Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

nichts in deinen Kopf, ich mag es anfangen, wie ich will, du sollst mir fort, damit berühmte Meister es mit dir versuchen." Nun ward der Junge in eine fremde Stadt geschickt, und blieb bei den Meistern ein ganzes Jahr. Nach Verlauf desselben kam er wieder heim, da fragte ihn der Vater: "nun, was hast du gelernt?" Der Sohn antwortete: "Vater, ich habe gelernt, was die Hunde bellen." "Das Gott erbarm! sprach der Vater, das ist alles, was du gelernt hast! nun sollst du in eine andere Stadt, zu andern Meistern." Der Junge ward hingebracht und blieb wieder ein ganzes Jahr; als er darnach zrück kam, sprach der Vater: "nun, was hast du gelernt?" Der Sohn antwortete: "Vater, ich habe gelernt, was die Vögli sprechen." Da ward der Vater zornig und rief: "o du verlorner Mensch! hast die kostbare Zeit wieder zugebracht und nichts gelernt, und schämst dich nicht mir vor die Augen zu kommen? nun schick ich dich zum drittenmal zu andern Meistern, aber lernst du diesmal nichts, so will ich dein Vater nicht mehr seyn." Da ward der Sohn wieder in eine andere Stadt zu den Meistern gebracht und blieb das ganze Jahr da; als er nach Haus kam, fragte der Vater: "nun, was hast du gelernt?" "Lieber Vater, antwortete er, ich habe dieses Jahr gelernt, was die Frösche quacken." Da ward der Vater ganz zornig, sprang auf, rief seine Leute und sagte: "dieser Mensch ist mein Sohn nicht mehr, ich stoße ihn von mir und gebiet euch, ihn hinaus in den Wald zu führen und zu tödten." Sie nahmen ihn und führten ihn hinaus, aber als sie ihn tödten sollten, konnten sie nicht vor Mitleiden und ließen ihn gehen,

nichts in deinen Kopf, ich mag es anfangen, wie ich will, du sollst mir fort, damit beruͤhmte Meister es mit dir versuchen.“ Nun ward der Junge in eine fremde Stadt geschickt, und blieb bei den Meistern ein ganzes Jahr. Nach Verlauf desselben kam er wieder heim, da fragte ihn der Vater: „nun, was hast du gelernt?“ Der Sohn antwortete: „Vater, ich habe gelernt, was die Hunde bellen.“ „Das Gott erbarm! sprach der Vater, das ist alles, was du gelernt hast! nun sollst du in eine andere Stadt, zu andern Meistern.“ Der Junge ward hingebracht und blieb wieder ein ganzes Jahr; als er darnach zruͤck kam, sprach der Vater: „nun, was hast du gelernt?“ Der Sohn antwortete: „Vater, ich habe gelernt, was die Voͤgli sprechen.“ Da ward der Vater zornig und rief: „o du verlorner Mensch! hast die kostbare Zeit wieder zugebracht und nichts gelernt, und schaͤmst dich nicht mir vor die Augen zu kommen? nun schick ich dich zum drittenmal zu andern Meistern, aber lernst du diesmal nichts, so will ich dein Vater nicht mehr seyn.“ Da ward der Sohn wieder in eine andere Stadt zu den Meistern gebracht und blieb das ganze Jahr da; als er nach Haus kam, fragte der Vater: „nun, was hast du gelernt?“ „Lieber Vater, antwortete er, ich habe dieses Jahr gelernt, was die Froͤsche quacken.“ Da ward der Vater ganz zornig, sprang auf, rief seine Leute und sagte: „dieser Mensch ist mein Sohn nicht mehr, ich stoße ihn von mir und gebiet euch, ihn hinaus in den Wald zu fuͤhren und zu toͤdten.“ Sie nahmen ihn und fuͤhrten ihn hinaus, aber als sie ihn toͤdten sollten, konnten sie nicht vor Mitleiden und ließen ihn gehen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0234" n="170"/>
