Dazumal regierte ein König in dem Land, der aß die Rebhühner so gern: es war aber eine Noth, daß keine zu kriegen waren. Der ganze Wald war voll, aber sie waren so scheu, daß kein Jäger sie erreichen konnte. Das wuß- te der Kater und gedacht seine Sache besser zu machen; als er in den Wald kam, thät er den Sack auf, breitete das Korn auseinander, die Schnur aber legte er ins Gras und leitete sie hinter eine Hecke. Da versteckte er sich selber, schlich herum und lauerte. Die Rebhühner ka- men bald gelaufen, fanden das Korn und eins nach dem andern hüpfte in den Sack hinein. Als eine gute Anzahl darin war, zog der Ka- ter den Strick zu, lief herzu und drehte ihnen den Hals um; dann warf er den Sack auf den Rücken und ging geradeswegs nach des Königs Schloß. Die Wache rief: "halt! wo- hin." -- "Zu dem König," antwortete der Kater kurzweg. -- "Bist du toll, ein Kater zum König?" -- "Laß ihn nur gehen, sagte ein anderer, der König hat doch oft lange Weil, vielleicht macht ihm der Kater mit seinem Brummen und Spinnen Vergnügen." Als der Kater vor den König kam, machte er einen Reverenz und sagte: "mein Herr, der Graf, dabei nannte er einen langen und vornehmen Namen, läßt sich dem Herrn König empfehlen und schickt ihm hier Rebhühner, die er eben in
Dazumal regierte ein Koͤnig in dem Land, der aß die Rebhuͤhner ſo gern: es war aber eine Noth, daß keine zu kriegen waren. Der ganze Wald war voll, aber ſie waren ſo ſcheu, daß kein Jaͤger ſie erreichen konnte. Das wuß- te der Kater und gedacht ſeine Sache beſſer zu machen; als er in den Wald kam, thaͤt er den Sack auf, breitete das Korn auseinander, die Schnur aber legte er ins Gras und leitete ſie hinter eine Hecke. Da verſteckte er ſich ſelber, ſchlich herum und lauerte. Die Rebhuͤhner ka- men bald gelaufen, fanden das Korn und eins nach dem andern huͤpfte in den Sack hinein. Als eine gute Anzahl darin war, zog der Ka- ter den Strick zu, lief herzu und drehte ihnen den Hals um; dann warf er den Sack auf den Ruͤcken und ging geradeswegs nach des Koͤnigs Schloß. Die Wache rief: „halt! wo- hin.“ — „Zu dem Koͤnig,“ antwortete der Kater kurzweg. — „Biſt du toll, ein Kater zum Koͤnig?“ — „Laß ihn nur gehen, ſagte ein anderer, der Koͤnig hat doch oft lange Weil, vielleicht macht ihm der Kater mit ſeinem Brummen und Spinnen Vergnuͤgen.“ Als der Kater vor den Koͤnig kam, machte er einen Reverenz und ſagte: „mein Herr, der Graf, dabei nannte er einen langen und vornehmen Namen, laͤßt ſich dem Herrn Koͤnig empfehlen und ſchickt ihm hier Rebhuͤhner, die er eben in
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0183"n="149"/><p>Dazumal regierte ein Koͤnig in dem Land,<lb/>
der aß die Rebhuͤhner ſo gern: es war aber<lb/>
eine Noth, daß keine zu kriegen waren. Der<lb/>
ganze Wald war voll, aber ſie waren ſo ſcheu,<lb/>
daß kein Jaͤger ſie erreichen konnte. Das wuß-<lb/>
te der Kater und gedacht ſeine Sache beſſer zu<lb/>
machen; als er in den Wald kam, thaͤt er den<lb/>
Sack auf, breitete das Korn auseinander, die<lb/>
Schnur aber legte er ins Gras und leitete ſie<lb/>
hinter eine Hecke. Da verſteckte er ſich ſelber,<lb/>ſchlich herum und lauerte. Die Rebhuͤhner ka-<lb/>
men bald gelaufen, fanden das Korn und eins<lb/>
nach dem andern huͤpfte in den Sack hinein.<lb/>
Als eine gute Anzahl darin war, zog der Ka-<lb/>
ter den Strick zu, lief herzu und drehte ihnen<lb/>
den Hals um; dann warf er den Sack auf<lb/>
den Ruͤcken und ging geradeswegs nach des<lb/>
Koͤnigs Schloß. Die Wache rief: „halt! wo-<lb/>
hin.“—„Zu dem Koͤnig,“ antwortete der<lb/>
Kater kurzweg. —„Biſt du toll, ein Kater<lb/>
zum Koͤnig?“—„Laß ihn nur gehen, ſagte<lb/>
ein anderer, der Koͤnig hat doch oft lange Weil,<lb/>
vielleicht macht ihm der Kater mit ſeinem<lb/>
Brummen und Spinnen Vergnuͤgen.“ Als<lb/>
der Kater vor den Koͤnig kam, machte er einen<lb/>
Reverenz und ſagte: „mein Herr, der Graf,<lb/>
dabei nannte er einen langen und vornehmen<lb/>
Namen, laͤßt ſich dem Herrn Koͤnig empfehlen<lb/>
und ſchickt ihm hier Rebhuͤhner, die er eben in<lb/></p></div></body></text></TEI>
[149/0183]
Dazumal regierte ein Koͤnig in dem Land,
der aß die Rebhuͤhner ſo gern: es war aber
eine Noth, daß keine zu kriegen waren. Der
ganze Wald war voll, aber ſie waren ſo ſcheu,
daß kein Jaͤger ſie erreichen konnte. Das wuß-
te der Kater und gedacht ſeine Sache beſſer zu
machen; als er in den Wald kam, thaͤt er den
Sack auf, breitete das Korn auseinander, die
Schnur aber legte er ins Gras und leitete ſie
hinter eine Hecke. Da verſteckte er ſich ſelber,
ſchlich herum und lauerte. Die Rebhuͤhner ka-
men bald gelaufen, fanden das Korn und eins
nach dem andern huͤpfte in den Sack hinein.
Als eine gute Anzahl darin war, zog der Ka-
ter den Strick zu, lief herzu und drehte ihnen
den Hals um; dann warf er den Sack auf
den Ruͤcken und ging geradeswegs nach des
Koͤnigs Schloß. Die Wache rief: „halt! wo-
hin.“ — „Zu dem Koͤnig,“ antwortete der
Kater kurzweg. — „Biſt du toll, ein Kater
zum Koͤnig?“ — „Laß ihn nur gehen, ſagte
ein anderer, der Koͤnig hat doch oft lange Weil,
vielleicht macht ihm der Kater mit ſeinem
Brummen und Spinnen Vergnuͤgen.“ Als
der Kater vor den Koͤnig kam, machte er einen
Reverenz und ſagte: „mein Herr, der Graf,
dabei nannte er einen langen und vornehmen
Namen, laͤßt ſich dem Herrn Koͤnig empfehlen
und ſchickt ihm hier Rebhuͤhner, die er eben in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/183>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.