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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. partikelcomp. -- untr. part. mit verb.
ficiat K. 56b ist zu lesen fram deihe), verba sind aber häu-
fig und gleichbedeutig mit far-, fer-, fir-, for- zusam-
mengesetzt. Das vocalschwanken gleicht dem in ar-, er-,
ir-, und die meisten denkmähler pflegen in beiden den-
selben vocal zu halten. Doch mit ausnahmen, bei T.
stehet for- neben ar-. An sich waltet auch große un-
ähnlichkeit ob, indem ar- vor nom. zu a-, nie aber far-
zu fa- wird und das goth. us- kein fus-, noch das goth.
fair- ein air- zur seite hat, nämlich das ahd. ar- geht her-
vor aus as- und in far- ist das r radical. Folgerich-
tig entfernt sich auch das alts. far- vom alts. a-, das ags.
for- vom ags. a-. Dieses ags. for- und die goth. faur-
form sehen trennhafter aus, als die ahd. partikel, indem
sie zugleich praepositionen sind; ein gleiches gilt vom
ahd. for- bei T. Im altn. begegnen comp. mit for- und
fra-, beide formen dienen daneben getrennt und praepo-
sitionell; doch gibt es mit beiden nur wenige, ja die mit
for- scheinen erst neuisländisch, der Edda unbekannt.
Mhd. und nhd. bloß ver-. Der ahd. und mhd. kürzung
f-liosan, f-laßan, v-liesen wurde s. 700. 701. 725. ge-
dacht; ist sie aus fra-, nicht aus far- zu deuten? oder
spräche sie vielleicht gar für fa- aus far-? im letzten fall
wäre die zwischenform fa-liosan doch nicht aufzuzeigen,
so häufig far-liosan, ver-liesen neben der verkürzten ge-
stalt vorkommt. An berührung der formen fra und
far ist nicht zu zweifeln (vgl. lat. per, prae, pro; franz.
par, pour, pre-), eher an ihrer ursprünglichen identität.
Ich hätte nach dem goth. fra-, fair, faur- die abhand-
lung gerne gesondert, da sie sich unvermischt halten und
namentlich fra-qvithan etwas anderes ist als faur-qvithan,
fra-veitan von fair-veitjan absteht. Allein Ulf. bie-
tet zu wenig beispiele dar und sämtliche goth. formen
gehen in das ahd. far-, fir- über, ja faur- könnte selbst
mit dem trennbaren ahd. fora und furi noch zu thun
haben. Es bleibt also nichts übrig, als vorläufig fra-
und far- ungeschieden zu betrachten, und zu versuchen,
ob durch die scheidung der bedeutung kein licht auf die
form fällt. -- Den bedeutungen scheint die von de, ab,
fort, weg zu grund zu liegen, daher ich auch die priva-
tiven zuerst entwickeln will. 1) das dem einfachen verbo
entgegensichende, verlust, verderben (vor nomin. oft
durch mis- oder un- ausdrückbar) sowohl bei intrans.
als transitivis: goth. bugjan (emere) fra-bugjan (ven-
dere); kunnan (noscere) fra-kunnan (ignoscere, i. e. non
agnoscere, contemnere); qviman (venire) fra-qviman

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III. partikelcomp. — untr. part. mit verb.
ficiat K. 56b iſt zu leſen fram dîhê), verba ſind aber häu-
fig und gleichbedeutig mit far-, fër-, fir-, for- zuſam-
mengeſetzt. Das vocalſchwanken gleicht dem in ar-, ër-,
ir-, und die meiſten denkmähler pflegen in beiden den-
ſelben vocal zu halten. Doch mit ausnahmen, bei T.
ſtehet for- neben ar-. An ſich waltet auch große un-
ähnlichkeit ob, indem ar- vor nom. zu â-, nie aber far-
zu fâ- wird und das goth. us- kein fus-, noch das goth.
faír- ein aír- zur ſeite hat, nämlich das ahd. ar- geht her-
vor aus as- und in far- iſt das r radical. Folgerich-
tig entfernt ſich auch das altſ. far- vom altſ. â-, das agſ.
for- vom agſ. â-. Dieſes agſ. for- und die goth. faúr-
form ſehen trennhafter aus, als die ahd. partikel, indem
ſie zugleich praepoſitionen ſind; ein gleiches gilt vom
ahd. for- bei T. Im altn. begegnen comp. mit for- und
frâ-, beide formen dienen daneben getrennt und praepo-
ſitionell; doch gibt es mit beiden nur wenige, ja die mit
for- ſcheinen erſt neuiſländiſch, der Edda unbekannt.
Mhd. und nhd. bloß ver-. Der ahd. und mhd. kürzung
f-lioſan, f-lâƷan, v-lieſen wurde ſ. 700. 701. 725. ge-
dacht; iſt ſie aus fra-, nicht aus far- zu deuten? oder
ſpräche ſie vielleicht gar für fâ- aus far-? im letzten fall
wäre die zwiſchenform fâ-lioſan doch nicht aufzuzeigen,
ſo häufig far-lioſan, ver-lieſen neben der verkürzten ge-
ſtalt vorkommt. An berührung der formen fra und
far iſt nicht zu zweifeln (vgl. lat. per, prae, pro; franz.
par, pour, pre-), eher an ihrer urſprünglichen identität.
Ich hätte nach dem goth. fra-, faír, faúr- die abhand-
lung gerne geſondert, da ſie ſich unvermiſcht halten und
namentlich fra-qviþan etwas anderes iſt als faúr-qviþan,
fra-veitan von faír-veitjan abſteht. Allein Ulf. bie-
tet zu wenig beiſpiele dar und ſämtliche goth. formen
gehen in das ahd. far-, fir- über, ja faúr- könnte ſelbſt
mit dem trennbaren ahd. fora und furi noch zu thun
haben. Es bleibt alſo nichts übrig, als vorläufig fra-
und far- ungeſchieden zu betrachten, und zu verſuchen,
ob durch die ſcheidung der bedeutung kein licht auf die
form fällt. — Den bedeutungen ſcheint die von de, ab,
fort, weg zu grund zu liegen, daher ich auch die priva-
tiven zuerſt entwickeln will. 1) das dem einfachen verbo
entgegenſichende, verluſt, verderben (vor nomin. oft
durch mis- oder un- ausdrückbar) ſowohl bei intranſ.
als tranſitivis: goth. bugjan (emere) fra-bugjan (ven-
dere); kunnan (noſcere) fra-kunnan (ignoſcere, i. e. non
agnoſcere, contemnere); qviman (venire) fra-qviman

