Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.
sie gehört dem König Droßelbart, hättst du'n genommen, so wär sie dein! -- "ich arme Jungfer zart, ach hätt' ich doch genommen den König Dro- ßelbart!" Endlich kamen sie durch eine Stadt: "wem gehört wohl die schöne große Stadt? --" sie gehört dem König Droßelbart, hättst du'n genommen, so wär sie dein. -- "ich arme Jungfer zart, ach hätt' ich doch genommen den König Dro- ßelbart!" der Spielmann wurde ganz mürrisch, daß sie sich immer einen andern Mann wünschte und sich gar nichts aus ihm machte; endlich so ka- men sie an ein kleines Häuschen: "ach Gott, was für ein Häuselein, wem mag das elende, winzige Häuschen seyn?" der Bettelmann sagte: "das Haus ist unser Haus, wo wir wohnen, mach nur gleich Feuer an und stell Wasser auf, daß du mir mein Es- sen kochst, ich bin ganz müd." Die Königs- tochter aber verstand nichts vom Kochen, und der Mann mußte ihr nur mit helfen, so ging es noch so leidlich, und wie sie gegessen hat- ten, legten sie sich ins Bett schlafen. Des Morgens aber mußte sie ganz früh aufstehen und arbeiten, und so wars ein paar Tage schlecht genug, bis der Mann endlich sagte: "Frau, so
ſie gehoͤrt dem Koͤnig Droßelbart, haͤttſt du'n genommen, ſo waͤr ſie dein! — „ich arme Jungfer zart, ach haͤtt' ich doch genommen den Koͤnig Dro- ßelbart!“ Endlich kamen ſie durch eine Stadt: „wem gehoͤrt wohl die ſchoͤne große Stadt? —“ ſie gehoͤrt dem Koͤnig Droßelbart, haͤttſt du'n genommen, ſo waͤr ſie dein. — „ich arme Jungfer zart, ach haͤtt' ich doch genommen den Koͤnig Dro- ßelbart!“ der Spielmann wurde ganz muͤrriſch, daß ſie ſich immer einen andern Mann wuͤnſchte und ſich gar nichts aus ihm machte; endlich ſo ka- men ſie an ein kleines Haͤuschen: „ach Gott, was fuͤr ein Haͤuſelein, wem mag das elende, winzige Haͤuschen ſeyn?“ der Bettelmann ſagte: „das Haus iſt unſer Haus, wo wir wohnen, mach nur gleich Feuer an und ſtell Waſſer auf, daß du mir mein Eſ- ſen kochſt, ich bin ganz muͤd.“ Die Koͤnigs- tochter aber verſtand nichts vom Kochen, und der Mann mußte ihr nur mit helfen, ſo ging es noch ſo leidlich, und wie ſie gegeſſen hat- ten, legten ſie ſich ins Bett ſchlafen. Des Morgens aber mußte ſie ganz fruͤh aufſtehen und arbeiten, und ſo wars ein paar Tage ſchlecht genug, bis der Mann endlich ſagte: „Frau, ſo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><lg type="poem"><l><pb facs="#f0269" n="235"/></l><l>ſie gehoͤrt dem Koͤnig Droßelbart,</l><lb/><l>haͤttſt du'n genommen, ſo waͤr ſie dein! —</l><lb/><l>„ich arme Jungfer zart,</l><lb/><l>ach haͤtt' ich doch genommen den Koͤnig Dro-</l><lb/><l>ßelbart!“</l></lg><lb/> Endlich kamen ſie durch eine Stadt:<lb/><lg type="poem"><l>„wem gehoͤrt wohl die ſchoͤne große Stadt? —“</l><lb/><l>ſie gehoͤrt dem Koͤnig Droßelbart,</l><lb/><l>haͤttſt du'n genommen, ſo waͤr ſie dein. —</l><lb/><l>„ich arme Jungfer zart,</l><lb/><l>ach haͤtt' ich doch genommen den Koͤnig Dro-</l><lb/><l>ßelbart!“</l></lg><lb/> der Spielmann wurde ganz muͤrriſch, daß ſie<lb/> ſich immer einen andern Mann wuͤnſchte und<lb/> ſich gar nichts aus ihm machte; endlich ſo ka-<lb/> men ſie an ein kleines Haͤuschen:<lb/><lg type="poem"><l>„ach Gott, was fuͤr ein Haͤuſelein,</l><lb/><l>wem mag das elende, winzige Haͤuschen ſeyn?“</l></lg><lb/> der Bettelmann ſagte: „das Haus iſt unſer<lb/> Haus, wo wir wohnen, mach nur gleich Feuer<lb/> an und ſtell Waſſer auf, daß du mir mein Eſ-<lb/> ſen kochſt, ich bin ganz muͤd.“ Die Koͤnigs-<lb/> tochter aber verſtand nichts vom Kochen, und<lb/> der Mann mußte ihr nur mit helfen, ſo ging<lb/> es noch ſo leidlich, und wie ſie gegeſſen hat-<lb/> ten, legten ſie ſich ins Bett ſchlafen. Des<lb/> Morgens aber mußte ſie ganz fruͤh aufſtehen<lb/> und arbeiten, und ſo wars ein paar Tage ſchlecht<lb/> genug, bis der Mann endlich ſagte: „Frau, ſo<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [235/0269]
ſie gehoͤrt dem Koͤnig Droßelbart,
haͤttſt du'n genommen, ſo waͤr ſie dein! —
„ich arme Jungfer zart,
ach haͤtt' ich doch genommen den Koͤnig Dro-
ßelbart!“
Endlich kamen ſie durch eine Stadt:
„wem gehoͤrt wohl die ſchoͤne große Stadt? —“
ſie gehoͤrt dem Koͤnig Droßelbart,
haͤttſt du'n genommen, ſo waͤr ſie dein. —
„ich arme Jungfer zart,
ach haͤtt' ich doch genommen den Koͤnig Dro-
ßelbart!“
der Spielmann wurde ganz muͤrriſch, daß ſie
ſich immer einen andern Mann wuͤnſchte und
ſich gar nichts aus ihm machte; endlich ſo ka-
men ſie an ein kleines Haͤuschen:
„ach Gott, was fuͤr ein Haͤuſelein,
wem mag das elende, winzige Haͤuschen ſeyn?“
der Bettelmann ſagte: „das Haus iſt unſer
Haus, wo wir wohnen, mach nur gleich Feuer
an und ſtell Waſſer auf, daß du mir mein Eſ-
ſen kochſt, ich bin ganz muͤd.“ Die Koͤnigs-
tochter aber verſtand nichts vom Kochen, und
der Mann mußte ihr nur mit helfen, ſo ging
es noch ſo leidlich, und wie ſie gegeſſen hat-
ten, legten ſie ſich ins Bett ſchlafen. Des
Morgens aber mußte ſie ganz fruͤh aufſtehen
und arbeiten, und ſo wars ein paar Tage ſchlecht
genug, bis der Mann endlich ſagte: „Frau, ſo
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/269>, abgerufen am 16.02.2025. |