Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.Den vorhergehenden Anmerkungen ist Folgendes gehörigen Orts einzuschalten. Num. 2. (Katz und Maus.) wird auch vom Fuchs und Hahn erzählt, die einen Honigtopf finden. Die Kinder haben bedeutende Namen: Rand- aus, Halbaus, Ganzaus. Num. 3. (Marienkind.) Auch im Pentamerone schließt Marchetta die verbotne Kammer der Orca auf und wird darum von ihr ausgestoßen. Num. 6. (Nachtigall und Blindschleiche[.]) si haut! si haut! ahmt den Nachtigallgesang nach, wie zi- küth! ziküth! im Märchen von Joringel. S. 329. Num. 12. (Rapunzel.) Das Einschließen der Jung- frau in den Thurm, kommt in viel alten Liedern vor, z. B. Hildburg und Hug, Dieterich, Bryn- hild und ist daher nicht gerade für ein Gefängniß zu nehmen. Num. 13. (die drei Männlein.) Auch im Dänischen Lied kommt die Mutter aus dem Grab ihr Kind zu tränken und zu pflegen. (Uebersetzung S. 148. 149.) Vgl. auch Nr. 11. S. 37. Num. 14. (vom Flachsspinnen.[)] Prätor im Glücks- topf 404 -- 406. erzählt das Märchen auf folgende Weise. Eine Mutter kann ihre Tochter nicht zum Spinnen bringen und gibt ihr darum oft Schlä- ge; ein Mann der das einmal mit ansieht, fragt, was das bedeuten solle. Die Mutter antwortet: "ach, ich kann sie nicht vom Spinnen bringen, sie verspinnt mehr Flachs, als ich schaffen kann." Der Mann sagt: "ei, so gebt sie mir zum Weib, ich will mit ihrem unverdrossenen Fleiß zufrieden seyn, wenn sie auch sonst nichts mitbringt." Die Mutter wars von Herzen gern zufrieden und der Bräutigam bringt der Braut gleich einen großen Vorrath Flachs, davor erschrickt sie innerlich, nimmts indessen an und legts in ihre Kammer und sinnt nach, was sie anfangen soll. Da kom- men drei Weiber vors Fenster: eine so breit vom Sitzen, daß sie nicht zur Stubenthüre herein kann, die zweite mit einer ungeheuern Nase, die dritte mit einem breiten Daumen, die bieten ihre Dien- ste an und versprechen das aufgegebene zu spin- Kindermärchen. F
Den vorhergehenden Anmerkungen iſt Folgendes gehoͤrigen Orts einzuſchalten. Num. 2. (Katz und Maus.) wird auch vom Fuchs und Hahn erzaͤhlt, die einen Honigtopf finden. Die Kinder haben bedeutende Namen: Rand- aus, Halbaus, Ganzaus. Num. 3. (Marienkind.) Auch im Pentamerone ſchließt Marchetta die verbotne Kammer der Orca auf und wird darum von ihr ausgeſtoßen. Num. 6. (Nachtigall und Blindſchleiche[.]) ſi haut! ſi haut! ahmt den Nachtigallgeſang nach, wie zi- kuͤth! zikuͤth! im Maͤrchen von Joringel. S. 329. Num. 12. (Rapunzel.) Das Einſchließen der Jung- frau in den Thurm, kommt in viel alten Liedern vor, z. B. Hildburg und Hug, Dieterich, Bryn- hild und iſt daher nicht gerade fuͤr ein Gefaͤngniß zu nehmen. Num. 13. (die drei Maͤnnlein.) Auch im Daͤniſchen Lied kommt die Mutter aus dem Grab ihr Kind zu traͤnken und zu pflegen. (Ueberſetzung S. 148. 149.) Vgl. auch Nr. 11. S. 37. Num. 14. (vom Flachsſpinnen.