nahe bei ihm war, stellte er sich hinter den Baum dabei er zu allernächst war; das Einhorn aber, so sich in vollem Lauf nicht wenden konnt, mit dem Horn in den Baum lief und also darin un- verwendt stecken blieb. Als solches der Schnei- der sah, herzuginge, dem Einhorn den Strick, so er mit sich genommen hätt, um den Hals thät und an den Baum bande, hinaus zu seinen Ge- sellen ging, ihnen seinen Sieg über das Ein- horn anzeigt, solches hernach dem König zu wis- sen thät, welcher außer der Maßen traurig war, nicht wußt, wie ihm zu thun wäre, dann der Schneider der Tochter begert. Doch begert der König noch einmal an den Kriegsmann, er sollt ihm das wilde Schwein, so im Wald liefe, fa- hen, hernach wollt er ihm die Tochter ohne al- len Verzug geben, wollt' ihm auch seine Jäger zuordnen, die ihm helfen sollten das Wildschwein fahen. Der Schneider zog mit seinen Gesellen zum Wald, wie sie dazu kamen, befahl er ih- nen heraußer zu bleiben, daß sie gar wohl zu- frieden waren, denn das Schwein sie dermaßen oft empfangen, daß sie ihm nicht mehr begerten nachzustellen, dankten ihm fleißig. Der Schnei- der trat hinein, und als ihn das Schwein er- sahe, lief es gleich auf ihn mit schaumendem Mund und wetzenden Zähnen und wollt' ihn zur Erde werfen. Zu allem Glück aber stunde eine Capelle in dem Wald, darin man vor Zei-
nahe bei ihm war, ſtellte er ſich hinter den Baum dabei er zu allernaͤchſt war; das Einhorn aber, ſo ſich in vollem Lauf nicht wenden konnt, mit dem Horn in den Baum lief und alſo darin un- verwendt ſtecken blieb. Als ſolches der Schnei- der ſah, herzuginge, dem Einhorn den Strick, ſo er mit ſich genommen haͤtt, um den Hals thaͤt und an den Baum bande, hinaus zu ſeinen Ge- ſellen ging, ihnen ſeinen Sieg uͤber das Ein- horn anzeigt, ſolches hernach dem Koͤnig zu wiſ- ſen thaͤt, welcher außer der Maßen traurig war, nicht wußt, wie ihm zu thun waͤre, dann der Schneider der Tochter begert. Doch begert der Koͤnig noch einmal an den Kriegsmann, er ſollt ihm das wilde Schwein, ſo im Wald liefe, fa- hen, hernach wollt er ihm die Tochter ohne al- len Verzug geben, wollt' ihm auch ſeine Jaͤger zuordnen, die ihm helfen ſollten das Wildſchwein fahen. Der Schneider zog mit ſeinen Geſellen zum Wald, wie ſie dazu kamen, befahl er ih- nen heraußer zu bleiben, daß ſie gar wohl zu- frieden waren, denn das Schwein ſie dermaßen oft empfangen, daß ſie ihm nicht mehr begerten nachzuſtellen, dankten ihm fleißig. Der Schnei- der trat hinein, und als ihn das Schwein er- ſahe, lief es gleich auf ihn mit ſchaumendem Mund und wetzenden Zaͤhnen und wollt' ihn zur Erde werfen. Zu allem Gluͤck aber ſtunde eine Capelle in dem Wald, darin man vor Zei-
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nahe bei ihm war, ſtellte er ſich hinter den Baum
dabei er zu allernaͤchſt war; das Einhorn aber,
ſo ſich in vollem Lauf nicht wenden konnt, mit
dem Horn in den Baum lief und alſo darin un-
verwendt ſtecken blieb. Als ſolches der Schnei-
der ſah, herzuginge, dem Einhorn den Strick,
ſo er mit ſich genommen haͤtt, um den Hals thaͤt
und an den Baum bande, hinaus zu ſeinen Ge-
ſellen ging, ihnen ſeinen Sieg uͤber das Ein-
horn anzeigt, ſolches hernach dem Koͤnig zu wiſ-
ſen thaͤt, welcher außer der Maßen traurig war,
nicht wußt, wie ihm zu thun waͤre, dann der
Schneider der Tochter begert. Doch begert der
Koͤnig noch einmal an den Kriegsmann, er ſollt
ihm das wilde Schwein, ſo im Wald liefe, fa-
hen, hernach wollt er ihm die Tochter ohne al-
len Verzug geben, wollt' ihm auch ſeine Jaͤger
zuordnen, die ihm helfen ſollten das Wildſchwein
fahen. Der Schneider zog mit ſeinen Geſellen
zum Wald, wie ſie dazu kamen, befahl er ih-
nen heraußer zu bleiben, daß ſie gar wohl zu-
frieden waren, denn das Schwein ſie dermaßen
oft empfangen, daß ſie ihm nicht mehr begerten
nachzuſtellen, dankten ihm fleißig. Der Schnei-
der trat hinein, und als ihn das Schwein er-
ſahe, lief es gleich auf ihn mit ſchaumendem
Mund und wetzenden Zaͤhnen und wollt' ihn
zur Erde werfen. Zu allem Gluͤck aber ſtunde
eine Capelle in dem Wald, darin man vor Zei-
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/116>, abgerufen am 24.11.2024.
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