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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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riech ich" und wollte wieder unter das Bett.
Da gab sie ihm einen Fußtritt in den Leib,
daß er einen Burzelbaum machte, auf sein La-
ger ging, die Tatze ins Maul nahm und
einschlief.

Alle sieben Tage war der Bär in seiner
natürlichen Gestalt und ein schöner Prinz, und
seine Höhle ein prächtiges Schloß und die
Thiere im Wald, waren seine Diener. An ei-
nem solchen Tage hatte er die Prinzessin ab-
geholt; schöne junge Frauen kamen ihr vor
dem Schloß entgegen, es war ein herrliches Fest
und sie schlief in Freuden ein, aber als sie er-
wachte, lag sie in einer dunkeln Bärenhöle und
ihr Gemahl war ein Bär geworden und brumm-
te zu ihren Füßen, nur das Bett und alles
was sie angerührt hatte, blieb in seinem natür-
lichen Zustand unverwandelt. So lebte sie sechs
Tage in Leid aber am siebenten ward sie getrö-
stet, und da sie nicht alt ward und nur der
eine Tag ihr zugerechnet wurde, so war sie zu-
frieden mit ihrem Leben. Sie hatte ihrem Ge-
mahl zwei Prinzen geboren, die waren auch
sechs Tage lang Bären und am siebenten in
menschlicher Gestalt. Sie steckte sich jedesmal
hr Bettstroh voll von den köstlichsten Speisen
Kuchen und Früchten, davon lebte sie die ganze
Woche, und der Bär war ihr auch gehorsam
und that, was sie wollte.


riech ich“ und wollte wieder unter das Bett.
Da gab ſie ihm einen Fußtritt in den Leib,
daß er einen Burzelbaum machte, auf ſein La-
ger ging, die Tatze ins Maul nahm und
einſchlief.

Alle ſieben Tage war der Baͤr in ſeiner
natuͤrlichen Geſtalt und ein ſchoͤner Prinz, und
ſeine Hoͤhle ein praͤchtiges Schloß und die
Thiere im Wald, waren ſeine Diener. An ei-
nem ſolchen Tage hatte er die Prinzeſſin ab-
geholt; ſchoͤne junge Frauen kamen ihr vor
dem Schloß entgegen, es war ein herrliches Feſt
und ſie ſchlief in Freuden ein, aber als ſie er-
wachte, lag ſie in einer dunkeln Baͤrenhoͤle und
ihr Gemahl war ein Baͤr geworden und brumm-
te zu ihren Fuͤßen, nur das Bett und alles
was ſie angeruͤhrt hatte, blieb in ſeinem natuͤr-
lichen Zuſtand unverwandelt. So lebte ſie ſechs
Tage in Leid aber am ſiebenten ward ſie getroͤ-
ſtet, und da ſie nicht alt ward und nur der
eine Tag ihr zugerechnet wurde, ſo war ſie zu-
frieden mit ihrem Leben. Sie hatte ihrem Ge-
mahl zwei Prinzen geboren, die waren auch
ſechs Tage lang Baͤren und am ſiebenten in
menſchlicher Geſtalt. Sie ſteckte ſich jedesmal
hr Bettſtroh voll von den koͤſtlichſten Speiſen
Kuchen und Fruͤchten, davon lebte ſie die ganze
Woche, und der Baͤr war ihr auch gehorſam
und that, was ſie wollte.


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[374/0408] riech ich“ und wollte wieder unter das Bett. Da gab ſie ihm einen Fußtritt in den Leib, daß er einen Burzelbaum machte, auf ſein La- ger ging, die Tatze ins Maul nahm und einſchlief. Alle ſieben Tage war der Baͤr in ſeiner natuͤrlichen Geſtalt und ein ſchoͤner Prinz, und ſeine Hoͤhle ein praͤchtiges Schloß und die Thiere im Wald, waren ſeine Diener. An ei- nem ſolchen Tage hatte er die Prinzeſſin ab- geholt; ſchoͤne junge Frauen kamen ihr vor dem Schloß entgegen, es war ein herrliches Feſt und ſie ſchlief in Freuden ein, aber als ſie er- wachte, lag ſie in einer dunkeln Baͤrenhoͤle und ihr Gemahl war ein Baͤr geworden und brumm- te zu ihren Fuͤßen, nur das Bett und alles was ſie angeruͤhrt hatte, blieb in ſeinem natuͤr- lichen Zuſtand unverwandelt. So lebte ſie ſechs Tage in Leid aber am ſiebenten ward ſie getroͤ- ſtet, und da ſie nicht alt ward und nur der eine Tag ihr zugerechnet wurde, ſo war ſie zu- frieden mit ihrem Leben. Sie hatte ihrem Ge- mahl zwei Prinzen geboren, die waren auch ſechs Tage lang Baͤren und am ſiebenten in menſchlicher Geſtalt. Sie ſteckte ſich jedesmal hr Bettſtroh voll von den koͤſtlichſten Speiſen Kuchen und Fruͤchten, davon lebte ſie die ganze Woche, und der Baͤr war ihr auch gehorſam und that, was ſie wollte.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/408>, abgerufen am 24.11.2024.