Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.gerade zur Königstochter und setzte sich unter ihren Stuhl und kratzte sie am Fuß. Da sagte sie: "willst du fort!" und meinte, es wäre ihr Hund; der Hase kratzte sie zum zweitenmal am Fuß, da sagte sie wieder: "willst du fort!" und meinte es wäre ihr Hund. Aber der Hase ließ sich nicht irr machen und kratzte zum drittenmal, da guckte sie herab und erkannte den Hasen an seinem Halsband. Nun nahm sie ihn auf ihren Schooß, trug ihn in ihre Kammer und sprach: "lieber Hase, was willst du?" Antwortete er: "mein Herr, der den Drachen getödtet hat, ist hier und schickt mich, ich soll um ein Brot bitten, wie es der König ißt." Da war sie voll Freude und ließ den Bäcker kommen und befahl ihm, ein Brot zu bringen, wie es der König aß. Sprach das Häslein: "aber der Bäcker muß mirs auch hintragen, damit mir die Metzgerhunde nichts thun." Der Bäcker trug es ihm bis an die Thüre der Wirthsstube, da stellte sich der Has auf die Hinterbeine, nahm alsbald das Brot in die Vorderpfoten und brachte es seinem Herrn. Da sprach der Jäger: "sieht er, Herr Wirth, die hundert Goldstücke sind mein." Der Wirth wunderte sich, aber der Jäger sagte weiter: "ja, Herr Wirth, das Brot hätte ich, nun will ich aber auch von des Königs Braten essen." Der Wirth sagte: "das mögt ich sehen," aber wetten wollte er nicht mehr. Rief der Jäger den Fuchs und sprach: "mein Füchslein, geh hin und hol mir Braten, wie ihn der König ißt." Der Rothfuchs wußte die Schliche besser, ging an den Ecken und durch die Winkel, ohne daß ihn ein Hund sah und setzte sich unter der Königstochter Stuhl und kratzte an ihrem Fuß. Da sah sie herab gerade zur Koͤnigstochter und setzte sich unter ihren Stuhl und kratzte sie am Fuß. Da sagte sie: „willst du fort!“ und meinte, es waͤre ihr Hund; der Hase kratzte sie zum zweitenmal am Fuß, da sagte sie wieder: „willst du fort!“ und meinte es waͤre ihr Hund. Aber der Hase ließ sich nicht irr machen und kratzte zum drittenmal, da guckte sie herab und erkannte den Hasen an seinem Halsband. Nun nahm sie ihn auf ihren Schooß, trug ihn in ihre Kammer und sprach: „lieber Hase, was willst du?“ Antwortete er: „mein Herr, der den Drachen getoͤdtet hat, ist hier und schickt mich, ich soll um ein Brot bitten, wie es der Koͤnig ißt.“ Da war sie voll Freude und ließ den Baͤcker kommen und befahl ihm, ein Brot zu bringen, wie es der Koͤnig aß. Sprach das Haͤslein: „aber der Baͤcker muß mirs auch hintragen, damit mir die Metzgerhunde nichts thun.“ Der Baͤcker trug es ihm bis an die Thuͤre der Wirthsstube, da stellte sich der Has auf die Hinterbeine, nahm alsbald das Brot in die Vorderpfoten und brachte es seinem Herrn. Da sprach der Jaͤger: „sieht er, Herr Wirth, die hundert Goldstuͤcke sind mein.“ Der Wirth wunderte sich, aber der Jaͤger sagte weiter: „ja, Herr Wirth, das Brot haͤtte ich, nun will ich aber auch von des Koͤnigs Braten essen.“ Der Wirth sagte: „das moͤgt ich sehen,“ aber wetten wollte er nicht mehr. Rief der Jaͤger den Fuchs und sprach: „mein Fuͤchslein, geh hin und hol mir Braten, wie ihn der Koͤnig ißt.“ Der Rothfuchs wußte die Schliche besser, ging an den Ecken und durch die Winkel, ohne daß ihn ein Hund sah und setzte sich unter der Koͤnigstochter Stuhl und kratzte an ihrem Fuß. Da sah sie herab <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0388" n="324"/> gerade zur Koͤnigstochter und setzte sich unter ihren Stuhl und kratzte sie am Fuß. Da sagte sie: „willst du fort!