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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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mit Hobelspänen schon gefüllt, zeigte und sprach: "mein liebster Benjamin, die hat dein Vater für dich und deine elf Brüder machen lassen, denn wenn ich ein Mädchen zur Welt bringe, so sollt ihr allesammt getödtet und in den Särgen da begraben werden." Da sagte der Sohn: "weine nicht, liebe Mutter, wir wollen uns helfen und wollen fortgehen." Sie sprach: "geh mit deinen elf Brüdern hinaus in den Wald, und einer setze sich immer auf den höchsten Baum, der zu finden ist und halte Wacht und schaue nach dem Thurm hier im Schloß. Gebär ich ein Söhnlein, so will ich eine weiße Fahne aufstecken und dann dürft ihr wieder kommen; gebär ich ein Töchterlein, so will ich eine rothe Fahne aufstecken, und dann flieht fort und der liebe Gott behüt euch. Alle Nacht will ich aufstehn und für euch beten: im Winter, daß ihr an einem Feuer euch wärmen könnt, im Sommer, daß ihr nicht in der Hitze schmachtet."

Nachdem sie also ihre Söhne gesegnet hatte, gingen sie hinaus in den Wald. Einer hielt um den andern Wacht, fast auf der höchsten Eiche und schauete nach dem Thurm. Als elf Tage herum waren und die Reihe an Benjamin kam, da sah er wie eine Fahne aufgesteckt wurde, es war aber nicht die weiße, sondern die rothe Blutfahne, die verkündigte, daß sie alle sterben sollten. Wie die Brüder das nun hörten, wurden sie zornig und sprachen: sollten wir um eines Mädchens willen den Tod leiden; nun schwören wir, daß wo uns eins begegnet, wir uns rächen und sein rothes Blut fließen lassen."

Darauf gingen sie tiefer in den großen Wald hinein und

mit Hobelspaͤnen schon gefuͤllt, zeigte und sprach: „mein liebster Benjamin, die hat dein Vater fuͤr dich und deine elf Bruͤder machen lassen, denn wenn ich ein Maͤdchen zur Welt bringe, so sollt ihr allesammt getoͤdtet und in den Saͤrgen da begraben werden.“ Da sagte der Sohn: „weine nicht, liebe Mutter, wir wollen uns helfen und wollen fortgehen.“ Sie sprach: „geh mit deinen elf Bruͤdern hinaus in den Wald, und einer setze sich immer auf den hoͤchsten Baum, der zu finden ist und halte Wacht und schaue nach dem Thurm hier im Schloß. Gebaͤr ich ein Soͤhnlein, so will ich eine weiße Fahne aufstecken und dann duͤrft ihr wieder kommen; gebaͤr ich ein Toͤchterlein, so will ich eine rothe Fahne aufstecken, und dann flieht fort und der liebe Gott behuͤt euch. Alle Nacht will ich aufstehn und fuͤr euch beten: im Winter, daß ihr an einem Feuer euch waͤrmen koͤnnt, im Sommer, daß ihr nicht in der Hitze schmachtet.“

Nachdem sie also ihre Soͤhne gesegnet hatte, gingen sie hinaus in den Wald. Einer hielt um den andern Wacht, fast auf der hoͤchsten Eiche und schauete nach dem Thurm. Als elf Tage herum waren und die Reihe an Benjamin kam, da sah er wie eine Fahne aufgesteckt wurde, es war aber nicht die weiße, sondern die rothe Blutfahne, die verkuͤndigte, daß sie alle sterben sollten. Wie die Bruͤder das nun hoͤrten, wurden sie zornig und sprachen: sollten wir um eines Maͤdchens willen den Tod leiden; nun schwoͤren wir, daß wo uns eins begegnet, wir uns raͤchen und sein rothes Blut fließen lassen.“

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[49/0113] mit Hobelspaͤnen schon gefuͤllt, zeigte und sprach: „mein liebster Benjamin, die hat dein Vater fuͤr dich und deine elf Bruͤder machen lassen, denn wenn ich ein Maͤdchen zur Welt bringe, so sollt ihr allesammt getoͤdtet und in den Saͤrgen da begraben werden.“ Da sagte der Sohn: „weine nicht, liebe Mutter, wir wollen uns helfen und wollen fortgehen.“ Sie sprach: „geh mit deinen elf Bruͤdern hinaus in den Wald, und einer setze sich immer auf den hoͤchsten Baum, der zu finden ist und halte Wacht und schaue nach dem Thurm hier im Schloß. Gebaͤr ich ein Soͤhnlein, so will ich eine weiße Fahne aufstecken und dann duͤrft ihr wieder kommen; gebaͤr ich ein Toͤchterlein, so will ich eine rothe Fahne aufstecken, und dann flieht fort und der liebe Gott behuͤt euch. Alle Nacht will ich aufstehn und fuͤr euch beten: im Winter, daß ihr an einem Feuer euch waͤrmen koͤnnt, im Sommer, daß ihr nicht in der Hitze schmachtet.“ Nachdem sie also ihre Soͤhne gesegnet hatte, gingen sie hinaus in den Wald. Einer hielt um den andern Wacht, fast auf der hoͤchsten Eiche und schauete nach dem Thurm. Als elf Tage herum waren und die Reihe an Benjamin kam, da sah er wie eine Fahne aufgesteckt wurde, es war aber nicht die weiße, sondern die rothe Blutfahne, die verkuͤndigte, daß sie alle sterben sollten. Wie die Bruͤder das nun hoͤrten, wurden sie zornig und sprachen: sollten wir um eines Maͤdchens willen den Tod leiden; nun schwoͤren wir, daß wo uns eins begegnet, wir uns raͤchen und sein rothes Blut fließen lassen.“ Darauf gingen sie tiefer in den großen Wald hinein und

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/113>, abgerufen am 24.11.2024.