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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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nommen. Er warf seinen Ranzen auf den Tisch
und erzählte von seinen Brüdern: "der eine
hat ein Tischgen deck dich, der andere einen
Goldesel mitgebracht, das ist alles recht gut,
aber nichts gegen das, was ich da im Ranzen
habe, das kann die ganze Welt nicht bezahlen.
Der Wirth ward neugierig und hoffte den
Schatz auch noch zu kriegen. Als es Nacht
ward, legte sich der Schneider auf die Streu
und seinen Ranzen legte er unter den Kopf.
Der Wirth blieb auf und wartete, bis er dacht
der Schneider schlafe fest, da ging er herzu,
holte einen andern Ranzen, und wollte dem
Schneider seinen unter dem Kopf wegziehen.
Der war aber wach geblieben, und als er die
Hand des Wirths merkte, rief er: "Knüppel
aus dem Ranzen!" Da sprang der Knüppel
heraus, auf den Wirth und prügelte ihn so
wichtig, daß er auf die Knie fiel und sehr um
Gnade schrie. Der Schneider ließ aber den
Knüppel nicht eher ruhen, bis der Dieb das
Tischgen deck dich und den Goldesel heraus
gab. Dann zog er mit den drei Wunderstük-
ken heim und sie lebten von nun an in Reich-
thum und Glückseeligkeit, und der Vater sag-
te:" meinen Pfannkuchen und meinen Heller
hab ich nicht umsonst ausgegeben!"


nommen. Er warf ſeinen Ranzen auf den Tiſch
und erzaͤhlte von ſeinen Bruͤdern: „der eine
hat ein Tiſchgen deck dich, der andere einen
Goldeſel mitgebracht, das iſt alles recht gut,
aber nichts gegen das, was ich da im Ranzen
habe, das kann die ganze Welt nicht bezahlen.
Der Wirth ward neugierig und hoffte den
Schatz auch noch zu kriegen. Als es Nacht
ward, legte ſich der Schneider auf die Streu
und ſeinen Ranzen legte er unter den Kopf.
Der Wirth blieb auf und wartete, bis er dacht
der Schneider ſchlafe feſt, da ging er herzu,
holte einen andern Ranzen, und wollte dem
Schneider ſeinen unter dem Kopf wegziehen.
Der war aber wach geblieben, und als er die
Hand des Wirths merkte, rief er: „Knuͤppel
aus dem Ranzen!“ Da ſprang der Knuͤppel
heraus, auf den Wirth und pruͤgelte ihn ſo
wichtig, daß er auf die Knie fiel und ſehr um
Gnade ſchrie. Der Schneider ließ aber den
Knuͤppel nicht eher ruhen, bis der Dieb das
Tiſchgen deck dich und den Goldeſel heraus
gab. Dann zog er mit den drei Wunderſtuͤk-
ken heim und ſie lebten von nun an in Reich-
thum und Gluͤckſeeligkeit, und der Vater ſag-
te:“ meinen Pfannkuchen und meinen Heller
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[171/0205] nommen. Er warf ſeinen Ranzen auf den Tiſch und erzaͤhlte von ſeinen Bruͤdern: „der eine hat ein Tiſchgen deck dich, der andere einen Goldeſel mitgebracht, das iſt alles recht gut, aber nichts gegen das, was ich da im Ranzen habe, das kann die ganze Welt nicht bezahlen. Der Wirth ward neugierig und hoffte den Schatz auch noch zu kriegen. Als es Nacht ward, legte ſich der Schneider auf die Streu und ſeinen Ranzen legte er unter den Kopf. Der Wirth blieb auf und wartete, bis er dacht der Schneider ſchlafe feſt, da ging er herzu, holte einen andern Ranzen, und wollte dem Schneider ſeinen unter dem Kopf wegziehen. Der war aber wach geblieben, und als er die Hand des Wirths merkte, rief er: „Knuͤppel aus dem Ranzen!“ Da ſprang der Knuͤppel heraus, auf den Wirth und pruͤgelte ihn ſo wichtig, daß er auf die Knie fiel und ſehr um Gnade ſchrie. Der Schneider ließ aber den Knuͤppel nicht eher ruhen, bis der Dieb das Tiſchgen deck dich und den Goldeſel heraus gab. Dann zog er mit den drei Wunderſtuͤk- ken heim und ſie lebten von nun an in Reich- thum und Gluͤckſeeligkeit, und der Vater ſag- te:“ meinen Pfannkuchen und meinen Heller hab ich nicht umſonſt ausgegeben!“

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/205>, abgerufen am 24.11.2024.