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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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ander frisch gedeckt. Sneewittchen war hungrig
und durstig, aß von jedem Tellerlein ein wenig
Gemüs und Brod, trank aus jedem Gläschen
einen Tropfen Wein, und weil es so müd war,
wollte es sich schlafen legen. Da probirte es
die sieben Bettlein nach einander, keins war
ihm aber recht, bis auf das siebente, in das legte
es sich und schlief ein.

Wie es Nacht war, kamen die sieben Zwer-
ge von ihrer Arbeit heim, und steckten ihre sie-
ben Lichtlein an, da sahen sie, daß jemand in
ihrem Haus gewesen war. Der erste sprach:
"wer hat auf meinem Stühlchen gesessen?"
Der zweite: "wer hat von meinem Tellerchen
gegessen?" Der dritte: "wer hat von meinem
Brödchen genommen?" Der vierte: "wer hat
von meinem Gemüschen gegessen?" Der fünf-
te: "wer hat mit meinem Gäbelchen gestochen?"
Der sechste: "wer hat mit meinem Messerchen
geschnitten?" Der siebente: "wer hat aus
meinem Becherlein getrunken?" Darnach sah
der erste sich um und sagte: "wer hat in mein
Bettchen getreten?" Der zweite: "ei, in mei-
nem hat auch jemand gelegen?" und so alle
weiter bis zum siebenten, wie der nach seinem
Bettchen sah, da fand er das Sneewittchen
darin liegen und schlafen. Da kamen die Zwer-
ge alle gelaufen, und schrieen vor Verwunde-
rung, und holten ihre sieben Lichtlein herbei,

Kindermärchen. Q

ander friſch gedeckt. Sneewittchen war hungrig
und durſtig, aß von jedem Tellerlein ein wenig
Gemuͤs und Brod, trank aus jedem Glaͤschen
einen Tropfen Wein, und weil es ſo muͤd war,
wollte es ſich ſchlafen legen. Da probirte es
die ſieben Bettlein nach einander, keins war
ihm aber recht, bis auf das ſiebente, in das legte
es ſich und ſchlief ein.

Wie es Nacht war, kamen die ſieben Zwer-
ge von ihrer Arbeit heim, und ſteckten ihre ſie-
ben Lichtlein an, da ſahen ſie, daß jemand in
ihrem Haus geweſen war. Der erſte ſprach:
„wer hat auf meinem Stuͤhlchen geſeſſen?“
Der zweite: „wer hat von meinem Tellerchen
gegeſſen?“ Der dritte: „wer hat von meinem
Broͤdchen genommen?“ Der vierte: „wer hat
von meinem Gemuͤschen gegeſſen?“ Der fuͤnf-
te: „wer hat mit meinem Gaͤbelchen geſtochen?“
Der ſechſte: „wer hat mit meinem Meſſerchen
geſchnitten?“ Der ſiebente: „wer hat aus
meinem Becherlein getrunken?“ Darnach ſah
der erſte ſich um und ſagte: „wer hat in mein
Bettchen getreten?“ Der zweite: „ei, in mei-
nem hat auch jemand gelegen?“ und ſo alle
weiter bis zum ſiebenten, wie der nach ſeinem
Bettchen ſah, da fand er das Sneewittchen
darin liegen und ſchlafen. Da kamen die Zwer-
ge alle gelaufen, und ſchrieen vor Verwunde-
rung, und holten ihre ſieben Lichtlein herbei,

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[241/0275] ander friſch gedeckt. Sneewittchen war hungrig und durſtig, aß von jedem Tellerlein ein wenig Gemuͤs und Brod, trank aus jedem Glaͤschen einen Tropfen Wein, und weil es ſo muͤd war, wollte es ſich ſchlafen legen. Da probirte es die ſieben Bettlein nach einander, keins war ihm aber recht, bis auf das ſiebente, in das legte es ſich und ſchlief ein. Wie es Nacht war, kamen die ſieben Zwer- ge von ihrer Arbeit heim, und ſteckten ihre ſie- ben Lichtlein an, da ſahen ſie, daß jemand in ihrem Haus geweſen war. Der erſte ſprach: „wer hat auf meinem Stuͤhlchen geſeſſen?“ Der zweite: „wer hat von meinem Tellerchen gegeſſen?“ Der dritte: „wer hat von meinem Broͤdchen genommen?“ Der vierte: „wer hat von meinem Gemuͤschen gegeſſen?“ Der fuͤnf- te: „wer hat mit meinem Gaͤbelchen geſtochen?“ Der ſechſte: „wer hat mit meinem Meſſerchen geſchnitten?“ Der ſiebente: „wer hat aus meinem Becherlein getrunken?“ Darnach ſah der erſte ſich um und ſagte: „wer hat in mein Bettchen getreten?“ Der zweite: „ei, in mei- nem hat auch jemand gelegen?“ und ſo alle weiter bis zum ſiebenten, wie der nach ſeinem Bettchen ſah, da fand er das Sneewittchen darin liegen und ſchlafen. Da kamen die Zwer- ge alle gelaufen, und ſchrieen vor Verwunde- rung, und holten ihre ſieben Lichtlein herbei, Kindermärchen. Q

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/275>, abgerufen am 22.11.2024.