Silber, die hoben es hinein, und so gings im Gallop zu dem Schloß des Königs.
Der Prinz aber sah den Wagen vor dem Thor halten, und meinte eine fremde Prinzes- sin käme angefahren. Da ging er selbst die Treppe hinab, hob Aschenputtel hinaus und führte es in den Saal. Und als da der Glanz der viel tausend Lichter auf es fiel, da war es so schön, daß jedermann sich darüber verwun- derte, und die Schwestern standen auch da und ärgerten sich, daß jemand schöner war wie sie, aber sie dachten nimmermehr, daß das Aschen- puttel wäre, das zu Haus in der Asche lag. Der Prinz aber tanzte mit Aschenputtel und ward ihm königliche Ehre angethan. Er ge- dachte auch bei sich: ich soll mir eine Braut aussuchen, da weiß ich mir keine als diese. Für so lange Zeit in Asche und Traurigkeit lebte Aschenputtel nun in Pracht und Freude; als aber Mitternacht kam, eh' es zwölf geschla- gen, stand es auf, neigte sich und wie der Prinz bat und bat, so wollte es nicht länger bleiben. Da führte es der Prinz hinab, unten stand der Wagen und wartete, und so fuhr es fort in Pracht wie es gekommen war.
Als Aschenputtel zu Haus war, ging es wieder zu dem Bäumlein auf der Mutter Grab:
Silber, die hoben es hinein, und ſo gings im Gallop zu dem Schloß des Koͤnigs.
Der Prinz aber ſah den Wagen vor dem Thor halten, und meinte eine fremde Prinzeſ- ſin kaͤme angefahren. Da ging er ſelbſt die Treppe hinab, hob Aſchenputtel hinaus und fuͤhrte es in den Saal. Und als da der Glanz der viel tauſend Lichter auf es fiel, da war es ſo ſchoͤn, daß jedermann ſich daruͤber verwun- derte, und die Schweſtern ſtanden auch da und aͤrgerten ſich, daß jemand ſchoͤner war wie ſie, aber ſie dachten nimmermehr, daß das Aſchen- puttel waͤre, das zu Haus in der Aſche lag. Der Prinz aber tanzte mit Aſchenputtel und ward ihm koͤnigliche Ehre angethan. Er ge- dachte auch bei ſich: ich ſoll mir eine Braut ausſuchen, da weiß ich mir keine als dieſe. Fuͤr ſo lange Zeit in Aſche und Traurigkeit lebte Aſchenputtel nun in Pracht und Freude; als aber Mitternacht kam, eh' es zwoͤlf geſchla- gen, ſtand es auf, neigte ſich und wie der Prinz bat und bat, ſo wollte es nicht laͤnger bleiben. Da fuͤhrte es der Prinz hinab, unten ſtand der Wagen und wartete, und ſo fuhr es fort in Pracht wie es gekommen war.
Als Aſchenputtel zu Haus war, ging es wieder zu dem Baͤumlein auf der Mutter Grab:
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Silber, die hoben es hinein, und ſo gings im
Gallop zu dem Schloß des Koͤnigs.
Der Prinz aber ſah den Wagen vor dem
Thor halten, und meinte eine fremde Prinzeſ-
ſin kaͤme angefahren. Da ging er ſelbſt die
Treppe hinab, hob Aſchenputtel hinaus und
fuͤhrte es in den Saal. Und als da der Glanz
der viel tauſend Lichter auf es fiel, da war es
ſo ſchoͤn, daß jedermann ſich daruͤber verwun-
derte, und die Schweſtern ſtanden auch da und
aͤrgerten ſich, daß jemand ſchoͤner war wie ſie,
aber ſie dachten nimmermehr, daß das Aſchen-
puttel waͤre, das zu Haus in der Aſche lag.
Der Prinz aber tanzte mit Aſchenputtel und
ward ihm koͤnigliche Ehre angethan. Er ge-
dachte auch bei ſich: ich ſoll mir eine Braut
ausſuchen, da weiß ich mir keine als dieſe.
Fuͤr ſo lange Zeit in Aſche und Traurigkeit
lebte Aſchenputtel nun in Pracht und Freude;
als aber Mitternacht kam, eh' es zwoͤlf geſchla-
gen, ſtand es auf, neigte ſich und wie der Prinz
bat und bat, ſo wollte es nicht laͤnger bleiben.
Da fuͤhrte es der Prinz hinab, unten ſtand
der Wagen und wartete, und ſo fuhr es fort
in Pracht wie es gekommen war.
Als Aſchenputtel zu Haus war, ging es
wieder zu dem Baͤumlein auf der Mutter
Grab:
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/128>, abgerufen am 24.11.2024.
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