“ und meinte, es waͤre ihr Hund; der Hase kratzte sie zum zweitenmal am Fuß, da sagte sie wieder: „willst du fort!“ und meinte es waͤre ihr Hund. Aber der Hase ließ sich nicht irr machen und kratzte zum drittenmal, da guckte sie herab und erkannte den Hasen an seinem Halsband. Nun nahm sie ihn auf ihren Schooß, trug ihn in ihre Kammer und sprach: „lieber Hase, was willst du?“ Antwortete er: „mein Herr, der den Drachen getoͤdtet hat, ist hier und schickt mich, ich soll um ein Brot bitten, wie es der Koͤnig ißt.“ Da war sie voll Freude und ließ den Baͤcker kommen und befahl ihm, ein Brot zu bringen, wie es der Koͤnig aß. Sprach das Haͤslein: „aber der Baͤcker muß mirs auch hintragen, damit mir die Metzgerhunde nichts thun.“ Der Baͤcker trug es ihm bis an die Thuͤre der Wirthsstube, da stellte sich der Has auf die Hinterbeine, nahm alsbald das Brot in die Vorderpfoten und brachte es seinem Herrn. Da sprach der Jaͤger: „sieht er, Herr Wirth, die hundert Goldstuͤcke sind mein.“ Der Wirth wunderte sich, aber der Jaͤger sagte weiter: „ja, Herr Wirth, das Brot haͤtte ich, nun will ich aber auch von des Koͤnigs Braten essen.“ Der Wirth sagte: „das moͤgt ich sehen,“ aber wetten wollte er nicht mehr. Rief der Jaͤger den Fuchs und sprach: „mein Fuͤchslein, geh hin und hol mir Braten, wie ihn der Koͤnig ißt.“ Der Rothfuchs wußte die Schliche besser, ging an den Ecken und durch die Winkel, ohne daß ihn ein Hund sah und setzte sich unter der Koͤnigstochter Stuhl und kratzte an ihrem Fuß. Da sah sie herab </p> </div> </body> </text> </TEI> [324/0388]
gerade zur Koͤnigstochter und setzte sich unter ihren Stuhl und kratzte sie am Fuß. Da sagte sie: „willst du fort!“ und meinte, es waͤre ihr Hund; der Hase kratzte sie zum zweitenmal am Fuß, da sagte sie wieder: „willst du fort!“ und meinte es waͤre ihr Hund. Aber der Hase ließ sich nicht irr machen und kratzte zum drittenmal, da guckte sie herab und erkannte den Hasen an seinem Halsband. Nun nahm sie ihn auf ihren Schooß, trug ihn in ihre Kammer und sprach: „lieber Hase, was willst du?“ Antwortete er: „mein Herr, der den Drachen getoͤdtet hat, ist hier und schickt mich, ich soll um ein Brot bitten, wie es der Koͤnig ißt.“ Da war sie voll Freude und ließ den Baͤcker kommen und befahl ihm, ein Brot zu bringen, wie es der Koͤnig aß. Sprach das Haͤslein: „aber der Baͤcker muß mirs auch hintragen, damit mir die Metzgerhunde nichts thun.“ Der Baͤcker trug es ihm bis an die Thuͤre der Wirthsstube, da stellte sich der Has auf die Hinterbeine, nahm alsbald das Brot in die Vorderpfoten und brachte es seinem Herrn. Da sprach der Jaͤger: „sieht er, Herr Wirth, die hundert Goldstuͤcke sind mein.“ Der Wirth wunderte sich, aber der Jaͤger sagte weiter: „ja, Herr Wirth, das Brot haͤtte ich, nun will ich aber auch von des Koͤnigs Braten essen.“ Der Wirth sagte: „das moͤgt ich sehen,“ aber wetten wollte er nicht mehr. Rief der Jaͤger den Fuchs und sprach: „mein Fuͤchslein, geh hin und hol mir Braten, wie ihn der Koͤnig ißt.“ Der Rothfuchs wußte die Schliche besser, ging an den Ecken und durch die Winkel, ohne daß ihn ein Hund sah und setzte sich unter der Koͤnigstochter Stuhl und kratzte an ihrem Fuß. Da sah sie herab
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |