du wohl riechen! sagte die Frau, du hast den Schnupfen, und da steckt dir immer der Ge- ruch von Menschenfleisch in der Nase, wirf mir nicht alles untereinander, ich habe eben erst gekehrt." -- "Ich will nur still seyn, ich bin müde heut Abend, aber du gönnst mir den Bissen nicht, den ich ins Maul stecke."
Damit legte sich der Teufel ins Bett und seine Frau mußte sich zu ihm legen. Bald schlief er ein, erst blies er, dann schnarchte er, anfangs sachte, dann so laut, daß die Fenster zitterten. Als die Frau sah, daß er so fest schlief, packte sie eins von den drei goldenen Haaren fest, riß es heraus und warf es dem Holzhacker unter das Bett. Der Teufel fuhr auf: "was hast du vor, Frau, was raufst du mich?" -- "Ach! ich hatte einen schweren Traum, da muß ich es in der Angst gethan haben." -- "Wovon hast du denn geträumt?" -- "Mir träumte von einer Prinzessin, die war sterbenskrank, und kein Arzt war auf der Welt, der sie heilen konnte." -- "Warum thun sie nicht die weiße Unke weg, die unter ihrem Bett steckt" damit legte er sich auf die andere Seite und schlief wieder ein. Als ihn die Frau schnarchen hörte, faßte sie das zweite Haar, riß es aus und warf es unter das Bett. Der Teufel sprang auf: "ei so soll dich -- bist du toll geworden, du reißt mich ja wieder ent-
du wohl riechen! ſagte die Frau, du haſt den Schnupfen, und da ſteckt dir immer der Ge- ruch von Menſchenfleiſch in der Naſe, wirf mir nicht alles untereinander, ich habe eben erſt gekehrt.“ — „Ich will nur ſtill ſeyn, ich bin muͤde heut Abend, aber du goͤnnſt mir den Biſſen nicht, den ich ins Maul ſtecke.“
Damit legte ſich der Teufel ins Bett und ſeine Frau mußte ſich zu ihm legen. Bald ſchlief er ein, erſt blies er, dann ſchnarchte er, anfangs ſachte, dann ſo laut, daß die Fenſter zitterten. Als die Frau ſah, daß er ſo feſt ſchlief, packte ſie eins von den drei goldenen Haaren feſt, riß es heraus und warf es dem Holzhacker unter das Bett. Der Teufel fuhr auf: „was haſt du vor, Frau, was raufſt du mich?“ — „Ach! ich hatte einen ſchweren Traum, da muß ich es in der Angſt gethan haben.“ — „Wovon haſt du denn getraͤumt?“ — „Mir traͤumte von einer Prinzeſſin, die war ſterbenskrank, und kein Arzt war auf der Welt, der ſie heilen konnte.“ — „Warum thun ſie nicht die weiße Unke weg, die unter ihrem Bett ſteckt“ damit legte er ſich auf die andere Seite und ſchlief wieder ein. Als ihn die Frau ſchnarchen hoͤrte, faßte ſie das zweite Haar, riß es aus und warf es unter das Bett. Der Teufel ſprang auf: „ei ſo ſoll dich — biſt du toll geworden, du reißt mich ja wieder ent-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0159"n="125"/>
du wohl riechen! ſagte die Frau, du haſt den<lb/>
Schnupfen, und da ſteckt dir immer der Ge-<lb/>
ruch von Menſchenfleiſch in der Naſe, wirf<lb/>
mir nicht alles untereinander, ich habe eben<lb/>
erſt gekehrt.“—„Ich will nur ſtill ſeyn, ich<lb/>
bin muͤde heut Abend, aber du goͤnnſt mir den<lb/>
Biſſen nicht, den ich ins Maul ſtecke.“</p><lb/><p>Damit legte ſich der Teufel ins Bett und<lb/>ſeine Frau mußte ſich zu ihm legen. Bald<lb/>ſchlief er ein, erſt blies er, dann ſchnarchte er,<lb/>
anfangs ſachte, dann ſo laut, daß die Fenſter<lb/>
zitterten. Als die Frau ſah, daß er ſo feſt<lb/>ſchlief, packte ſie eins von den drei goldenen<lb/>
Haaren feſt, riß es heraus und warf es dem<lb/><choice><sic>Holzacker</sic><corr>Holzhacker</corr></choice> unter das Bett. Der Teufel fuhr<lb/>
auf: „was haſt du vor, Frau, was raufſt du<lb/>
mich?“—„Ach! ich hatte einen ſchweren<lb/>
Traum, da muß ich es in der Angſt gethan<lb/>
haben.“—„Wovon haſt du denn <choice><sic>getraumt</sic><corr>getraͤumt</corr></choice>?“<lb/>—„Mir traͤumte von einer Prinzeſſin, die<lb/>
war ſterbenskrank, und kein Arzt war auf der<lb/>
Welt, der ſie heilen konnte.“—„Warum thun<lb/>ſie nicht die weiße Unke weg, die unter ihrem<lb/>
Bett ſteckt“ damit legte er ſich auf die andere<lb/>
Seite und ſchlief wieder ein. Als ihn die<lb/>
Frau ſchnarchen hoͤrte, faßte ſie das zweite<lb/>
Haar, riß es aus und warf es unter das Bett.<lb/>
Der Teufel ſprang auf: „ei ſo ſoll dich — biſt<lb/>
du toll geworden, du reißt mich ja wieder ent-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[125/0159]
du wohl riechen! ſagte die Frau, du haſt den
Schnupfen, und da ſteckt dir immer der Ge-
ruch von Menſchenfleiſch in der Naſe, wirf
mir nicht alles untereinander, ich habe eben
erſt gekehrt.“ — „Ich will nur ſtill ſeyn, ich
bin muͤde heut Abend, aber du goͤnnſt mir den
Biſſen nicht, den ich ins Maul ſtecke.“
Damit legte ſich der Teufel ins Bett und
ſeine Frau mußte ſich zu ihm legen. Bald
ſchlief er ein, erſt blies er, dann ſchnarchte er,
anfangs ſachte, dann ſo laut, daß die Fenſter
zitterten. Als die Frau ſah, daß er ſo feſt
ſchlief, packte ſie eins von den drei goldenen
Haaren feſt, riß es heraus und warf es dem
Holzhacker unter das Bett. Der Teufel fuhr
auf: „was haſt du vor, Frau, was raufſt du
mich?“ — „Ach! ich hatte einen ſchweren
Traum, da muß ich es in der Angſt gethan
haben.“ — „Wovon haſt du denn getraͤumt?“
— „Mir traͤumte von einer Prinzeſſin, die
war ſterbenskrank, und kein Arzt war auf der
Welt, der ſie heilen konnte.“ — „Warum thun
ſie nicht die weiße Unke weg, die unter ihrem
Bett ſteckt“ damit legte er ſich auf die andere
Seite und ſchlief wieder ein. Als ihn die
Frau ſchnarchen hoͤrte, faßte ſie das zweite
Haar, riß es aus und warf es unter das Bett.
Der Teufel ſprang auf: „ei ſo ſoll dich — biſt
du toll geworden, du reißt mich ja wieder ent-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/159>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.