Haus war ein gar zu lächerliches Männchen, das sprang als auf einem Bein davor herum, und schrie:
"heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hohl ich der Frau Königin ihr Kind, ach wie gut ist, daß niemand weiß, daß ich Rumpelstilzchen heiß!"
Wie die Königin das hörte, ward sie ganz froh und als das gefährliche Männlein kam, frug er: Frau Königin, wie heiß ich? -- "heißest du Conrad?" -- Nein. -- "Heißest du Hein- rich?" -- Nein.
Heißt du etwa Rumpelstilzchen? Das hat dir der Teufel gesagt! schrie das Männchen, lief zornig fort und kam nimmer- mehr wieder.
56. Der Liebste Roland.
Es war einmal eine Mutter, die hatte nur ihre rechte Tochter lieb und haßte ihre Stief- tochter, die doch tausendmal schöner und besser war. Einmal hatte diese eine schöne Schürze, darüber war die andere neidisch und verlangte von der Mutter, sie solle ihr diese Schürze verschaffen. Die Mutter sagte: "sey still, mein liebes Kind, du sollst sie haben, deine Stief-
Haus war ein gar zu laͤcherliches Maͤnnchen, das ſprang als auf einem Bein davor herum, und ſchrie:
„heute back ich, morgen brau ich, uͤbermorgen hohl ich der Frau Koͤnigin ihr Kind, ach wie gut iſt, daß niemand weiß, daß ich Rumpelſtilzchen heiß!“
Wie die Koͤnigin das hoͤrte, ward ſie ganz froh und als das gefaͤhrliche Maͤnnlein kam, frug er: Frau Koͤnigin, wie heiß ich? — „heißeſt du Conrad?“ — Nein. — „Heißeſt du Hein- rich?“ — Nein.
Heißt du etwa Rumpelſtilzchen? Das hat dir der Teufel geſagt! ſchrie das Maͤnnchen, lief zornig fort und kam nimmer- mehr wieder.
56. Der Liebſte Roland.
Es war einmal eine Mutter, die hatte nur ihre rechte Tochter lieb und haßte ihre Stief- tochter, die doch tauſendmal ſchoͤner und beſſer war. Einmal hatte dieſe eine ſchoͤne Schuͤrze, daruͤber war die andere neidiſch und verlangte von der Mutter, ſie ſolle ihr dieſe Schuͤrze verſchaffen. Die Mutter ſagte: „ſey ſtill, mein liebes Kind, du ſollſt ſie haben, deine Stief-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0289"n="255"/>
Haus war ein gar zu laͤcherliches Maͤnnchen,<lb/>
das ſprang als auf einem Bein davor herum,<lb/>
und ſchrie:<lb/><lgtype="poem"><l>„heute back ich, morgen brau ich,</l><lb/><l>uͤbermorgen hohl ich der Frau Koͤnigin ihr</l><lb/><l>Kind,</l><lb/><l>ach wie gut iſt, daß niemand weiß,</l><lb/><l>daß ich Rumpelſtilzchen heiß!“</l></lg><lb/>
Wie die Koͤnigin das hoͤrte, ward ſie ganz froh<lb/>
und als das gefaͤhrliche Maͤnnlein kam, frug<lb/>
er: Frau Koͤnigin, wie heiß ich? —„heißeſt<lb/>
du Conrad?“— Nein. —„Heißeſt du Hein-<lb/>
rich?“— Nein.</p><lb/><p>Heißt du etwa Rumpelſtilzchen?<lb/>
Das hat dir der Teufel geſagt! ſchrie das<lb/>
Maͤnnchen, lief zornig fort und kam nimmer-<lb/>
mehr wieder.</p></div><lb/><divn="1"><head>56.<lb/><hirendition="#g">Der Liebſte Roland</hi>.</head><lb/><p>Es war einmal eine Mutter, die hatte nur<lb/>
ihre rechte Tochter lieb und haßte ihre Stief-<lb/>
tochter, die doch tauſendmal ſchoͤner und beſſer<lb/>
war. Einmal hatte dieſe eine ſchoͤne Schuͤrze,<lb/>
daruͤber war die andere neidiſch und verlangte<lb/>
von der Mutter, ſie ſolle ihr dieſe Schuͤrze<lb/>
verſchaffen. Die Mutter ſagte: „ſey ſtill, mein<lb/>
liebes Kind, du ſollſt ſie haben, deine Stief-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[255/0289]
Haus war ein gar zu laͤcherliches Maͤnnchen,
das ſprang als auf einem Bein davor herum,
und ſchrie:
„heute back ich, morgen brau ich,
uͤbermorgen hohl ich der Frau Koͤnigin ihr
Kind,
ach wie gut iſt, daß niemand weiß,
daß ich Rumpelſtilzchen heiß!“
Wie die Koͤnigin das hoͤrte, ward ſie ganz froh
und als das gefaͤhrliche Maͤnnlein kam, frug
er: Frau Koͤnigin, wie heiß ich? — „heißeſt
du Conrad?“ — Nein. — „Heißeſt du Hein-
rich?“ — Nein.
Heißt du etwa Rumpelſtilzchen?
Das hat dir der Teufel geſagt! ſchrie das
Maͤnnchen, lief zornig fort und kam nimmer-
mehr wieder.
56.
Der Liebſte Roland.
Es war einmal eine Mutter, die hatte nur
ihre rechte Tochter lieb und haßte ihre Stief-
tochter, die doch tauſendmal ſchoͤner und beſſer
war. Einmal hatte dieſe eine ſchoͤne Schuͤrze,
daruͤber war die andere neidiſch und verlangte
von der Mutter, ſie ſolle ihr dieſe Schuͤrze
verſchaffen. Die Mutter ſagte: „ſey ſtill, mein
liebes Kind, du ſollſt ſie haben, deine Stief-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/289>, abgerufen am 18.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.