Wirthshäuser standen, in dem einen wurde ge- sungen und gesprungen, das andere hatte ein armseliges, betrübtes Ansehen. "Ei, ich wär wohl ein rechter Narr, daß ich in das lumpige Wirthshaus ginge und das schöne liegen ließe!" ging damit in das lustige zur Thüre hinein, lebte vollauf in Saus und Braus und vergaß den Vogel und seine Heimath.
Die Zeit verstrich, und wie der älteste Sohn immer und immer nicht nach Haus kam, so machte sich der zweite auf, und alles begegnete ihm gerade eben so, mit dem Fuchs und dem guten Rath, aber wie er vor die zwei Wirths- häuser kam, stand sein ältester Bruder im Fen- ster dessen, wo der Jubel war, und rief ihn hinein, so daß er nicht widerstehen konnte und es da guter Dinge seyn ließ.
Die Zeit verstrich, da wollte der jüngste Sohn auch in die Welt gehen, allein der Va- ter wollte es lange nicht zulassen, denn er hat- te ihn gar lieb und furchte sich, es möchte ihm auch ein Unglück zustoßen, daß er auch nicht wiederkäme. Doch endlich, wie keine Ruh mehr war, ließ er ihn ziehen, und vor dem Wald be- gegnete ihm auch wieder der Fuchs, und gab ihm den guten Rath. Er war aber gutmüthig, und schenkte ihm das Leben, da sagte der Fuchs: steig hinten auf meinen Schwanz, so gehts schneller. Und wie er sich darauf gesetzt hatte,
Wirthshaͤuſer ſtanden, in dem einen wurde ge- ſungen und geſprungen, das andere hatte ein armſeliges, betruͤbtes Anſehen. „Ei, ich waͤr wohl ein rechter Narr, daß ich in das lumpige Wirthshaus ginge und das ſchoͤne liegen ließe!“ ging damit in das luſtige zur Thuͤre hinein, lebte vollauf in Saus und Braus und vergaß den Vogel und ſeine Heimath.
Die Zeit verſtrich, und wie der aͤlteſte Sohn immer und immer nicht nach Haus kam, ſo machte ſich der zweite auf, und alles begegnete ihm gerade eben ſo, mit dem Fuchs und dem guten Rath, aber wie er vor die zwei Wirths- haͤuſer kam, ſtand ſein aͤlteſter Bruder im Fen- ſter deſſen, wo der Jubel war, und rief ihn hinein, ſo daß er nicht widerſtehen konnte und es da guter Dinge ſeyn ließ.
Die Zeit verſtrich, da wollte der juͤngſte Sohn auch in die Welt gehen, allein der Va- ter wollte es lange nicht zulaſſen, denn er hat- te ihn gar lieb und furchte ſich, es moͤchte ihm auch ein Ungluͤck zuſtoßen, daß er auch nicht wiederkaͤme. Doch endlich, wie keine Ruh mehr war, ließ er ihn ziehen, und vor dem Wald be- gegnete ihm auch wieder der Fuchs, und gab ihm den guten Rath. Er war aber gutmuͤthig, und ſchenkte ihm das Leben, da ſagte der Fuchs: ſteig hinten auf meinen Schwanz, ſo gehts ſchneller. Und wie er ſich darauf geſetzt hatte,
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Wirthshaͤuſer ſtanden, in dem einen wurde ge-
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wohl ein rechter Narr, daß ich in das lumpige
Wirthshaus ginge und das ſchoͤne liegen ließe!“
ging damit in das luſtige zur Thuͤre hinein,
lebte vollauf in Saus und Braus und vergaß
den Vogel und ſeine Heimath.
Die Zeit verſtrich, und wie der aͤlteſte Sohn
immer und immer nicht nach Haus kam, ſo
machte ſich der zweite auf, und alles begegnete
ihm gerade eben ſo, mit dem Fuchs und dem
guten Rath, aber wie er vor die zwei Wirths-
haͤuſer kam, ſtand ſein aͤlteſter Bruder im Fen-
ſter deſſen, wo der Jubel war, und rief ihn
hinein, ſo daß er nicht widerſtehen konnte und
es da guter Dinge ſeyn ließ.
Die Zeit verſtrich, da wollte der juͤngſte
Sohn auch in die Welt gehen, allein der Va-
ter wollte es lange nicht zulaſſen, denn er hat-
te ihn gar lieb und furchte ſich, es moͤchte ihm
auch ein Ungluͤck zuſtoßen, daß er auch nicht
wiederkaͤme. Doch endlich, wie keine Ruh mehr
war, ließ er ihn ziehen, und vor dem Wald be-
gegnete ihm auch wieder der Fuchs, und gab
ihm den guten Rath. Er war aber gutmuͤthig,
und ſchenkte ihm das Leben, da ſagte der Fuchs:
ſteig hinten auf meinen Schwanz, ſo gehts
ſchneller. Und wie er ſich darauf geſetzt hatte,
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. [262]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/296>, abgerufen am 22.11.2024.
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