Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

Er kam darauf in eine Stadt, da herrschte ein König, der hatte eine Tochter, die war so ernsthaft, daß sie niemand zum Lachen bringen konnte. Darum hatte er ein Gesetz gegeben, wer sie könnte zu lachen machen, der sollte sie heirathen. Der Dummling, als er das hörte, ging mit seiner Gans und ihrem Anhang vor die Königstochter, und wie diese die sieben Menschen immer hinter einander herlaufen sah, fing sie überlaut an zu lachen, und wollte gar nicht wieder aufhören. Da verlangte sie der Dummling zur Braut, aber der König machte allerlei Einwendungen und sagte, er müßte ihm erst einen Mann bringen, der einen Keller voll Wein austrinken könnte. Der Dummling dachte an das graue Männchen, das könnte ihm wohl helfen, ging hinaus in den Wald, und auf der Stelle, wo er den Baum abgehauen hatte, sah er einen Mann sitzen, der machte ein gar betrübtes Gesicht. Der Dummling fragte: was er sich so sehr zu Herzen nähme? "Ei! antwortete er, ich bin so durstig, und kann nicht genug zu trinken kriegen, ein Faß Wein hab ich zwar ausgeleert, aber was ist ein Tropfen auf einem heißen Stein?" "Da kann ich dir helfen, sagte der Dummling, komm nur mit mir, du sollst satt haben." Er führte ihn darauf in des Königs Keller und der Mann machte sich über die großen Fässer, trank und trank, daß ihm die Hüften weh thaten, und ehe ein Tag herum war, hatte er den ganzen Keller ausgetrunken. Der Dummling verlangte wieder seine Braut; der König aber ärgerte sich, daß ein schlechter Bursch, den jedermann einen Dummling nannte, seine Tochter davon tragen sollte, und machte neue Bedingungen:

Er kam darauf in eine Stadt, da herrschte ein Koͤnig, der hatte eine Tochter, die war so ernsthaft, daß sie niemand zum Lachen bringen konnte. Darum hatte er ein Gesetz gegeben, wer sie koͤnnte zu lachen machen, der sollte sie heirathen. Der Dummling, als er das hoͤrte, ging mit seiner Gans und ihrem Anhang vor die Koͤnigstochter, und wie diese die sieben Menschen immer hinter einander herlaufen sah, fing sie uͤberlaut an zu lachen, und wollte gar nicht wieder aufhoͤren. Da verlangte sie der Dummling zur Braut, aber der Koͤnig machte allerlei Einwendungen und sagte, er muͤßte ihm erst einen Mann bringen, der einen Keller voll Wein austrinken koͤnnte. Der Dummling dachte an das graue Maͤnnchen, das koͤnnte ihm wohl helfen, ging hinaus in den Wald, und auf der Stelle, wo er den Baum abgehauen hatte, sah er einen Mann sitzen, der machte ein gar betruͤbtes Gesicht. Der Dummling fragte: was er sich so sehr zu Herzen naͤhme? „Ei! antwortete er, ich bin so durstig, und kann nicht genug zu trinken kriegen, ein Faß Wein hab ich zwar ausgeleert, aber was ist ein Tropfen auf einem heißen Stein?“ „Da kann ich dir helfen, sagte der Dummling, komm nur mit mir, du sollst satt haben.“ Er fuͤhrte ihn darauf in des Koͤnigs Keller und der Mann machte sich uͤber die großen Faͤsser, trank und trank, daß ihm die Huͤften weh thaten, und ehe ein Tag herum war, hatte er den ganzen Keller ausgetrunken. Der Dummling verlangte wieder seine Braut; der Koͤnig aber aͤrgerte sich, daß ein schlechter Bursch, den jedermann einen Dummling nannte, seine Tochter davon tragen sollte, und machte neue Bedingungen:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0418" n="354"/>
