nen fallen in seine Augen, da werden sie wie- der klar, und er kann damit sehen, wie sonst.
13. Die drei Männlein im Walde.
Einem Mann war seine Frau gestorben, da war er unschlüssig ob er sich wieder eine nehmen sollte oder nicht. Endlich zog er sei- nen Stiefel aus, der hatte in der Sohle ein Loch, und sprach zu seiner Tochter, seinem ein- zigen Kind: "nimm diesem Stiefel, trag ihn auf den Boden, da ist ein großer Nagel, dar- an häng ihn auf, dann hole Wasser und gieß es hinein; hält er das Wasser, so will ich wie- der eine Frau nehmen, läufts aber durch, so laß ichs bleiben." Das Mädchen that, wie ihm geheißen war, das Wasser aber zog das Loch zusammen und der Stiefel ward voll bis oben hin. Der Mann sah selber nach, obs richtig war, dann sagte er: da muß ich mir wohl eine Frau nehmen; ging hin und freite eine Witt- we. Diese brachte auch eine Tochter von ih- rem ersten Mann mit ins Haus, und als sie sah, daß ihr Stiefkind schön war und jeder- mann es lieb hatte, ihre Tochter aber häßlich, so ward sie neidisch, setzte es überall zurück und dachte nur darauf, wie sie es recht quälen wollte.
nen fallen in ſeine Augen, da werden ſie wie- der klar, und er kann damit ſehen, wie ſonſt.
13. Die drei Maͤnnlein im Walde.
Einem Mann war ſeine Frau geſtorben, da war er unſchluͤſſig ob er ſich wieder eine nehmen ſollte oder nicht. Endlich zog er ſei- nen Stiefel aus, der hatte in der Sohle ein Loch, und ſprach zu ſeiner Tochter, ſeinem ein- zigen Kind: „nimm dieſem Stiefel, trag ihn auf den Boden, da iſt ein großer Nagel, dar- an haͤng ihn auf, dann hole Waſſer und gieß es hinein; haͤlt er das Waſſer, ſo will ich wie- der eine Frau nehmen, laͤufts aber durch, ſo laß ichs bleiben.“ Das Maͤdchen that, wie ihm geheißen war, das Waſſer aber zog das Loch zuſammen und der Stiefel ward voll bis oben hin. Der Mann ſah ſelber nach, obs richtig war, dann ſagte er: da muß ich mir wohl eine Frau nehmen; ging hin und freite eine Witt- we. Dieſe brachte auch eine Tochter von ih- rem erſten Mann mit ins Haus, und als ſie ſah, daß ihr Stiefkind ſchoͤn war und jeder- mann es lieb hatte, ihre Tochter aber haͤßlich, ſo ward ſie neidiſch, ſetzte es uͤberall zuruͤck und dachte nur darauf, wie ſie es recht quaͤlen wollte.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0077"n="43"/>
nen fallen in ſeine Augen, da werden ſie wie-<lb/>
der klar, und er kann damit ſehen, wie ſonſt.<lb/></p></div><divn="1"><head>13.<lb/><hirendition="#g">Die drei Maͤnnlein im Walde</hi>.</head><lb/><p>Einem Mann war ſeine Frau geſtorben,<lb/>
da war er unſchluͤſſig ob er ſich wieder eine<lb/>
nehmen ſollte oder nicht. Endlich zog er ſei-<lb/>
nen Stiefel aus, der hatte in der Sohle ein<lb/>
Loch, und ſprach zu ſeiner Tochter, ſeinem ein-<lb/>
zigen Kind: „nimm dieſem Stiefel, trag ihn<lb/>
auf den Boden, da iſt ein großer Nagel, dar-<lb/>
an haͤng ihn auf, dann hole Waſſer und gieß<lb/>
es hinein; haͤlt er das Waſſer, ſo will ich wie-<lb/>
der eine Frau nehmen, laͤufts aber durch, ſo<lb/>
laß ichs bleiben.“ Das Maͤdchen that, wie ihm<lb/>
geheißen war, das Waſſer aber zog das Loch<lb/>
zuſammen und der Stiefel ward voll bis oben<lb/>
hin. Der Mann ſah ſelber nach, obs richtig<lb/>
war, dann ſagte er: da muß ich mir wohl eine<lb/>
Frau nehmen; ging hin und freite eine Witt-<lb/>
we. Dieſe brachte auch eine Tochter von ih-<lb/>
rem erſten Mann mit ins Haus, und als ſie<lb/>ſah, daß ihr Stiefkind ſchoͤn war und jeder-<lb/>
mann es lieb hatte, ihre Tochter aber haͤßlich,<lb/>ſo ward ſie neidiſch, ſetzte es uͤberall zuruͤck<lb/>
und dachte nur darauf, wie ſie es recht quaͤlen<lb/>
wollte.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[43/0077]
nen fallen in ſeine Augen, da werden ſie wie-
der klar, und er kann damit ſehen, wie ſonſt.
13.
Die drei Maͤnnlein im Walde.
Einem Mann war ſeine Frau geſtorben,
da war er unſchluͤſſig ob er ſich wieder eine
nehmen ſollte oder nicht. Endlich zog er ſei-
nen Stiefel aus, der hatte in der Sohle ein
Loch, und ſprach zu ſeiner Tochter, ſeinem ein-
zigen Kind: „nimm dieſem Stiefel, trag ihn
auf den Boden, da iſt ein großer Nagel, dar-
an haͤng ihn auf, dann hole Waſſer und gieß
es hinein; haͤlt er das Waſſer, ſo will ich wie-
der eine Frau nehmen, laͤufts aber durch, ſo
laß ichs bleiben.“ Das Maͤdchen that, wie ihm
geheißen war, das Waſſer aber zog das Loch
zuſammen und der Stiefel ward voll bis oben
hin. Der Mann ſah ſelber nach, obs richtig
war, dann ſagte er: da muß ich mir wohl eine
Frau nehmen; ging hin und freite eine Witt-
we. Dieſe brachte auch eine Tochter von ih-
rem erſten Mann mit ins Haus, und als ſie
ſah, daß ihr Stiefkind ſchoͤn war und jeder-
mann es lieb hatte, ihre Tochter aber haͤßlich,
ſo ward ſie neidiſch, ſetzte es uͤberall zuruͤck
und dachte nur darauf, wie ſie es recht quaͤlen
wollte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/77>, abgerufen am 18.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.