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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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einer stumpfen Axt hauen, und nichts zu essen
bekamen sie, als steinharte Klöse. Da wurden
zuletzt die Kinder so ungeduldig, daß sie war-
teten, bis eines Sonntags die Nixe in der
Kirche war, da flohen sie. Und als die Kirche
vorbei war, sah die Nix, daß die Vögel ausge-
flogen waren, und setzte ihnen mit großen
Sprüngen nach. Die Kinder erblickten sie aber
von weitem, und das Mädchen warf eine Bür-
ste hinter sich, das gab einen großen Bürsten-
berg, mit tausend und tausend Stacheln, über
den die Nix mit großer Müh klettern mußte,
endlich aber kam sie doch darüber. Wie das
die Kinder sahen, warf der Knabe einen Kamm
hinter sich, das gab einen großen Kammberg,
mit tausend mal tausend Zinken, aber die Nix
wußte sich daran festzuhalten, und kam zuletzt
doch drüber. Da warf das Mädchen einen
Spiegel hinterwärts, welches einen Spiegelberg
gab, der war so glatt, so glatt, daß sie unmög-
lich drüber konnte. Da dachte sie: ich will ge-
schwind nach Haus gehen und meine Axt ho-
len, und den Spiegelberg entzwei hauen, bis
sie aber wieder kam, und das Glas aufgehauen
hatte, waren die Kinder längst weit entflohen,
und die Wassernix mußte sich wieder in ihren
Brunnen trollen.


einer ſtumpfen Axt hauen, und nichts zu eſſen
bekamen ſie, als ſteinharte Kloͤſe. Da wurden
zuletzt die Kinder ſo ungeduldig, daß ſie war-
teten, bis eines Sonntags die Nixe in der
Kirche war, da flohen ſie. Und als die Kirche
vorbei war, ſah die Nix, daß die Voͤgel ausge-
flogen waren, und ſetzte ihnen mit großen
Spruͤngen nach. Die Kinder erblickten ſie aber
von weitem, und das Maͤdchen warf eine Buͤr-
ſte hinter ſich, das gab einen großen Buͤrſten-
berg, mit tauſend und tauſend Stacheln, uͤber
den die Nix mit großer Muͤh klettern mußte,
endlich aber kam ſie doch daruͤber. Wie das
die Kinder ſahen, warf der Knabe einen Kamm
hinter ſich, das gab einen großen Kammberg,
mit tauſend mal tauſend Zinken, aber die Nix
wußte ſich daran feſtzuhalten, und kam zuletzt
doch druͤber. Da warf das Maͤdchen einen
Spiegel hinterwaͤrts, welches einen Spiegelberg
gab, der war ſo glatt, ſo glatt, daß ſie unmoͤg-
lich druͤber konnte. Da dachte ſie: ich will ge-
ſchwind nach Haus gehen und meine Axt ho-
len, und den Spiegelberg entzwei hauen, bis
ſie aber wieder kam, und das Glas aufgehauen
hatte, waren die Kinder laͤngſt weit entflohen,
und die Waſſernix mußte ſich wieder in ihren
Brunnen trollen.


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[357/0391] einer ſtumpfen Axt hauen, und nichts zu eſſen bekamen ſie, als ſteinharte Kloͤſe. Da wurden zuletzt die Kinder ſo ungeduldig, daß ſie war- teten, bis eines Sonntags die Nixe in der Kirche war, da flohen ſie. Und als die Kirche vorbei war, ſah die Nix, daß die Voͤgel ausge- flogen waren, und ſetzte ihnen mit großen Spruͤngen nach. Die Kinder erblickten ſie aber von weitem, und das Maͤdchen warf eine Buͤr- ſte hinter ſich, das gab einen großen Buͤrſten- berg, mit tauſend und tauſend Stacheln, uͤber den die Nix mit großer Muͤh klettern mußte, endlich aber kam ſie doch daruͤber. Wie das die Kinder ſahen, warf der Knabe einen Kamm hinter ſich, das gab einen großen Kammberg, mit tauſend mal tauſend Zinken, aber die Nix wußte ſich daran feſtzuhalten, und kam zuletzt doch druͤber. Da warf das Maͤdchen einen Spiegel hinterwaͤrts, welches einen Spiegelberg gab, der war ſo glatt, ſo glatt, daß ſie unmoͤg- lich druͤber konnte. Da dachte ſie: ich will ge- ſchwind nach Haus gehen und meine Axt ho- len, und den Spiegelberg entzwei hauen, bis ſie aber wieder kam, und das Glas aufgehauen hatte, waren die Kinder laͤngſt weit entflohen, und die Waſſernix mußte ſich wieder in ihren Brunnen trollen.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/391>, abgerufen am 24.11.2024.