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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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ihr das Herz. Darauf rissen sie ihr die feinen Kleider ab, legten sie auf einen Tisch und zerhackten ihren schönen Leib in Stücken, und streuten Salz darüber. Da ward der Braut hinter dem Faß Angst, als müßte sie nun auch sterben. Und einer sah, daß an dem kleinen Finger der Gemordeten ein goldener Ring war, und weil er sich nicht gut abziehen ließ, nahm er ein Beil und hieb den Finger ab, aber der Finger sprang in die Höhe und fiel hinter das Faß, der Braut gerade in den Schoos. Der Räuber nahm ein Licht und suchte darnach, konnte ihn aber nicht finden, da sprach ein anderer: "hast du auch schon hinter dem großen Faß gesucht?" "Ei, rief die alte Frau, kommt und eßt, und laßt das Suchen bis Morgen, der Finger lauft euch nicht fort."

Da ließen die Räuber vom Suchen ab, gingen und aßen und tranken, die Alte aber tröpfelte ihnen einen Schlaftrunk in den Wein, daß sie sich bald in den Keller hinlegten, schliefen und schnarchten. Als die Braut das hörte, trat sie hinter dem Faß hervor und mußte über die Schlafenden hinwegschreiten, die da reihenweis lagen, und hatte große Angst, sie mögte einen aufwecken. Aber Gott half ihr, daß sie glücklich durchkam, und die Alte stieg mit ihr hinauf und sie machten sich aus der Mördergrube hinaus. Die gestreute Asche war fortgeweht, aber die Erbsen und Linsen hatten gekeimt und waren aufgegangen, und zeigten ihnen beim Mondschein den Weg. Da gingen sie die ganze Nacht, bis sie Morgens in der Mühle ankamen. Das Mädchen aber erzählte seinem Vater alles, wie es sich zugetragen hatte.


ihr das Herz. Darauf rissen sie ihr die feinen Kleider ab, legten sie auf einen Tisch und zerhackten ihren schoͤnen Leib in Stuͤcken, und streuten Salz daruͤber. Da ward der Braut hinter dem Faß Angst, als muͤßte sie nun auch sterben. Und einer sah, daß an dem kleinen Finger der Gemordeten ein goldener Ring war, und weil er sich nicht gut abziehen ließ, nahm er ein Beil und hieb den Finger ab, aber der Finger sprang in die Hoͤhe und fiel hinter das Faß, der Braut gerade in den Schoos. Der Raͤuber nahm ein Licht und suchte darnach, konnte ihn aber nicht finden, da sprach ein anderer: „hast du auch schon hinter dem großen Faß gesucht?“ „Ei, rief die alte Frau, kommt und eßt, und laßt das Suchen bis Morgen, der Finger lauft euch nicht fort.“

Da ließen die Raͤuber vom Suchen ab, gingen und aßen und tranken, die Alte aber troͤpfelte ihnen einen Schlaftrunk in den Wein, daß sie sich bald in den Keller hinlegten, schliefen und schnarchten. Als die Braut das hoͤrte, trat sie hinter dem Faß hervor und mußte uͤber die Schlafenden hinwegschreiten, die da reihenweis lagen, und hatte große Angst, sie moͤgte einen aufwecken. Aber Gott half ihr, daß sie gluͤcklich durchkam, und die Alte stieg mit ihr hinauf und sie machten sich aus der Moͤrdergrube hinaus. Die gestreute Asche war fortgeweht, aber die Erbsen und Linsen hatten gekeimt und waren aufgegangen, und zeigten ihnen beim Mondschein den Weg. Da gingen sie die ganze Nacht, bis sie Morgens in der Muͤhle ankamen. Das Maͤdchen aber erzaͤhlte seinem Vater alles, wie es sich zugetragen hatte.


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[208/0272] ihr das Herz. Darauf rissen sie ihr die feinen Kleider ab, legten sie auf einen Tisch und zerhackten ihren schoͤnen Leib in Stuͤcken, und streuten Salz daruͤber. Da ward der Braut hinter dem Faß Angst, als muͤßte sie nun auch sterben. Und einer sah, daß an dem kleinen Finger der Gemordeten ein goldener Ring war, und weil er sich nicht gut abziehen ließ, nahm er ein Beil und hieb den Finger ab, aber der Finger sprang in die Hoͤhe und fiel hinter das Faß, der Braut gerade in den Schoos. Der Raͤuber nahm ein Licht und suchte darnach, konnte ihn aber nicht finden, da sprach ein anderer: „hast du auch schon hinter dem großen Faß gesucht?“ „Ei, rief die alte Frau, kommt und eßt, und laßt das Suchen bis Morgen, der Finger lauft euch nicht fort.“ Da ließen die Raͤuber vom Suchen ab, gingen und aßen und tranken, die Alte aber troͤpfelte ihnen einen Schlaftrunk in den Wein, daß sie sich bald in den Keller hinlegten, schliefen und schnarchten. Als die Braut das hoͤrte, trat sie hinter dem Faß hervor und mußte uͤber die Schlafenden hinwegschreiten, die da reihenweis lagen, und hatte große Angst, sie moͤgte einen aufwecken. Aber Gott half ihr, daß sie gluͤcklich durchkam, und die Alte stieg mit ihr hinauf und sie machten sich aus der Moͤrdergrube hinaus. Die gestreute Asche war fortgeweht, aber die Erbsen und Linsen hatten gekeimt und waren aufgegangen, und zeigten ihnen beim Mondschein den Weg. Da gingen sie die ganze Nacht, bis sie Morgens in der Muͤhle ankamen. Das Maͤdchen aber erzaͤhlte seinem Vater alles, wie es sich zugetragen hatte.

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/272>, abgerufen am 22.11.2024.