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[851/0869] III. partikelcomp. — untr. part. mit verb. ficiat K. 56b iſt zu leſen fram dîhê), verba ſind aber häu- fig und gleichbedeutig mit far-, fër-, fir-, for- zuſam- mengeſetzt. Das vocalſchwanken gleicht dem in ar-, ër-, ir-, und die meiſten denkmähler pflegen in beiden den- ſelben vocal zu halten. Doch mit ausnahmen, bei T. ſtehet for- neben ar-. An ſich waltet auch große un- ähnlichkeit ob, indem ar- vor nom. zu â-, nie aber far- zu fâ- wird und das goth. us- kein fus-, noch das goth. faír- ein aír- zur ſeite hat, nämlich das ahd. ar- geht her- vor aus as- und in far- iſt das r radical. Folgerich- tig entfernt ſich auch das altſ. far- vom altſ. â-, das agſ. for- vom agſ. â-. Dieſes agſ. for- und die goth. faúr- form ſehen trennhafter aus, als die ahd. partikel, indem ſie zugleich praepoſitionen ſind; ein gleiches gilt vom ahd. for- bei T. Im altn. begegnen comp. mit for- und frâ-, beide formen dienen daneben getrennt und praepo- ſitionell; doch gibt es mit beiden nur wenige, ja die mit for- ſcheinen erſt neuiſländiſch, der Edda unbekannt. Mhd. und nhd. bloß ver-. Der ahd. und mhd. kürzung f-lioſan, f-lâƷan, v-lieſen wurde ſ. 700. 701. 725. ge- dacht; iſt ſie aus fra-, nicht aus far- zu deuten? oder ſpräche ſie vielleicht gar für fâ- aus far-? im letzten fall wäre die zwiſchenform fâ-lioſan doch nicht aufzuzeigen, ſo häufig far-lioſan, ver-lieſen neben der verkürzten ge- ſtalt vorkommt. An berührung der formen fra und far iſt nicht zu zweifeln (vgl. lat. per, prae, pro; franz. par, pour, pre-), eher an ihrer urſprünglichen identität. Ich hätte nach dem goth. fra-, faír, faúr- die abhand- lung gerne geſondert, da ſie ſich unvermiſcht halten und namentlich fra-qviþan etwas anderes iſt als faúr-qviþan, fra-veitan von faír-veitjan abſteht. Allein Ulf. bie- tet zu wenig beiſpiele dar und ſämtliche goth. formen gehen in das ahd. far-, fir- über, ja faúr- könnte ſelbſt mit dem trennbaren ahd. fora und furi noch zu thun haben. Es bleibt alſo nichts übrig, als vorläufig fra- und far- ungeſchieden zu betrachten, und zu verſuchen, ob durch die ſcheidung der bedeutung kein licht auf die form fällt. — Den bedeutungen ſcheint die von de, ab, fort, weg zu grund zu liegen, daher ich auch die priva- tiven zuerſt entwickeln will. 1) das dem einfachen verbo entgegenſichende, verluſt, verderben (vor nomin. oft durch mis- oder un- ausdrückbar) ſowohl bei intranſ. als tranſitivis: goth. bugjan (emere) fra-bugjan (ven- dere); kunnan (noſcere) fra-kunnan (ignoſcere, i. e. non agnoſcere, contemnere); qviman (venire) fra-qviman H h h 2

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 851. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/869>, abgerufen am 23.11.2024.