Grimm, Herman: Das Kind. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–356. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.was mit wahrhafter Dankbarkeit von ihm angenommen wurde. Er kam um acht Uhr. Der Mann empfing ihn zuerst allein, er saß rauchend behaglich in seiner Sophaecke, stand auf, bewillkommte ihn mit Herzlichkeit, und ein kleines blondes Mädchen, das strickend hinter dem Tische saß, legte auf einen stummen Wink seinen Strumpf hin, bemächtigte sich des Hutes und brachte dann eine gestopfte Pfeife herbei. Albert dankte freundlich, er rauchte nicht. Nach einer Stunde ging die Stubenthür auf, es war der Sohn, der mit seiner Frau aus dem Theater kam. Sie erschrak ein wenig über den unerwarteten Gast, für den nichts in Bereitschaft war, Albert bewunderte ihre Schönheit und die stille Grazie, mit der sie Allerlei besorgte, ohne die Aufmerksamkeit für ihn aus den Augen zu verlieren. Nun deckte die Magd den Tisch, man setzte sich, es kam noch ein kleineres Kind zur Sprache, aber nicht zum Vorschein, zu dem die Frau nur dann und wann fortging. Albert aß und trank, fand alles köstlich, erzählte, sprudelte über von Heiterkeit und verbreitete ein solches Wohlsein in der Familie, daß sie zuletzt dasaßen, als kennten sie sich von den ältesten Zeiten her, und endlich auf eine Weise von ihm Abschied nahmen, die ihm ans Herz ging und ihn traurig machte. Welch ein Gefühl, als er dann in sein prächtig was mit wahrhafter Dankbarkeit von ihm angenommen wurde. Er kam um acht Uhr. Der Mann empfing ihn zuerst allein, er saß rauchend behaglich in seiner Sophaecke, stand auf, bewillkommte ihn mit Herzlichkeit, und ein kleines blondes Mädchen, das strickend hinter dem Tische saß, legte auf einen stummen Wink seinen Strumpf hin, bemächtigte sich des Hutes und brachte dann eine gestopfte Pfeife herbei. Albert dankte freundlich, er rauchte nicht. Nach einer Stunde ging die Stubenthür auf, es war der Sohn, der mit seiner Frau aus dem Theater kam. Sie erschrak ein wenig über den unerwarteten Gast, für den nichts in Bereitschaft war, Albert bewunderte ihre Schönheit und die stille Grazie, mit der sie Allerlei besorgte, ohne die Aufmerksamkeit für ihn aus den Augen zu verlieren. Nun deckte die Magd den Tisch, man setzte sich, es kam noch ein kleineres Kind zur Sprache, aber nicht zum Vorschein, zu dem die Frau nur dann und wann fortging. Albert aß und trank, fand alles köstlich, erzählte, sprudelte über von Heiterkeit und verbreitete ein solches Wohlsein in der Familie, daß sie zuletzt dasaßen, als kennten sie sich von den ältesten Zeiten her, und endlich auf eine Weise von ihm Abschied nahmen, die ihm ans Herz ging und ihn traurig machte. Welch ein Gefühl, als er dann in sein prächtig <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0081"/> was mit wahrhafter Dankbarkeit von ihm angenommen wurde.</p><lb/> <p>Er kam um acht Uhr. Der Mann empfing ihn zuerst allein, er saß rauchend behaglich in seiner Sophaecke, stand auf, bewillkommte ihn mit Herzlichkeit, und ein kleines blondes Mädchen, das strickend hinter dem Tische saß, legte auf einen stummen Wink seinen Strumpf hin, bemächtigte sich des Hutes und brachte dann eine gestopfte Pfeife herbei. Albert dankte freundlich, er rauchte nicht. Nach einer Stunde ging die Stubenthür auf, es war der Sohn, der mit seiner Frau aus dem Theater kam. Sie erschrak ein wenig über den unerwarteten Gast, für den nichts in Bereitschaft war, Albert bewunderte ihre Schönheit und die stille Grazie, mit der sie Allerlei besorgte, ohne die Aufmerksamkeit für ihn aus den Augen zu verlieren. Nun deckte die Magd den Tisch, man setzte sich, es kam noch ein kleineres Kind zur Sprache, aber nicht zum Vorschein, zu dem die Frau nur dann und wann fortging. Albert aß und trank, fand alles köstlich, erzählte, sprudelte über von Heiterkeit und verbreitete ein solches Wohlsein in der Familie, daß sie zuletzt dasaßen, als kennten sie sich von den ältesten Zeiten her, und endlich auf eine Weise von ihm Abschied nahmen, die ihm ans Herz ging und ihn traurig machte.</p><lb/> <p>Welch ein Gefühl, als er dann in sein prächtig<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0081]
was mit wahrhafter Dankbarkeit von ihm angenommen wurde.
Er kam um acht Uhr. Der Mann empfing ihn zuerst allein, er saß rauchend behaglich in seiner Sophaecke, stand auf, bewillkommte ihn mit Herzlichkeit, und ein kleines blondes Mädchen, das strickend hinter dem Tische saß, legte auf einen stummen Wink seinen Strumpf hin, bemächtigte sich des Hutes und brachte dann eine gestopfte Pfeife herbei. Albert dankte freundlich, er rauchte nicht. Nach einer Stunde ging die Stubenthür auf, es war der Sohn, der mit seiner Frau aus dem Theater kam. Sie erschrak ein wenig über den unerwarteten Gast, für den nichts in Bereitschaft war, Albert bewunderte ihre Schönheit und die stille Grazie, mit der sie Allerlei besorgte, ohne die Aufmerksamkeit für ihn aus den Augen zu verlieren. Nun deckte die Magd den Tisch, man setzte sich, es kam noch ein kleineres Kind zur Sprache, aber nicht zum Vorschein, zu dem die Frau nur dann und wann fortging. Albert aß und trank, fand alles köstlich, erzählte, sprudelte über von Heiterkeit und verbreitete ein solches Wohlsein in der Familie, daß sie zuletzt dasaßen, als kennten sie sich von den ältesten Zeiten her, und endlich auf eine Weise von ihm Abschied nahmen, die ihm ans Herz ging und ihn traurig machte.
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Zitationshilfe: | Grimm, Herman: Das Kind. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–356. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_kind_1910/81>, abgerufen am 18.07.2024. |