den sieben tausend Koͤrben. Wie sie den Joringel sah, ward sie boͤs, sehr boͤs, schalt, spie Gift und Galle gegen ihn aus, aber sie konnt auf zwei Schritte nicht an ihn kommen. Er kehrte sich nicht an sie, und ging, besah die Koͤrbe mit den Voͤgeln; da waren aber viele hundert Nachtigallen; wie sollte er nun seine Jorinde wieder finden? Jndem er so zusah, merkte er, daß die Alte heimlich ein Koͤrbchen mit einem Vogel nimmt, und damit nach der Thuͤre geht. Flugs sprang er hinzu, beruͤhrte das Koͤrbchen mit der Blume, und auch das alte Weib; nun konnte sie nichts mehr zaubern und Jorinde stand da, hatte ihn um den Hals gefaßt, so schoͤn, wie sie ehemals war. Da macht er auch alle die andern Voͤgel wieder zu

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[374/0438] die Blume brach er ab, ging damit zum Schlosse; alles, was er mit der Blume beruͤhrte, ward von der Zauberei frei; auch traͤumte er, er haͤtte seine Jorinde dadurch wieder bekommen. Des Morgens, als er erwachte, fing er an, durch Berg und Thal zu suchen, ob er eine solche Blume faͤnde; er suchte bis an den neunten Tag, da fand er die blutrothe Blume am Morgen fruͤh. Jn der Mitte war ein großer Thautropfe, so groß wie die schoͤnste Perle. Diese Blume trug er Tag und Nacht bis zum Schloß. Wie er auf hundert Schritt nahe zum Schloß kam, da ward er nicht fest, sondern ging fort bis ans Thor. Joringel freute sich hoch, beruͤhrte die Pforte mit der Blume, und sie sprang auf; er ging hinein, durch den Hof, horchte, wo er die vielen Voͤgel vernaͤhm. Endlich hoͤrte er’s; er ging und fand den Saal, darauf war die Zauberin, und fuͤtterte die Voͤgel in den sieben tausend Koͤrben. Wie sie den Joringel sah, ward sie boͤs, sehr boͤs, schalt, spie Gift und Galle gegen ihn aus, aber sie konnt auf zwei Schritte nicht an ihn kommen. Er kehrte sich nicht an sie, und ging, besah die Koͤrbe mit den Voͤgeln; da waren aber viele hundert Nachtigallen; wie sollte er nun seine Jorinde wieder finden? Jndem er so zusah, merkte er, daß die Alte heimlich ein Koͤrbchen mit einem Vogel nimmt, und damit nach der Thuͤre geht. Flugs sprang er hinzu, beruͤhrte das Koͤrbchen mit der Blume, und auch das alte Weib; nun konnte sie nichts mehr zaubern und Jorinde stand da, hatte ihn um den Hals gefaßt, so schoͤn, wie sie ehemals war. Da macht er auch alle die andern Voͤgel wieder zu

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/438>, abgerufen am 25.11.2024.