Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

sie versprochen hatte, und sie schliefen vergnügt
zusammen ein. Am Morgen aber kam ein präch-
tiger Wagen mit acht Pferden bespannt, mit
Federn geputzt und goldschimmernd, dabei war
der treue Heinrich des Prinzen, der hatte sich
so betrübt über die Verwandlung desselben, daß
er drei eiserne Bande um sein Herz legen muß-
te, damit es vor Traurigkeit nicht zerspringe.
Der Prinz setzte sich mit der Königstochter in
den Wagen, der treue Diener aber stand hinten
auf, so wollten sie in sein Reich fahren. Und
wie sie ein Stück Weges gefahren waren, hörte
der Prinz hinter sich ein lautes Krachen, da
drehte er sich um und rief:

"Heinrich, der Wagen bricht!" --
"Nein Herr, der Wagen nicht,
es ist ein Band von meinem Herzen,
das da lag in großen Schmerzen,
als ihr in dem Brunnen saßt,
als ihr eine Fretsche (Frosch) was't." (wart)

Noch einmal und noch einmal hörte es der
Prinz krachen, und meinte: der Wagen bräche,
aber es waren nur die Bande, die vom Herzen
des treuen Heinrich absprangen, weil sein Herr
erlöst und glücklich war.



ſie verſprochen hatte, und ſie ſchliefen vergnuͤgt
zuſammen ein. Am Morgen aber kam ein praͤch-
tiger Wagen mit acht Pferden beſpannt, mit
Federn geputzt und goldſchimmernd, dabei war
der treue Heinrich des Prinzen, der hatte ſich
ſo betruͤbt uͤber die Verwandlung deſſelben, daß
er drei eiſerne Bande um ſein Herz legen muß-
te, damit es vor Traurigkeit nicht zerſpringe.
Der Prinz ſetzte ſich mit der Koͤnigstochter in
den Wagen, der treue Diener aber ſtand hinten
auf, ſo wollten ſie in ſein Reich fahren. Und
wie ſie ein Stuͤck Weges gefahren waren, hoͤrte
der Prinz hinter ſich ein lautes Krachen, da
drehte er ſich um und rief:

„Heinrich, der Wagen bricht!“ —
„Nein Herr, der Wagen nicht,
es iſt ein Band von meinem Herzen,
das da lag in großen Schmerzen,
als ihr in dem Brunnen ſaßt,
als ihr eine Fretſche (Froſch) waſ't.“ (wart)

Noch einmal und noch einmal hoͤrte es der
Prinz krachen, und meinte: der Wagen braͤche,
aber es waren nur die Bande, die vom Herzen
des treuen Heinrich abſprangen, weil ſein Herr
erloͤſt und gluͤcklich war.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0039" n="5"/>
&#x017F;ie ver&#x017F;prochen hatte, und &#x017F;ie &#x017F;chliefen vergnu&#x0364;gt<lb/>
zu&#x017F;ammen ein. Am Morgen aber kam ein pra&#x0364;ch-<lb/>
tiger Wagen mit acht Pferden be&#x017F;pannt, mit<lb/>
Federn geputzt und gold&#x017F;chimmernd, dabei war<lb/>
der treue Heinrich des Prinzen, der hatte &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;o betru&#x0364;bt u&#x0364;ber die Verwandlung de&#x017F;&#x017F;elben, daß<lb/>
er drei ei&#x017F;erne Bande um &#x017F;ein Herz legen muß-<lb/>
te, damit es vor Traurigkeit nicht zer&#x017F;pringe.<lb/>
Der Prinz &#x017F;etzte &#x017F;ich mit der Ko&#x0364;nigstochter in<lb/>
den Wagen, der treue Diener aber &#x017F;tand hinten<lb/>
auf, &#x017F;o wollten &#x017F;ie in &#x017F;ein Reich fahren. Und<lb/>
wie &#x017F;ie ein Stu&#x0364;ck Weges gefahren waren, ho&#x0364;rte<lb/>
der Prinz hinter &#x017F;ich ein lautes Krachen, da<lb/>
drehte er &#x017F;ich um und rief:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>&#x201E;Heinrich, der Wagen bricht!&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
          <l>&#x201E;Nein Herr, der Wagen nicht,</l><lb/>
          <l>es i&#x017F;t ein Band von meinem Herzen,</l><lb/>
          <l>das da lag in großen Schmerzen,</l><lb/>
          <l>als ihr in dem Brunnen &#x017F;aßt,</l><lb/>
          <l>als ihr eine Fret&#x017F;che (Fro&#x017F;ch) wa&#x017F;'t.&#x201C; (wart)</l>
        </lg><lb/>
        <p>Noch einmal und noch einmal ho&#x0364;rte es der<lb/>
Prinz krachen, und meinte: der Wagen bra&#x0364;che,<lb/>
aber es waren nur die Bande, die vom Herzen<lb/>
des treuen Heinrich ab&#x017F;prangen, weil &#x017F;ein Herr<lb/>
erlo&#x0364;&#x017F;t und glu&#x0364;cklich war.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0039] ſie verſprochen hatte, und ſie ſchliefen vergnuͤgt zuſammen ein. Am Morgen aber kam ein praͤch- tiger Wagen mit acht Pferden beſpannt, mit Federn geputzt und goldſchimmernd, dabei war der treue Heinrich des Prinzen, der hatte ſich ſo betruͤbt uͤber die Verwandlung deſſelben, daß er drei eiſerne Bande um ſein Herz legen muß- te, damit es vor Traurigkeit nicht zerſpringe. Der Prinz ſetzte ſich mit der Koͤnigstochter in den Wagen, der treue Diener aber ſtand hinten auf, ſo wollten ſie in ſein Reich fahren. Und wie ſie ein Stuͤck Weges gefahren waren, hoͤrte der Prinz hinter ſich ein lautes Krachen, da drehte er ſich um und rief: „Heinrich, der Wagen bricht!“ — „Nein Herr, der Wagen nicht, es iſt ein Band von meinem Herzen, das da lag in großen Schmerzen, als ihr in dem Brunnen ſaßt, als ihr eine Fretſche (Froſch) waſ't.“ (wart) Noch einmal und noch einmal hoͤrte es der Prinz krachen, und meinte: der Wagen braͤche, aber es waren nur die Bande, die vom Herzen des treuen Heinrich abſprangen, weil ſein Herr erloͤſt und gluͤcklich war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/39
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/39>, abgerufen am 21.11.2024.