        <p> Er kam darauf in eine Stadt, da herrschte ein Ko&#x0364;nig, der hatte eine Tochter, die war so ernsthaft, daß sie niemand zum Lachen bringen konnte. Darum hatte er ein Gesetz gegeben, wer sie ko&#x0364;nnte zu lachen machen, der sollte sie heirathen. Der Dummling, als er das ho&#x0364;rte, ging mit seiner Gans und ihrem Anhang vor die Ko&#x0364;nigstochter, und wie diese die sieben Menschen immer hinter einander herlaufen sah, fing sie u&#x0364;berlaut an zu lachen, und wollte gar nicht wieder aufho&#x0364;ren. Da verlangte sie der Dummling zur Braut, aber der Ko&#x0364;nig machte allerlei Einwendungen und sagte, er mu&#x0364;ßte ihm erst einen Mann bringen, der einen Keller voll Wein austrinken ko&#x0364;nnte. Der Dummling dachte an das graue Ma&#x0364;nnchen, das ko&#x0364;nnte ihm wohl helfen, ging hinaus in den Wald, und auf der Stelle, wo er den Baum abgehauen hatte, sah er einen Mann sitzen, der machte ein gar betru&#x0364;btes Gesicht. Der Dummling fragte: was er sich so sehr zu Herzen na&#x0364;hme? &#x201E;Ei! antwortete er, ich bin so durstig, und kann nicht genug zu trinken kriegen, ein Faß Wein hab ich zwar ausgeleert, aber was ist ein Tropfen auf einem heißen Stein?&#x201C; &#x201E;Da kann ich dir helfen, sagte der Dummling, komm nur mit mir, du sollst satt haben.&#x201C; Er fu&#x0364;hrte ihn darauf in des Ko&#x0364;nigs Keller und der Mann machte sich u&#x0364;ber die großen Fa&#x0364;sser, trank und trank, daß ihm die Hu&#x0364;ften weh thaten, und ehe ein Tag herum war, hatte er den ganzen Keller ausgetrunken. Der Dummling verlangte wieder seine Braut; der Ko&#x0364;nig aber a&#x0364;rgerte sich, daß ein schlechter Bursch, den jedermann einen Dummling nannte, seine Tochter davon tragen sollte, und machte neue Bedingungen:
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[354/0418] Er kam darauf in eine Stadt, da herrschte ein Koͤnig, der hatte eine Tochter, die war so ernsthaft, daß sie niemand zum Lachen bringen konnte. Darum hatte er ein Gesetz gegeben, wer sie koͤnnte zu lachen machen, der sollte sie heirathen. Der Dummling, als er das hoͤrte, ging mit seiner Gans und ihrem Anhang vor die Koͤnigstochter, und wie diese die sieben Menschen immer hinter einander herlaufen sah, fing sie uͤberlaut an zu lachen, und wollte gar nicht wieder aufhoͤren. Da verlangte sie der Dummling zur Braut, aber der Koͤnig machte allerlei Einwendungen und sagte, er muͤßte ihm erst einen Mann bringen, der einen Keller voll Wein austrinken koͤnnte. Der Dummling dachte an das graue Maͤnnchen, das koͤnnte ihm wohl helfen, ging hinaus in den Wald, und auf der Stelle, wo er den Baum abgehauen hatte, sah er einen Mann sitzen, der machte ein gar betruͤbtes Gesicht. Der Dummling fragte: was er sich so sehr zu Herzen naͤhme? „Ei! antwortete er, ich bin so durstig, und kann nicht genug zu trinken kriegen, ein Faß Wein hab ich zwar ausgeleert, aber was ist ein Tropfen auf einem heißen Stein?“ „Da kann ich dir helfen, sagte der Dummling, komm nur mit mir, du sollst satt haben.“ Er fuͤhrte ihn darauf in des Koͤnigs Keller und der Mann machte sich uͤber die großen Faͤsser, trank und trank, daß ihm die Huͤften weh thaten, und ehe ein Tag herum war, hatte er den ganzen Keller ausgetrunken. Der Dummling verlangte wieder seine Braut; der Koͤnig aber aͤrgerte sich, daß ein schlechter Bursch, den jedermann einen Dummling nannte, seine Tochter davon tragen sollte, und machte neue Bedingungen:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/418
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/418>, abgerufen am 25.11.2024.