[)] Praͤtor im Gluͤcks- topf 404 — 406. erzaͤhlt das Maͤrchen auf folgende Weiſe. Eine Mutter kann ihre Tochter nicht zum Spinnen bringen und gibt ihr darum oft Schlaͤ- ge; ein Mann der das einmal mit anſieht, fragt, was das bedeuten ſolle. Die Mutter antwortet: „ach, ich kann ſie nicht vom Spinnen bringen, ſie verſpinnt mehr Flachs, als ich ſchaffen kann.“ Der Mann ſagt: „ei, ſo gebt ſie mir zum Weib, ich will mit ihrem unverdroſſenen Fleiß zufrieden ſeyn, wenn ſie auch ſonſt nichts mitbringt.“ Die Mutter wars von Herzen gern zufrieden und der Braͤutigam bringt der Braut gleich einen großen Vorrath Flachs, davor erſchrickt ſie innerlich, nimmts indeſſen an und legts in ihre Kammer und ſinnt nach, was ſie anfangen ſoll. Da kom- men drei Weiber vors Fenſter: eine ſo breit vom Sitzen, daß ſie nicht zur Stubenthuͤre herein kann, die zweite mit einer ungeheuern Naſe, die dritte mit einem breiten Daumen, die bieten ihre Dien- ſte an und verſprechen das aufgegebene zu ſpin- Kindermärchen. F
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Den vorhergehenden Anmerkungen iſt Folgendes
gehoͤrigen Orts einzuſchalten.
Num. 2. (Katz und Maus.) wird auch vom Fuchs
und Hahn erzaͤhlt, die einen Honigtopf finden.
Die Kinder haben bedeutende Namen: Rand-
aus, Halbaus, Ganzaus.
Num. 3. (Marienkind.) Auch im Pentamerone
ſchließt Marchetta die verbotne Kammer der Orca
auf und wird darum von ihr ausgeſtoßen.
Num. 6. (Nachtigall und Blindſchleiche.) ſi haut!
ſi haut! ahmt den Nachtigallgeſang nach, wie zi-
kuͤth! zikuͤth! im Maͤrchen von Joringel. S. 329.
Num. 12. (Rapunzel.) Das Einſchließen der Jung-
frau in den Thurm, kommt in viel alten Liedern
vor, z. B. Hildburg und Hug, Dieterich, Bryn-
hild und iſt daher nicht gerade fuͤr ein Gefaͤngniß
zu nehmen.
Num. 13. (die drei Maͤnnlein.) Auch im Daͤniſchen
Lied kommt die Mutter aus dem Grab ihr Kind
zu traͤnken und zu pflegen. (Ueberſetzung S. 148.
149.) Vgl. auch Nr. 11. S. 37.
Num. 14. (vom Flachsſpinnen.) Praͤtor im Gluͤcks-
topf 404 — 406. erzaͤhlt das Maͤrchen auf folgende
Weiſe. Eine Mutter kann ihre Tochter nicht zum
Spinnen bringen und gibt ihr darum oft Schlaͤ-
ge; ein Mann der das einmal mit anſieht, fragt,
was das bedeuten ſolle. Die Mutter antwortet:
„ach, ich kann ſie nicht vom Spinnen bringen,
ſie verſpinnt mehr Flachs, als ich ſchaffen kann.“
Der Mann ſagt: „ei, ſo gebt ſie mir zum Weib,
ich will mit ihrem unverdroſſenen Fleiß zufrieden
ſeyn, wenn ſie auch ſonſt nichts mitbringt.“ Die
Mutter wars von Herzen gern zufrieden und der
Braͤutigam bringt der Braut gleich einen großen
Vorrath Flachs, davor erſchrickt ſie innerlich,
nimmts indeſſen an und legts in ihre Kammer
und ſinnt nach, was ſie anfangen ſoll. Da kom-
men drei Weiber vors Fenſter: eine ſo breit vom
Sitzen, daß ſie nicht zur Stubenthuͤre herein kann,
die zweite mit einer ungeheuern Naſe, die dritte
mit einem breiten Daumen, die bieten ihre Dien-
ſte an und verſprechen das aufgegebene zu ſpin-
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