nichts in deinen Kopf, ich mag es anfangen, wie ich will, du sollst mir fort, damit beru&#x0364;hmte Meister es mit dir versuchen.&#x201C; Nun ward der Junge in eine fremde Stadt geschickt, und blieb bei den Meistern ein ganzes Jahr. Nach Verlauf desselben kam er wieder heim, da fragte ihn der Vater: &#x201E;nun, was hast du gelernt?&#x201C; Der Sohn antwortete: &#x201E;Vater, ich habe gelernt, was die Hunde bellen.&#x201C; &#x201E;Das Gott erbarm! sprach der Vater, das ist alles, was du gelernt hast! nun sollst du in eine andere Stadt, zu andern Meistern.&#x201C; Der Junge ward hingebracht und blieb wieder ein ganzes Jahr; als er darnach zru&#x0364;ck kam, sprach der Vater: &#x201E;nun, was hast du gelernt?&#x201C; Der Sohn antwortete: &#x201E;Vater, ich habe gelernt, was die Vo&#x0364;gli sprechen.&#x201C; Da ward der Vater zornig und rief: &#x201E;o du verlorner Mensch! hast die kostbare Zeit wieder zugebracht und nichts gelernt, und scha&#x0364;mst dich nicht mir vor die Augen zu kommen? nun schick ich dich zum drittenmal zu andern Meistern, aber lernst du diesmal nichts, so will ich dein Vater nicht mehr seyn.&#x201C; Da ward der Sohn wieder in eine andere Stadt zu den Meistern gebracht und blieb das ganze Jahr da; als er nach Haus kam, fragte der Vater: &#x201E;nun, was hast du gelernt?&#x201C; &#x201E;Lieber Vater, antwortete er, ich habe dieses Jahr gelernt, was die Fro&#x0364;sche quacken.&#x201C; Da ward der Vater ganz zornig, sprang auf, rief seine Leute und sagte: &#x201E;dieser Mensch ist mein Sohn nicht mehr, ich stoße ihn von mir und gebiet euch, ihn hinaus in den Wald zu fu&#x0364;hren und zu to&#x0364;dten.&#x201C; Sie nahmen ihn und fu&#x0364;hrten ihn hinaus, aber als sie ihn to&#x0364;dten sollten, konnten sie nicht vor Mitleiden und ließen ihn gehen,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0234] nichts in deinen Kopf, ich mag es anfangen, wie ich will, du sollst mir fort, damit beruͤhmte Meister es mit dir versuchen.“ Nun ward der Junge in eine fremde Stadt geschickt, und blieb bei den Meistern ein ganzes Jahr. Nach Verlauf desselben kam er wieder heim, da fragte ihn der Vater: „nun, was hast du gelernt?“ Der Sohn antwortete: „Vater, ich habe gelernt, was die Hunde bellen.“ „Das Gott erbarm! sprach der Vater, das ist alles, was du gelernt hast! nun sollst du in eine andere Stadt, zu andern Meistern.“ Der Junge ward hingebracht und blieb wieder ein ganzes Jahr; als er darnach zruͤck kam, sprach der Vater: „nun, was hast du gelernt?“ Der Sohn antwortete: „Vater, ich habe gelernt, was die Voͤgli sprechen.“ Da ward der Vater zornig und rief: „o du verlorner Mensch! hast die kostbare Zeit wieder zugebracht und nichts gelernt, und schaͤmst dich nicht mir vor die Augen zu kommen? nun schick ich dich zum drittenmal zu andern Meistern, aber lernst du diesmal nichts, so will ich dein Vater nicht mehr seyn.“ Da ward der Sohn wieder in eine andere Stadt zu den Meistern gebracht und blieb das ganze Jahr da; als er nach Haus kam, fragte der Vater: „nun, was hast du gelernt?“ „Lieber Vater, antwortete er, ich habe dieses Jahr gelernt, was die Froͤsche quacken.“ Da ward der Vater ganz zornig, sprang auf, rief seine Leute und sagte: „dieser Mensch ist mein Sohn nicht mehr, ich stoße ihn von mir und gebiet euch, ihn hinaus in den Wald zu fuͤhren und zu toͤdten.“ Sie nahmen ihn und fuͤhrten ihn hinaus, aber als sie ihn toͤdten sollten, konnten sie nicht vor Mitleiden und ließen ihn gehen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/234
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/234>, abgerufen am 25.11.2024.